Die juristische Presseschau vom 23. August 2017: Bür­ger­rechts­an­walt vor Gericht / Gefähr­der­ab­schie­bung recht­mäßig / Blitz­schei­dung auf­ge­hoben

23.08.2017

Justiz 

BVerwG zu Gefährderabschiebung: Das Bundesverwaltungsgericht hat die Abschiebung zweier Terrorverdächtiger gebilligt, die mit dem "Islamischen Staat" sympathisieren und Gewalttaten geplant haben sollen. Dies melden lto.de, spiegel.de und Tsp (Jost Müller-Neuhof).

Die Männer sind in Deutschland geboren und aufgewachsen und wurden nun nach Algerien und Nigeria abgeschoben. Zwar gehe von ihnen noch keine konkrete Gefährdung aus, indes reiche für eine Abschiebung nach § 58a Aufenthaltsgesetz (AufenthaltsG) eine auf Tatsachen gestützte Prognose, dass von der Person ein Risiko ausgehe, das jederzeit in einen Terroranschlag münden könne. Die betreffende Regelung ist bereits seit 2005 in Kraft, wird jedoch erst seit dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 vermehrt angewendet. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Norm im Juli als hinreichend bestimmt und verfassungskonform gebilligt.

BVerfG zu Wohn- und Heizkosten: Die Sozialgerichte müssen im Eilverfahren zur Übernahme von Wohn- und Heizkosten genau prüfen, welche negativen Folgen dem Betroffenen im Einzelfall drohen, wenn die Kosten nicht übernommen werden. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, wie lto.de (Pia Lorenz) berichtet. Im konkreten Fall hatte das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen einen Eilantrag auf Übernahme der Wohn- und Heizkosten in zweiter Instanz abgelehnt und darauf verwiesen, dass noch keine Räumungsklage erhoben worden sei. Weil der Kläger also noch nicht von Obdachlosigkeit bedroht sei, liege auch keine Eilbedürftigkeit vor. Eine solch verkürzte Prüfung des Eilbedürfnisses durch die Fachgerichte verletze den Kläger in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. IV S. 1 Grundgesetz (GG), befand nun das Gericht. Die Übernahme von Wohn- und Heizkosten diene nicht nur der Vermeidung von Obdachlosigkeit, sondern auch der Gewährleistung des Existenzminimums. 

OLG Hamm zu Abschiebung nach Ruanda: Ein ruandischer Staatsbürger darf zur Strafverfolgung nach Ruanda ausgeliefert werden, wie das Oberlandesgericht Hamm entschieden hat. Dies berichtet lto.de. Dem Mann wird die Beteiligung am Völkermord an den Tutsi im Jahr 1994 vorgeworfen. Es drohten ihm in Ruanda weder ein rechtsstaatswidriger Prozess noch menschenunwürdige Haftbedingungen. Das Gericht stützt seine Erwägungen auf Auskünfte des Auswärtigen Amtes sowie entsprechende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda. 

Rostock-Lichtenhagen: Anlässlich des 25. Jahrestages der Ausschreitungen vor einer Aufnahmestelle für Asylbewerber in Rostock-Lichtenhagen berichtet die Welt (Lucas Vogelsang) ausführlich über die damaligen Ereignisse. Die SZ (Barbara Galaktionow) widmet sich der mangelhaften strafrechtlichen Ahndung der Gewalttäter. Zwar wurden mehr als 400 Ermittlungsverfahren eingeleitet, jedoch nur 50 Täter verurteilt, von denen nur vier in Haft mussten. Die letzten Urteile wurden erst zehn Jahre nach der Tat gesprochen.

BVerfG – Volkszählung: Das Bundesverfassungsgericht wird am 24. Oktober über den Zensus des Jahres 2011 verhandeln, wie die SZ meldet. In dem Verfahren machen Berlin und Hamburg geltend, sie seien durch die Volkszählung kleingerechnet worden und hätten deshalb zu geringe Zahlungen aus dem Länderfinanzausgleich erhalten.  

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 23. August 2017: Bürgerrechtsanwalt vor Gericht / Gefährderabschiebung rechtmäßig / Blitzscheidung aufgehoben . In: Legal Tribune Online, 23.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24087/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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