Die juristische Presseschau vom 27. September 2013: EuGH lässt Bahn zahlen – Taylor als Kriegsverbrecher verurteilt – Waldjunge vor Gericht

27.09.2013

Justiz

Anwaltszulassung am BGH: Die SZ (Wolfgang Janisch) beschäftigt sich mit der beschränkten Anwaltszulassung am Bundesgerichtshof. Anlässlich der Klage des jüngst abgelehnten Rechtsanwalts Thomas Kofler wird das restriktive und inzwischen einmalige Zulassungssystem für Deutschlands oberstes Zivilgericht erläutert – und das Auswahlverfahren kritisiert. Hier wirkten die bislang schon zugelassenen Anwälte mit und müssten die Bundesrichter im Beschwerdefall über ihren eigenen Präsidenten urteilen.

BAG zu Signaturkartenpflicht: Wie lawblog.de (Udo Vetter) berichtet, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer dazu verpflichten kann, dass diese eine elektronische Signaturkarte nach dem Signaturgesetz beantragen und diese verwenden. Da hierfür persönliche Daten des Personalausweises an die Signaturstelle übermittelt werden müssen, habe die klagende Mitarbeiterin ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt gesehen. Das Gericht habe die Übermittlung nun insbesondere deswegen für zumutbar gehalten, weil keine besonders sensiblen Daten übertragen würden und diese vom Signaturgesetz geschützt seien.

BAG zu Werkverträgen: Das Bundesarbeitsgericht hat der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen durch Werkverträge weitere Grenzen gesetzt. Diese dürften nicht zur Verrichtung einer bestimmten Tätigkeit gebraucht werden – im entschiedenen Fall für das Erfassen von Bodendenkmälern mithilfe eines Computersystems für den Freistaat Bayern, wie spiegel.de berichtet.

BAG zu Mitarbeiter-Weitergabe: Wenn die Bundesagentur für Arbeit Mitarbeiter an Kommunen abgibt, wechselt von Gesetzes wegen der Arbeitsgeber der Betroffenen. Darin sieht das Bundesarbeitsgericht laut lto.de eine Verletzung der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit und legte das Gesetz deswegen dem Bundesverfassungsgericht vor.

VG Berlin zu schlechten Schulnoten: Vor dem Verwaltungsgericht Berlin wurde am Donnerstag über einen aufsehenerregenden Fall verhandelt. Drei Schülerinnen hatten ihr ehemaliges Gymnasium wegen ihrer schlechten Noten mit der Begründung verklagt, der Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund in ihrer Klasse habe deutlich über dem Stufenschnitt gelegen. Die Schule begründete die Verteilung mit der Fremdsprachenwahl der Schüler, berichtet die taz Berlin (Alke Wierth).

BVerfG zu Funkzellenabfrage Dresden: Neben verschiedenen Bundestagsabgeordneten hat laut internet-law.de (Thomas Stadler) nun auch eine Dresdner Rechtsanwältin Verfassungsbeschwerde gegen die im Februar 2011 in Dresden erfolgte Funkzellenabfrage erhoben, nachdem sie vor den ordentlichen Gerichten erfolglos deren Rechtswidrigkeit festgestellt wissen wollte. Sie mache eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses, des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und der Berufsfreiheit geltend. Stadler begrüßt ihr Vorgehen, hält allerdings Verfassungsbeschwerden von Versammlungsteilnehmern für erfolgversprechender, weil diese sich auch auf Ihre Versammlungsfreiheit berufen könnten.

OLG Hamm zu Brustkrebs-Arzthaftung: Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass ein Arzt schadensersatzpflichtig ist, wenn er einer Frau nicht rechtzeitig zu einer Brustkrebsvorsorge per Mammografie rät. Diese stelle die einzig zuverlässige Vorsorgeuntersuchung dar. Über das Urteil berichtet spiegel.de.

OLG Hamm zu Beschneidung: Heribert Prantl (SZ) kommentiert die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zur Beschneidung eines sechsjährigen Jungen. Er betont, dass die neue gesetzliche Regelung angesichts der "eruptiven Debatte" vor einem Jahr "das Beste erreicht" habe, was man von einem Gesetz erwarten könne: Sie habe "zur Rechtsklarheit und zur Befriedung beigetragen".

OLG München – NSU-Prozess: Die SZ (Annette Rammelsberger/Tanjev Schultz) berichtet von den neuesten Entwicklungen im NSU-Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht. Dabei geht es vor allem um die Aussagen von Zeugen, welche die Hauptangeklagte Beate Zschäpe in der Nähe von Tatorten gesehen haben wollen. Die Aussage einer erst kürzlich aufgetauchten Zeugin aus Dortmund, die jetzt von der Bundesanwaltschaft vernommen worden sei, führe trotz anfänglicher Plausibilität ihrer Aussage wohl in eine Sackgasse – sie habe anscheinend nur eine Frau gesehen, die Beate Zschäpe sehr ähnlich sehe. Trotzdem solle die Zeugin am Montag vom Gericht vernommen werden. Auch der SWR-Terrorismus-Blog (Holger Schmidt) berichtet.

StA Stuttgart – Anklage gegen SS-Mann: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat laut spiegel.de Anklage gegen einen bereits seit März in Untersuchungshaft befindlichen 93-Jährigen wegen Beihilfe zum Mord erhoben. Ihm wird vorgeworfen, als Angehöriger der SS im Konzentrationslager Auschwitz dabei geholfen zu haben, tausende Menschen zu töten. Nun müsse das Landgericht Ellwangen über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden.

StA Erfurt – Machnig-Ermittlungen: Die FAZ (Claus Peter Müller) berichtet von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Erfurt gegen Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) wegen Betrrugs. Dieser berufe sich auf ein Rechtsgutachten, nach dem er keine Verpflichtung gehabt habe, dem Freistaat Thüringen gegenüber seine Ruhestandsgehälter offenzulegen.

Besonderes elektronisches Anwaltspostfach: Die Bundesrechtsanwaltskammer BRAK bereitet derzeit die Einrichtung des vom Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vorgeschriebenen "besonderen elektronischen Anwaltspostfachs" vor. internet-law.de (Thomas Stadler) berichtet von einem Vortrag des BRAK-Vizepräsidenten Abend auf dem EDV-Gerichtstag in Saarbrücken zu diesem Thema.

Mediation: In ihrem "Management & Karriere"-Teil erläutert die Welt (Harald Czycholl) die Bedeutung des im vergangenen Jahr in Kraft getretenen Mediationsgesetzes und betont die Bedeutung von Mediationsverfahren als Möglichkeit effizienter Streitbeilegung gerade für Unternehmen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. September 2013: EuGH lässt Bahn zahlen – Taylor als Kriegsverbrecher verurteilt – Waldjunge vor Gericht . In: Legal Tribune Online, 27.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9691/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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