Die juristische Presseschau vom 27. Juni 2014: Wer raucht, muss auch lüften - keine "Lex Hitler" - Hautpflege mit Knabberfischen ist zulässig

27.06.2014

Der rauchende Mieter Friedhelm Adolfs muss nach 40 Jahren seine Wohnung verlassen, entschied das Landgericht Düsseldorf. Außerdem in der heutigen Presseschau: "Mein Kampf" soll mit bestehenden Gesetzen bekämpft werden, Diskussion um Fahrverbote für Steuersünder, das BAG billigt befristete Verträge für Betriebsräte, und warum exotische Fische an deutschen Körpern herumknabbern dürfen.

Thema des Tages

LG Düsseldorf zu rauchendem Mieter:  Das Landgericht Düsseldorf hat die fristlose Kündigung eines 75-jährigen Mieters für rechtmäßig erklärt, weil dessen Rauch- und mangelndes Lüftverhalten zu Geruchsbelästigungen im Treppenhaus führte. Das Landgericht hat damit im wesentlichen ein Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf aus dem Vorjahr bestätigt. Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ist allerdings zugelassen. Es berichten u.a. die FAZ (Reiner Burger) und wdr.de.

Roland Preuss (SZ) begrüßt das Urteil: "Tatsächlich ist der Mann nur Opfer seiner Sturheit geworden: Jahrelang hat er sich trotz Beschwerden von Hausbewohnern und Mahnungen der Vermieterin nicht dazu bewegen lassen, den Qualm ins Freie zu schicken". Die Mehrheit der Mieter sei nun gegen Rücksichtslose "besser geschützt". Andreas Borcholte (spiegel.de) kritisiert dagegen, das Urteil gebe "all jenen Recht und Präzedenz, die vordergründig auf das Wohl der Gesellschaft pochen, in Wahrheit aber eine freudlose Moral der Vernunft diktieren wollen, die nichts mit Liberalität oder Toleranz zu tun hat." Alan Posener (Welt) meint: "Dem Spießertum der Vermieter und der Gesundheitsfanatiker begegnet man nicht, indem man es verbietet, sondern
vor allem, indem man das Wohneigentum fördert. Das hilft zwar Herrn Adolfs
nicht. Aber wie man hört, hat er viele Angebote erhalten, anderswo zu rauchen."

spiegel.de (Gesa Mayr) stellt das aktuelle Urteil in den Zusammenhang anderer Rechtsprechung rund um rauchende Mieter. Die Welt (Berrit Gräber) geht etwas grundsätzlicher auf die Freiheit der Mieter ein und kommt zum Schluss: "das Mietrecht ist überraschend tolerant. Millionen Mieter können
in ihrer Wohnung und auf dem Balkon machen, was sie wollen – solange sie
niemanden massiv stören."

Rechtspolitik

Anwaltstag: Zum Beginn des Deutschen Anwaltstags bringt lto.de ein Interview mit Wolfgang Ewer, dem Vorsitzenden des Deutschen Anwaltvereins. Ewer kritisiert die mögliche Ausspähung von Anwälten durch die NSA und warnt vor der Schließung kleiner Amtsgerichte.

Wie die SZ (Wolfgang Janisch) berichtet, sprach sich Ewer beim Anwaltstag für Bürgerklagen gegen die NSA-Überwachung aus. Verfassungsbeschwerden seien im Falle eines eventuellen "Ringtausches" möglich, wenn sich "US-Geheimdienste über ihre deutschen Partnerdienste unbefugt Daten über deutsche Staatsbürger beschafft haben, die sie selbst nicht abschöpfen dürfen".

Fahrverbot: Jan Bielicki (SZ) kommentiert den Vorschlag des nordrhein-westfälischen Justizministers Thomas Kutschaty (SPD), ein Fahrverbot u.a. "für Steuersünder" einzuführen. Als Hauptstrafe sei die Sanktion nicht geeignet, weil sie das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletze. Allenfalls könne es "eines von vielen Mitteln sein, gerade jungen Straftätern mit Urteilen zu begegnen, die auf ihre Person und ihre Lebensumstände zugeschnitten sind".

"Mein Kampf": Die FAZ (Frank Pergande) meldet, dass sich die Justizministerkonferenz nun doch nicht für eine Lex Hitler ausspricht. Die Minister gehen davon aus, dass das bestehende Strafrecht ausreicht, um auch ab 2015 die Publikation von Hitlers Buch "Mein Kampf" zu unterbinden. Ende 2015 endet das bei Bayern liegende Urheberrecht an dem Buch.

Mietpreisbremse: spiegel.de (Veit Medick/Annett Meiritz) stellt die Kritik der CDU/CSU am Entwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) zur geplanten Mietpreisbremse dar. Maas' Gesetzentwurf sei nicht eindeutig genug, die Mietpreisbremse nicht zeitlich und örtlich begrenzt.

Tarifeinheit: Das Bundeskabinett will am kommenden Mittwoch Eckpunkte zur verfassungsrechtlich umstrittenen Wiedereinführung der Tarifeinheit in Betrieben beschließen. Dort heißt es laut Tagesspiegel (Alfons Frese) u.a.: "Soweit sich im Betrieb Tarifverträge unterschiedlicher Gewerkschaften überschneiden, kommt nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft zur Anwendung, die im Betrieb mehr Mitglieder hat." Im Herbst wolle Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.

Psychisch Kranke: Die Grünen im bayerischen Landtag haben den Entwurf für ein Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) vorgelegt. Es sehe die "flächendeckende Versorgung mit Sozialpsychiatrischen Diensten sowie Krisendiensten" vor, berichtet die taz (Lisa Schnell). Wenn die Polizei in einschlägigen Fällen gerufen wird, soll immer ein Krisenteam mit dabei sein. Eine Zwangsunterbringung in der Psychiatrie soll bei Nicht-Straftätern auf sechs Wochen begrenzt sein.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. Juni 2014: Wer raucht, muss auch lüften - keine "Lex Hitler" - Hautpflege mit Knabberfischen ist zulässig . In: Legal Tribune Online, 27.06.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12371/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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