Die juristische Presseschau vom 19. - 21. Sepember 2015: Minister mit Visionen – Durch­wahl ins Job­center – Ende des Blu­tal­ko­hol­tests

21.09.2015

De Maizières Vision europäischer Flüchtlingspolitik. Außerdem in der Presseschau: Informationsanspruch auf Durchwahlnummern, falsches Geschlecht stört nicht bei der Identifizierung und vielleicht gibt es bald keinen Blutalkoholtest mehr.

Thema des Tages

Flüchtlingskrise: Innenminister Thomas de Maizière spricht im Interview mit dem Spiegel (Michael Sauga/Ralf Neukirchspiegel.de Zusammenfassung) über seine Vision gemeinsamer europäischer Regeln zur Aufnahme von Flüchtlingen und die begrenzten Kapazitäten, die letztlich eine Obergrenze aufnehmbarer Flüchtlinge bedeuten. Für die übrigen müssten Lösungen in den Heimatregionen gefunden werden, wo bereits jetzt die Versorgung unterstützt werde. Das Grundrecht auf Asyl sieht er nicht gefährdet.

Die Montags-SZ (Heribert Prantl) hält zur Umsetzung des Vorschlags eine Verfassungsänderung für erforderlich und Heribert Prantl (Montags-SZ) meint, "solche Basteleien [an der Verfassung] sind nicht die Lösung sondern ein Problem". Reinhard Müller (Montags-FAZ) weist darauf hin, dass das Asylgrundrecht nach Ansicht des Verfassungsgerichts durchaus abgeschafft werden könne.

Rechtspolitik

TTIP/Schiedsgerichte: Michaela Schießl (Spiegel) meint, es genüge nicht private Schiedsgerichte im TTIP durch einen Handelsgerichtshof zu ersetzen. 80 Prozent aller in der EU tätigen US-Firmen hätten Töchter in Kanada und damit eine Hintertür zu den im Ceta-Abkommen weiterhin vorgesehenen privaten Schiedsgerichten.

Ceta: Die grüne Bundestagsabgeordnete Katharina Dröge kritisiert laut WamS (Martin Greive), dass – entgegen Behauptungen des Bundeswirtschaftsministeriums in der Antwort auf ihre kleine Anfrage – der in Ceta geplante Hauptausschuss das Abkommen auch nach einer Ratifizierung noch ändern könne und das ohne Beteiligung des EU-Parlamentes.

Urhebervertragsrecht: internet-law.de (Thomas Stadler) berichtet von einem geplanten Gesetzentwurf zur Verbesserung der Position der Urheber im Urhebervertragsrecht. Die bisher nur durch einen "Waschzettel" bekannten Regelungen ließen jedoch keinen großen Wurf erhoffen.

Sachverständige: Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Rechts der Sachverständigen soll unter anderem deren Ablehnung wegen Befangenheit erleichtert werden – durch eine Pflicht mögliche Gründe selbst zu melden. Im Oktober soll über den Entwurf beraten werden, berichtet die taz (Christian Rath), Gerichte verneinten jedoch Befangenheit großzügig, weshalb die Wirksamkeit der Regelung zu bezweifeln sei.

Fliegende Bauten: Die WamS (Carsten Dierig/Anja Ettel) befasst sich mit der DIN EN 13814, die EU-Richtlinie über die Sicherheit von Karussellen und Achterbahnen umsetzt und bisher keine Übergangsregelung für ältere Kirmes-Attraktionen enthält. Klagen von Schaustellern waren in Einzelfällen schon erfolgreich und ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg könnte die Norm kippen. Eine für Oktober geplante Befassung der Bauministerkonferenz mit der Regelung könnte zu einer Gesetzesänderung führen.

Flüchtlingskrise: Rechtswissenschaftler Roman Lehner setzt sich auf verfassungsblog.de mit den rechtlichen Voraussetzungen des Selbsteintrittsrechts ("Aussetzung" des Dublin-III-Verfahrens) und den Auswirkungen auf Schengen durch die Wiedereinführung von Grenzkontrollen auseinander. Er unterstützt den Vorschlag des Sachverständigenrates für Migration und Integration: nach Registrierung im zuständigen Dublin-Staat sollen Flüchtlinge des Aufenthaltsort frei wählen können.

Der ehemalige Bundesverfassungsgerichtspräsident Udo Di Fabio spricht im Interview mit dem Spiegel (Roman Leick/Dietmar Hipp) hinsichtlich des Umgangs mit der Flüchtlingskrise über westliche Rechts- und Gesellschaftsordnung und die Auswirkungen auf Fortbestand und Veränderung der EU.

Asylrecht: Die Samstags-FAZ (Jasper von Altenbockum) stellt nun den vorläufigen Gesetzentwurf zur Änderung des Asylrechts vom vergangenen Donnerstag ausführlich vor. lto.de (Marcel Schneider) fasst die am Entwurf bereits geübte Kritik zusammen. Die Montags-taz (Christain Rath) setzt sich speziell mit den zur Verfahrensbeschleunigung vorgesehenen Regelungen auseinander und die Montags-FAZ (Andreas Mihm) mit den Regeln zur Gesundheitsfürsorge – inklusive der Vorschläge zur Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge – und dem Arbeitsrecht für Ärzte unter den Flüchtlingen.

Taskforce gegen Hassnachrichten: Auch Youtube und Twitter sollen nach dem Willen von Bundesjustizminister Maas Teil der Taskforce gegen Hassnachrichten werden. Der Spiegel (Melanie Amann/Marcel Rosenbach) prognostiziert – angesichts vergeblicher Vorstöße in verschiedenen Ländern, effektiv gegen Hassnachrichten vorzugehen – wenig Erfolgsaussichten für Maas.

Arbeitskampf: Mit dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hessen zum Lufthansastreik und was aus ihm folgt, setzt sich Rechtsprofessor Jobst-Hubertus Bauer in der Montags-SZ auseinander. Insgesamt sei es dennoch notwendig über das Tarifeinheitsgesetz hinaus im Bereich der Daseinsvorsorge – also auch der Luftfahrt – weitere Regelungen zu treffen – wie etwa die Streikankündigung mehr als 24 Stunden vorher.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. - 21. Sepember 2015: Minister mit Visionen – Durchwahl ins Jobcenter – Ende des Blutalkoholtests . In: Legal Tribune Online, 21.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16947/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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