Die juristische Presseschau vom 1. Dezember 2017: Etap­pen­sieg für Bauer gegen RWE / EGMR bil­ligt Gefähr­der­ab­schie­bung / NSU-Opfer­fonds

01.12.2017

Recht in der Welt

Argentinien  ehemalige Militärs: Während der Militärdiktatur in Argentinien zwischen 1976 und 1983 sollen 48 ehemalige Militärs 789 Menschen verschleppt, gefoltert und die meisten auch ermordet haben. Ein Gericht in Buenos Aires verhängte nun hohe Haftstrafen gegen sie – 29 erhielten lebenslänglich, 19 müssen zwischen 8 und 25 Jahre ins Gefängnis, sechs wurden freigesprochen. Historisch sei der Prozess insbesondere deswegen, weil erstmals Piloten der sogenannten Todesflüge verurteilt wurden – sie hatten mutmaßliche Regimekritiker über dem Meer abgeworfen, teilt die SZ (Boris Herrmann) mit. Auch die FAZ (Matthias Rüb) und die taz (Jürgen Vogt) berichten.

Eine Katharsis sieht Sebastian Schoepp (SZ) in dem Urteil. Argentinien gebe damit, dass es sich von den Schatten der Verbrechen ohne internationale Gerichte selbst befreit habe, ein Beispiel für die Welt. Die penible juristische Korrektheit habe wirkmächtige und eindrucksvolle Urteile hervorgebracht. Schoepp skizziert den nationalen und internationalen Umgang mit der Junta zur Zeit des Regimes und lobt mit Blick auf das politische Chaos in Lateinamerika das "demokratische Reifezeugnis" Argentiniens.

Praljaks Freitod vor ICTY: Die FAZ (Stephan Löwenstein/Michael Stabenow) und die SZ (Peter Münch/Ronen Steinke) suchen nach möglichen Erklärungen, wie Slobodan Praljak an das Gift kam und es in den Gerichtssaal schmuggeln konnte, obwohl er kontrolliert wurde. Die Den Haager Staatsanwaltschaft ermittele nun. In Kroatien werde der ehemalige General bereits zu einem Märtyrer stilisiert – Ministerpräsident Plenković halte das Urteil für eine "große moralische Ungerechtigkeit". Das kroatische Parlament forderte die Regierung dazu auf, das Urteil anzufechten.

EGMR  Deniz Yücel: Am vergangenen Mittwochabend hat sich Deniz Yücels Rechtsanwalt Veysel Ok mit der Berliner Rechtsanwaltskammer über den Fall des Journalisten ausgetauscht. Ok beanstandet die Defizite des türkischen Rechtsstaats und hofft auf den Erfolg der Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, welche sich gegen die "absurden Anschuldigungen" und den Verstoß gegen Verfahrensrechte durch die Türkei richtet. lto.de fasst Oks Schilderungen zusammen.

EuGH  Schächten in Belgien: Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof Nils Wahl führt in seinem Schlussantrag aus, das Verbot des Schächtens in "temporären Schlachthöfen" verstoße nicht gegen die Religionsfreiheit. Es sei eine neutrale Regelung, dass lediglich zugelassene Schlachthöfe rituell schlachten dürfen. Mehrere islamische Vereinigungen hatten sich dagegen gewehrt, dass dies auch während des islamischen Opferfestes gelte, schreibt zeit.de. Der Lehrbeauftragte Thomas Traub erläutert auf lto.de, warum er die Argumentation des Generalanwalts mit Blick auf die Religionsfreiheit teile. Er geht auch kurz auf das Verbot des Schächtens in Deutschland ein.

Österreich  Datenschutzorganisation: Der Datenschutzaktivist Max Schrems hat in Wien die Datenschutzorganisation "Noyb" – für "none of your business" – gegründet. Mittels privater Datenschutzklagen wolle Noyb Unternehmen abschrecken, die das Recht missbrauchten. Solche, die unzureichend informiert seien, will die Organisation dabei unterstützen, Datenschutzgesetze einzuhalten. Die FAZ (Allegra Pirker) hat mit Schrems gesprochen.

EuG zu Red Bulls Blau/Silber: Die Red Bull GmbH kann die Farbkombination Blau/Silber nicht als Unionsmarke für Energydrinks behalten. Das Europäische Gericht sah es als rechtmäßig an, dass das EU-Amt für Geistiges Eigentum (EUIPO) die beiden im Jahr 2005 und 2011 eingetragenen Farbmarken des Konzerns schließlich auf Antrag eines Konkurrenzunternehmens für nichtig erklärte – die Marken seien nicht "hinreichend präzise und einheitlich". Rechtsanwalt David Ziegelmayer führt auf lto.de aus, welche Anforderungen das Recht an die Markenfähigkeit stellt.

Sonstiges

Entschädigungen für NSU-Opfer: Die Thüringer Landesregierung hat am vergangenen Mittwoch beschlossen, einen Entschädigungsfonds für die Opfer des NSU in Höhe von 1,5 Millionen Euro einzurichten. Thüringen wolle seinen Teil der Verantwortung tragen, so Ministerpräsident Ramelow (Linke). Mehrere Anwälte der NSU-Opferfamilien begrüßten die Entscheidung, so die taz (Konrad Litschko).

Rezension BtMG-Kommentar: Amtsrichter Carsten Krumm widmet sich auf dierezensenten.blogspot.co.at dem am 5. Oktober diesen Jahres in fünfter Auflage erschienenen Kommentar zum Betäubungsmittelgesetz von Klaus Weber. Sein Fazit: "Insgesamt kann das Buch nur jedem Strafrechtler in der Praxis ans Herz gelegt werden. Es hat durchaus die Klasse, ein Standardwerk für das BtM-Recht zu sein."

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/vb

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 1. Dezember 2017: Etappensieg für Bauer gegen RWE / EGMR billigt Gefährderabschiebung / NSU-Opferfonds . In: Legal Tribune Online, 01.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25601/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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