Die juristische Presseschau vom 26. Juni 2014: Kriegsverweigerer vor dem EuGH – Reform des Strafverfahrensrechts – Kondome "Made in Germany"

26.06.2014

Vor dem EuGH wird der Anspruch eines Irakkriegs-Verweigerers auf Asyl in Deutschland verhandelt. Außerdem in der Presseschau: BGH-Vorsitzender kritisiert das neue Gesetz zur Abgeordnetenbestechung, das Strafverfahrensrecht soll reformiert werden, Lufthansa diskriminiert Pilotinnen, Frankreich streitet über Sterbehilfe und warum es nicht ausreicht, Kondome zu befeuchten.

Thema des Tages

EuGH – Asyl für Deserteure: Am Mittwoch verhandelte der Europäische Gerichtshof die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Deserteur in Europa Asyl beantragen kann. SZ (Wolfgang Janisch) und die taz (Christian Rath) stellen den verhandelten Fall dar. Ein in Deutschland stationierter US-amerikanischer Soldat hatte Asyl beantragt, weil er nicht in den Irakkrieg ziehen wollte. Die EU-Asylrichtlinie gewähre Deserteuren einen Anspruch auf Asyl, wenn sie die Beteiligung an Kriegsverbrechen verweigerten. So müsse der EuGH nun entscheiden, ob es genügt, dass im Kriegsverlauf einzelne Kriegsverbrechen begangen werden oder ob sie systematisch erfolgen müssen.

Joachim Käppner (SZ) kommentiert, der Fall könne das deutsche Asylrecht erschüttern. Auch wenn es sich um die Desertion aus der Armee eines demokratischen Landes handele: "Ein falscher Krieg bleibt ein falscher Krieg, auch wenn ein Verbündeter ihn führte."

Rechtspolitik

Verbandsklagerecht: Nach einem Entwurf des Bundesjustizministeriums sollen Verbraucherverbände nach einer Änderung des Unterlassungsklagengesetzes leichter gegen Datenschutzverstöße von Unternehmen vorgehen können. Die IT-Rechtsanwälte Thomas Weimann und Daniel Nagel stellen auf lto.de die geplante Reform und die bisherige Rechtslage dar. Die Datenschutzregelungen sollen als Verbraucherschutzgesetze eingestuft werden, was von den Gerichten bisher verneint worden war, sodass die Verbände bei Datenschutzverstößen außerhalb von Allgemeinen Geschäftsbedingungen keinen Unterlassungsanspruch geltend machen konnten.

Abgeordnetenbestechung: Zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption wurde der § 108e Strafgesetzbuch geändert, der die Abgeordnetenbestechung unter Strafe stellt. Der Strafrechtler und Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof, Thomas Fischer, kritisiert in der Zeit das neue Gesetz. Problematisch sei insbesondere das Erfordernis eines Handelns "im Auftrag oder auf Weisung" und die Vereinbarung eines "ungerechtfertigten Vorteils". "Der neue Tatbestand ist nicht der behauptete große Wurf geworden, sondern Käse minderer Qualität – viel Luft, wenig Substanz."

Freiheitsschutz im digitalen Zeitalter: Der Rechtsprofessor und ehemalige Bundesverfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem fordert in einem Gastbeitrag in der FAZ eine Neufassung des Freiheitsschutzes angesichts von staatlicher Überwachung und der Macht privater Akteure in der digitalen Welt. Er hebt die Bedeutung der Kommunikationsgrundrechte und der Schutzaufträge der Grundrechte hervor, die künftig global zu denken seien. Erforderlich seien ferner eine neue Netzphilosophie, die Ausarbeitung von IT-Sicherheitskonzepten und die Durchsetzung hoher Schutzstandards auf internationaler Ebene.

Strafverfahrensrecht: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat ein Expertengremium einberufen, um eine Reform des Strafverfahrensrechts zu erarbeiten. Strafrechtsprofessor Matthias Jahn geht im Staat-und-Recht-Teil der FAZ einer möglichen Entwicklung des Verfahrensrechts nach. Die Regelungen sollten sich an Verfahrensprinzipien wie der Unschuldsvermutung und den Prinzipien Partizipation und Konsens orientieren. "Durch Möglichkeiten des Beweistransfers aus einem partizipatorisch gestalteten Ermittlungsverfahren in die Hauptverhandlung" sollen Ressourcen gespart und die "Doppelungen der Beweisaufnahme" vermieden werden.

TTIP: Die Zeit (Heike Buchter u. a.) wendet sich in einem dreiseitigen Dossier dem geplanten Transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU zu. Thema des zweiten Teils sind die umstrittenen Investitionsschutzklauseln, die Schiedsgerichtsverfahren ermöglichen. Die SZ (Alexander Hagelüken) stellt die Position des früheren Weltbank-Präsidenten Wolfgang Zoellick dar, der für das Abkommen eintrete, aber auch einen Verzicht auf die Schutzklauseln für denkbar halte.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. Juni 2014: Kriegsverweigerer vor dem EuGH – Reform des Strafverfahrensrechts – Kondome "Made in Germany" . In: Legal Tribune Online, 26.06.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12350/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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