Die juristische Presseschau vom 18. bis 21. Mai 2013: Drei-Prozent-Hürde für Europa-Wahl? - Ringrichter Manfred Götzl – Videoüberwachte Mieter

21.05.2013

Weitere Themen – Justiz

Platzvergabe für Verhandlung um Euro-Rettung: Mit Blick auf die scharfe Kritik an der Platzvergabe für den NSU-Prozess begutachtet Jost Müller-Neuhof (Sonntags-tagesspiegel) in der Kolumne "Ein Spruch" die Vergabe der Presseplätze durch das Bundesverfassungsgericht für die mündliche Verhandlung in der Hauptsache sowie im bereits gelaufene Eilverfahren um die Euro-Rettung.

BGH zu Vaterschaftsanfechtung: "Sperma, Macht, Kind" – Simone Schmollack (Samstags-taz) fürchtet, mit Blick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Möglichkeit der Vaterschaftsanfechtung nach Samenspenden, dass "so manchen Richtern offensichtlich die Vernunft abhanden gekommen" ist.

BGH zu Beuys-Fotos: Das Beuys-Museum in Bedburg-Hau darf nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom vergangenen Donnerstag nun doch Fotos einer "Fett- und Schokoladenaktion" des verstorbenen Künstlers Joseph Beuys zeigen, so lto.de. Der Fotograf Manfred Tischer hatte Aufnahmen der Aktion Beuys in einer ZDF-Sendung vor 50 Jahren gemacht. Das Museum hatte die Fotos ausgestellt, musste sie aber nach Entscheidungen von Landgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf wieder abhängen. Geklagt hatte die Künstler-Witwe Eva Beuys. Tischer habe die Aktionskunst durch die Aufnahmen "umgestaltet". Ob wirklich eine "unzulässige Bearbeitung" vorliege, könne ohne Kenntnis der Original-Aktion nicht mehr entschieden werden, so der BGH.

LG Nürnberg-Fürth zu Verkauf rechter Szenekleidung: Ebay darf den Verkauf von in der rechten Szene typischer Kleidung zunächst weiter verbieten, so zeit.de. Das Landgericht Nürnberg-Fürth argumentierte in einer Eilentscheidung, der Image-Schaden für Ebay wiege schwerer als mögliche Umsatzeinbußen der Anbieterin, wenn die Kleidung weiter angeboten würde. Schwierig war laut zeit.de, dass die angebotene Kleidung selbst keine "rechten Parolen" enthalte, sondern eben lediglich "szenetypisch" sei. Dazu auch lawblog.de.

EuGH – Video-Framing: Die Rechtsanwälte Niklas Haberkamm und Andreas Biesterfeld befassen sich für lto.de mit der Vorlage des Bundesgerichtshofes an den Europäischen Gerichtshof, ob das Einbinden von bereits im Internet veröffentlichten Videos auf der eigenen Internetseite zulässig ist (Framing). Mit der Vorlage habe der BGH gezeigt, dass er einen Unterschied zwischen Hyper-Links und dem Framing mache: Ersteres beurteile der BGH als urheberrechtlich unproblematisch, letzteres könne aber möglicherweise – im Lichte der Multi-Media-Richtlinie der EU ein "im deutschen Recht unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe "verletzen.

VG Berlin –  Auskunft über Bundesregierung-Umfragen: Laut einer Meldung des Spiegel hat Malte Spitz, Grünen-Vorstandsmitglied, vor dem Berliner Verwaltungsgericht geklagt, nachdem ihm die Einsicht in Umfragen des Bundespresseamtes verweigert wurde. Unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz habe Spitz Umfragen zu "Beliebtheit der Kabinettsmitglieder und der Haltung der Bevölkerung zu Schlüsselfragen" aus den Jahren 2011 und 2012 angefordert. Abgelehnt worden sei die Veröffentlichung, um die "unvoreingenommene Willensbildung der Regierung" nicht zu gefährden. netzpolitik.org (Andre Meister) berichtet ebenfalls.

LG Bonn – US-Pensionsfonds wollen Steuererstattung: Ab dem 12. Juni wird vor dem Landgericht Bonn über die Klagen zweier US-Pensionsfonds verhandelt, die wegen angeblich verzögerter Steuererstattungen auf Aktiengeschäften Schadenersatz von Deutschland fordern. Die Dienstags-SZ (Klaus Ott) informiert ausführlich über das zugrunde liegende "Dividenden-Stripping" bei Aktiendeals und meint, es zeichne sich ein "Musterprozess" ab. Der deutsche Fiskus prüfe noch, ob er bei den in Frage stehenden Geschäften nicht vielmehr systematisch um große Summe betrogen wurde, so die SZ.

NSU-Prozess: Angelehnt an Jean-Paul Sartres "Geschlossene Gesellschaft" gibt die Samstags-SZ (Annette Ramelsberger) den "ersten Akt eines Dramas", dem NSU-Prozess, im Wortlaut wieder.

Das Verhalten des Vorsitzenden Richters im NSU-Prozess vor dem Münchener Oberlandesgericht beschreibt Frank Jansen (Samstags-tagesspiegel, über zeit.de). Götzl begreife sich "offenbar als Dompteur in Robe, der auf keinen Fall überfordert wirken will", bei ihm wirke nicht einmal der bayerische Dialekt gemütlich.

Beihilfe zum Mord –Nazi-Ermittlungen: Weil Mord nicht verjährt, kann die Zentrale Stelle für die Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg auch heute noch gegen Nazi-Verbrecher ermitteln, erläutert lto.de (Claudia Kornmeier). Zurzeit arbeite die Stelle eine Liste mit 49 Personen ab. Anlass, aber nicht unbedingt Auslöser dafür war das Demjanjuk-Urteil des Landgerichts München II. Das Gericht hatte den ehemaligen Wärter aus dem Vernichtungslager in Sobibor wegen Beihilfe zum Mord verurteilt, ohne ihm konkrete Taten nachweisen zu können. Die Entscheidung füge sich, so Thilo Kurz, an die Zentrale Stelle abgeordneter Staatsanwalt, "nahtlos" in die BGH-Rechtsprechung für reine Vernichtungslager ein, "nach der diese mit all ihren Abteilungen als arbeitsteiliges Vernichtungswerkzeug zu betrachten sind".

Die Welt am Sonntag (Sven Felix Kellerhoff/Uwe Müller) informiert ausführlich über den Aufsehen erregenden Fall des seit zwei Wochen in Untersuchungshaft sitzenden ehemaligen Wächter im Konzentrationslager Auschwitz Hans Lipschis und stellt auch dessen Wahlpflichtverteidiger Achim Bächle vor. Aus der der Welt vorliegenden Anordnung des Haftbefehls durch das Amtsgericht Stuttgart gehe hervor, dass Lipschis Beihilfe zum Mord in 9.515 Fällen vorgeworfen werde. Dieser habe bislang beteuert, nur als Koch im KZ tätig gewesen zu sein.

Bettina Wulff gegen Google: Wie das Handelsblatt (Désirée Linde) berichtet, will Bettina Wulff ihren "Feldzug gegen Google" nach der Grundsatzentscheidung zu Googles Autocomplete-Funktion wieder aufnehmen. Der BGH habe vergangene Woche zugunsten eines Klägers entschieden, dessen Name in der Suchmaske "automatisch" mit den Begriffen "Scientology" und "Betrug" kombiniert worden war. Wulffs Name werde mit Begriffen wie "Escort" verknüpft.

"Geschäft mit Uni-Klagen": Die Zahl der Studienplatzklagen ist zum "Riesengeschäft" geworden, auch wenn laut Hochschulrektorenkonferenz in den Fächern Medizin und Pharmazie etwa nur etwa ein Prozent der Klage erfolgreich seien, so das Handelsblatt (Anja Wetter). Für Medizinfächer rieten Anwälte, mehrer Hochschulen parallel zu verklagen. Dies könne bis zu 10.000 Euro kosten.

Deals im Strafprozess – Widerstand der Richter?: In der Dienstags-SZ urteilt der Amtsrichter Lorenz Leitmeier in einem Gastkommentar über den Deal im Strafprozess. Dieser sei "tatsächlich und rechtlich" zu begrüßen: Für eine "Strafrechtspraxis ohne Verständigung sind die Strafakten zu viele, zu komplex, zu umfangreich". Sie verrschaffe der Justiz die Ressourcen, "um Verfahren zeitlich vertretbar zu betreiben". Sie verleihe "Legitimität" und gewähre eine Strafrechtspflege. "In der Hand verantwortlicher Richter, Staatsanwälte und Verteidiger dient sie dem Recht".

Auf einer Veranstaltung des hessisches Justizministeriums, auf welcher Bundesverfassungsrichter Herbert Landau das BverfG-Urteil zum "Deal" vorstellte, gewann Reinhard Müller (Samstags-FAZ) den Eindruck, die Richterschaft tue sich noch schwer mit den "von Karlsruhe abgesegneten Regelungen zur Absprache". 

Geheime Akten des NSU-Ausschuss: Der Focus (Göran Schattauer) berichtet aus vertraulichen Akten des NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages von geheim befragten Zeugen, meist Verfassungsschützer, die Einblick geben in die "bizarre Welt des Verfassungsschutzes". So habe ein seit 26 Jahren beim Verfassungsschutz beschäftigter und seit 18 Jahren im Bereich Rechtsextremismus tätiger Befragter einräumen müssen, beim Auffliegen des NSU-Trios im Jahr 2011 die Namen Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos nicht gekannt zu haben.

50 Jahre "van Gend en Loos": Auf dem Verfassungsblog findet sich nun der Beitrag von Alexandra Kemmerer (Freitags-FAZ) zur Feier des Europäischen Gerichtshofs anlässlich seines Urteils "van Gend en Loos", mit dem 1963 die Gemeinschaftsordnung als eigene Rechtsordnung konstituiert wurde.

Keine Anklage wegen Loveparade-Katastrophe?: Der Bochumer Kriminologieprofessor und Jurist Thomas Feltes vermutet laut Bild.de, dass es nicht zu einer Anklage wegen der Katastrophe auf der "Loveparade" im Jahr 2010 kommen wird, bei welcher 21 Menschen gestorben waren. Feltes vertrete einen Hinterbliebenen und meint, die Staatsanwaltschaft wolle sich zu "99 Prozent" sicher sein, dass es zu einer Verurteilung komme, bevor sie Anklage erhebe.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. bis 21. Mai 2013: Drei-Prozent-Hürde für Europa-Wahl? - Ringrichter Manfred Götzl – Videoüberwachte Mieter . In: Legal Tribune Online, 21.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8765/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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