Die juristische Presseschau vom 28. August 2013: Wulff muss vor Gericht – Insolvenzrecht für Konzerne – Syrien-Krieg und Völkerrecht

28.08.2013

Ein Bundespräsident a.D. auf der Anklagebank: Christian Wulff muss sich vor dem Landgericht Hannover verantworten – oder gibt es doch noch eine Einstellung? Außerdem in der Presseschau: Insolvenzrecht für Konzerne, Betriebsübergang und Tarifverträge, Völkerrechtliches zum Syrien-Krieg, Forschungsfreiheit für Juristen und ein Pilot, der an Weihnachten fliegen muss.

Anklage gegen Wulff: Das Landgericht Hannover hat die Anklage gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff zugelassen. Anders als von der Staatsanwaltschaft gefordert, wird es jedoch nicht um Bestechung, sondern um Vorteilsannahme gehen. Wulff wird vorgeworfen, er habe sich in seiner Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident von dem Filmproduzenten David Groenwold im Herbst 2008 auf das Münchner Oktoberfest einladen lassen. Kurz darauf soll sich Wulff für einen Film Groenewolds eingesetzt haben. Groenewold selbst muss sich wegen Vorteilsgewährung und einer falschen eidesstattlichen Versicherung verantworten. Die Vorwürfe fassen die SZ (Hans Leyendecker/Ralf Wiegand) und spiegel.de (Michael Fröhlingsdorf/Martin U. Müller) zusammen.

An die Vorgeschichte des Verfahrens erinnert die SZ (Hans Leyendecker). Es habe einen "Ermittlungsexzess" gegeben, viele Vorwürfe hätten sich nicht bestätigt. Groenewold soll Kosten in Höhe von rund 720 Euro übernommen haben – aber auch geringe Zuwendungen seien strafbar, betont die SZ (Wolfgang Janisch). Die Unterschiede zwischen Bestechlichkeit und Vorteilsannahme erklärt die taz (Christian Rath)

"Weise entschieden", urteilt Ulrich Exner (Die Welt) und empfiehlt allen Parteien "noch einmal in sich zu gehen" und mit einer Einstellung ein "langwieriges, schlagzeilenträchtiges Gerichtsverfahren" zu vermeiden. Auch Christian Rath (taz) vermutet, dass sich Wulff doch noch auf eine Einstellung des Verfahrens einlässt: "Es würde zu ihm passen". Reinhard Müller (FAZ) meint hingegen, Wulff setze auf "totalen Sieg" und zeige nun "womöglich Charakterzüge, die er im Amt vermissen ließ". Ralf Wiegand (SZ) sieht in Wulff "eine Art wandelndes 0:0", erst sei ihm Maßlosigkeit vorgeworfen worden, nun könne man dies der Justiz vorwerfen.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Verfassungsschutz: Nachdem der NSU-Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht vorgelegt hat, fordert die Türkische Gemeinde in Deutschland einen Umbau des Verfassungsschutzes. Dazu gehöre auch der Verzicht auf V-Leute. Zudem solle im Strafgesetzbuch "strafverschärfend der Tatbestand der Hass-Kriminalität" eingeführt werden. Das meldet spiegel.de.

Insolvenzrecht: Wie das Handelsblatt (Heike Anger) berichtet, will die Bundesregierung am Mittwoch einen Gesetzesentwurf zu Konzerninsolvenzen beschließen. Zwar solle es dabei bleiben, dass für jede betroffene Konzerngesellschaft ein eigenes Insolvenzverfahren eröffnet werden muss, Gerichte und Verwalter sollen sich aber künftig besser abstimmen. Der Entwurf, der vor der Bundestagswahl nicht mehr verabschiedet werden kann, sei als "Signal nach Brüssel" zu verstehen, da auch auf EU-Ebene zur Zeit über das Konzerninsolvenzrecht verhandelt werde. Die Pläne der EU-Kommission schildert das Handelsblatt (Ruth Berschens) in einem weiteren Bericht.

Werkverträge: Auch die taz-nord (Teresa Havlicek) berichtet nun über die niedersächsische Bundesratsinitiative, mit der der Missbrauch von Werkverträgen bekämpft werden soll. Detlef Esslinger (SZ) unterstützt die Pläne in seinem Kommentar. Es gehe nicht um "staatliche Kontrollbürokratie", sondern darum, dass die Betriebsräte "mitreden dürfen".

Bayerische Verfassungsreformen: Bei der Bayern-Wahl im September wird auch über fünf Änderungen der bayerischen Landesverfassung abgestimmt. Die möglichen Reformen, bei denen es unter anderem um eine Schuldenbremse und um Kompetenzübertragungen an die Europäische Union geht, erläutert die SZ (Frank Müller).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. August 2013: Wulff muss vor Gericht – Insolvenzrecht für Konzerne – Syrien-Krieg und Völkerrecht . In: Legal Tribune Online, 28.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9446/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

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