Die juristische Presseschau vom 23. Juni 2017: Lex NPD / Kein Geld für Implan­tate / Fahn­dung nach VW-Mit­ar­bei­tern

23.06.2017

Justiz

BGH zu Brustimplantaten: Die von schadhaften Brustimplantaten einer mittlerweile insolventen französischen Firma betroffenen Frauen dürfen nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht auf eine Entschädigung hoffen. Das Gericht wies die gegen den TÜV Rheinland gerichtete Schmerzensgeldklage einer Frau ab. Den beklagten TÜV habe keine gesteigerte Kontrollpflicht getroffen, schreibt die SZ (Wolfgang Janisch) über die Entscheidung. Hinweise auf minderwertige Implantate seien zu unspezifisch für die Annahme einer derartigen Pflicht gewesen. swr.de (Gigi Deppe) und BadZ (Christian Rath) berichten ebenfalls.

BVerwG zu Doktortitel: Das Bundesverwaltungsgericht hat den Entzug des Doktortitels der Historikerin Margarita Mathiopoulos bestätigt. Es entspreche der grundgesetzlich geschützten akademischen Selbstverwaltung, dass die Bestimmungen zum Entzug des Doktorgrades nicht gesetzlich, sondern in Promotionsordnungen geregelt seien, so lto.de (Hermann Horstkotte) über das Urteil.

OVG NRW zu Vorratsdatenspeicherung: Die ab dem 1. Juli geltende anlasslose Speicherpflicht für Internet- und Telefonanbieter verstößt nach rechtskräftiger Eilentscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen gegen europäisches Recht. Das OVG beruft sich auf den Europäischen Gerichtshof, der bereits im vergangenen Dezember die anlasslose Vorratsdatenspeicherung in Schweden und Großbritannien beanstandet hatte, so die taz (Christian Rath). Diese Entscheidung sei auch auf Deutschland anwendbar, ein Verstoß gegen die EU-Richtlinie zum Datenschutz in der elektronischen Kommunikation liege vor. Auf die Eilentscheidung könnten sich nun alle Internet- und Telefonprovider berufen.

EuGH zu Schleierfahndung: Für den verfassungsblog.de analysieren Alexander Tischbirek und Tim Wihl, wissenschaftlichen Mitarbeiter, die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu verdachtsunabhängigen Personenkontrollen in Grenznähe. Nur auf den ersten Blick erscheine das Luxemburger Urteil "selbstbewusst", in einem vergleichbaren französischen Fall aus dem Jahr 2010 hätten die Richter die Entscheidung selbst übernommen, statt sie – wie nun – an ein nationales Gericht zurückzuschieben.

EuGH zu Beweisregeln: Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Zulässigkeit nationaler Beweislasterleichterungen in Produkthaftungsfällen stellt nun auch Rechtsanwalt Boris Handorn auf lto.de vertieft dar.

BVerfG zu Kernbrennstoffsteuer: Einen kritischen Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der Kernbrennstoffsteuer wirft der wissenschaftliche Mitarbeiter Jakob Hohnerlein auf juwiss.de. Bei allem Verständnis für die möglichst getreue Auslegung auch finanzverfassungsrechtlicher Bestimmungen vermisst der Autor eine gebotene gerichtliche Zurückhaltung bei der Festlegung "objektiver Kriterien für eine rundum gute Gesetzgebung".

OLG München – NSU: Auf dem Weg zur Verhandlung beim Oberlandesgericht München wurde der Beate Zschäpe transportierende Konvoi am vergangenen Mittwoch in einen Unfall verwickelt. Die Hauptangeklagte erlitt dabei eine leichte Gehirnerschütterung, berichtet sz.de (Martin Bernstein).

LG Arnsberg zu VW: Vor dem Landgericht Arnsberg obsiegte ein VW-Kunde mit seinem Anliegen, seinen mit einer manipulierten Software versehenen Wagen im Wege des Rücktritts wieder rückzuübereignen. Der Kläger habe sich auch nicht auf "unverbindliche und vage" Zusicherungen einer Nachbesserung einlassen müssen. Der beklagte Konzern hat nach Darstellung des Hbl (Sönke Iwersen/Volker Votsmeier) nun erstmals in einem solchen Fall auf die Einlegung der Berufung verzichtet. In bislang rund 3.500 vergleichbaren Verfahren habe es ca. 350 Urteile gegeben, von denen etwa drei Viertel zugunsten des Konzerns oder beklagter Händler ausgegangen seien.

LG Stade – Psycholyse: Der Spiegel (Bruno Schrep) beschreibt die Szenerie eines Heilpraktikerseminars in der niedersächsischen Provinz, bei dem im September 2015 die 29 Teilnehmer wegen schwerster drogenbedingter Ausfallerscheinungen notärztlich behandelt werden mussten. Der damalige Seminarleiter, ein mutmaßlicher Anhänger der umstrittenen "Psycholyse" wird sich demnächst vor dem Landgericht Stade wegen unerlaubtem Überlassen und nicht geringem Besitz von Betäubungsmitteln verantworten müssen.

LG Itzehoe zu Media-Saturn: Das Landgericht Itzehoe hat die Schadensersatzklage von Media-Saturn gegen den früheren Deutschland-Chef des Unternehmens abgewiesen und dabei erhebliche Zweifel an der Beweiswürdigung des Landgerichts Augsburg geäußert. Dieses hatte den Manager im Jahr 2012 wegen Bestechlichkeit zu einer mehrjährigen, mittlerweile bereits verbüßten Haftstrafe verurteilt. spiegel.de (Martin Mehringer) berichtet unter Bezugnahme auf einen Bericht des Manager-Magazins.

Top-Anwälte: Der US-Verlag Best Lawyers hat im Auftrag des Hbl (Volker Votsmeier) die deutschen "Top-Anwälte 2017" ermittelt und beschreibt dabei zahlreiche lukrative Auftragsfelder. Nach wie vor profitierten Großkanzleien von Übernahmedeals wie jenem von Monsanto durch Bayer. Daneben böten auch die juristische Aufarbeitung der Dieselaffäre oder des Cum-Ex-Skandals ertragreiche Mandate. Ein weiterer Beitrag des Hbl (Désirée Balthasar) beschreibt die "verzweifelte" Suche nach Wirtschaftsanwälten. Zahlreiche internationale Kanzleien drängten auf den deutschen Markt. Bei ihrer Suche nach Top-Absolventen würden sie nicht nur hohe Einstiegsgehälter, sondern auch "flexible Arbeitszeitmodelle, Start-up-Feeling und bessere Karrierechancen" bieten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 23. Juni 2017: Lex NPD / Kein Geld für Implantate / Fahndung nach VW-Mitarbeitern . In: Legal Tribune Online, 23.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23261/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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