Die juristische Presseschau vom 23. August 2017: Bür­ger­rechts­an­walt vor Gericht / Gefähr­der­ab­schie­bung recht­mäßig / Blitz­schei­dung auf­ge­hoben

23.08.2017

Ein bekannter chinesischer Bürgerrechtsanwalt wird vor Gericht gestellt und zeigt sich reuig. Außerdem in der Presseschau: Das Bundesverwaltungsgericht billigt die Gefährderabschiebung und die Blitzscheidung in Indien wird aufgehoben.

 

Thema des Tages

China – Anwalt vor Gericht: Der bekannte chinesische Bürgerrechtsanwalt Jiang Tianyong ist wegen "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" vor Gericht gestellt worden. Hierüber berichten u.a. zeit.de und SZ (Kai Strittmaier). Der Anwalt war in der Vergangenheit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammengetroffen, um über die Menschenrechtslage in der Volksrepublik China zu informieren. Zu Prozessbeginn zeigte er sich geständig und äußerte die Hoffnung, andere Aktivisten und Anwälte würden "eine Lektion lernen". Internationale Menschenrechtsorganisationen bezeichneten dieses Geständnis als erzwungen und sprachen von einer "Farce". Diplomatische Vertreter des Auslandes wurden von dem Prozess ausgeschlossen. Ein Termin zur Urteilsverkündung ist noch nicht bekannt.

Rechtspolitik

Interpol – "Red Notice": Nach der Verhaftung des türkisch-deutschen Schriftstellers und Erdoğan-Kritikers Doğan Akhanlı in Spanien hat sich Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) für eine Überprüfung der polizeilichen Zusammenarbeit der Europäischen Union mit der Türkei ausgesprochen und vor willkürlicher Verfolgung gewarnt. Dies meldet die taz. Auch die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) kritisiert in der SZ die Instrumentalisierung des Interpol-Fahndungsaufrufs, der sogenannten "Red Notice", durch autoritäre Regierungen. Interpol könne entsprechende Anträge mangels Ressourcen grundsätzlich nicht überprüfen, sondern nur vollstrecken. Um einen Missbrauch zu verhindern, plädiert Däubler-Gmelin dafür, den betreffenden Staaten die Prüfungskosten aufzuerlegen oder bei wiederholtem Missbrauch die "Red Notices" zu löschen. 

Briefwahl: Robert Roßmann kritisiert in der SZ die vermehrte Zunahme der Briefwahl. Bei ihrer Einführung 1957 sei sie als Ausnahme, etwa für Kranke oder Urlauber, intendiert gewesen, seit ihrer Öffnung für alle im Jahr 2008 werde aber vermehrt aus purer Bequemlichkeit per Brief gewählt. Dies führe zu einer faktischen Vorverlagerung des Wahltermins, was den Verlauf des Wahlkampfes beeinflusse. Insbesondere gefährde die Briefwahl aber auch das Wahlgeheimnis, weshalb sie nicht noch weiter auszubauen sei. 

Pilotprojekt Gesichtserkennung: Die Bundesregierung hat das Pilotprojekt zur intelligenten Videoüberwachung am Berliner Bahnhof Südkreuz gegen Kritik von Datenschützern verteidigt, wie lto.de (Annelie Kaufmann) berichtet. Die Erhebung und Speicherung von Videodaten sei nach § 27 Bundespolizeigesetz (BPolG) zulässig, der Abgleich mit den Fotos einer Datenbank vom Einverständnis der Testpersonen gedeckt. Die Datenschutzorganisation Digitalcourage hatte am Montag kritisiert, bei dem Testversuch finde nicht nur ein Bildabgleich statt, sondern zudem würden auch Daten wie Beschleunigung, Temperatur und Neigung erhoben. Dies ermögliche einen Rückschluss darüber, was die Testpersonen außerhalb des Testgebiets machten. Das Bundesinnenministerium räumte zwar ein, dass diese Möglichkeit bestehe, von ihr werde im Rahmen des Pilotprojektes jedoch kein Gebrauch gemacht.

Air-Berlin-Darlehen: Rechtsanwalt Stefan Hertwig erläutert in der FAZ die europarechtlichen Vorgaben hinsichtlich des staatlichen Darlehens in Höhe von 150 Millionen Euro für die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin. Als Rettungsbeihilfe müsse es innerhalb von sechs Monaten zurückgezahlt werden, hierzu müssten alle Geschäftsbereiche des Unternehmens zum höchstmöglichen Preis veräußert werden.

IT-Infrastruktur: Nachdem mehrere große Internetunternehmen die rechtsextreme Online-Zeitung "The Daily Stormer" von ihren Diensten ausgeschlossen haben, ist eine Diskussion um die Zulässigkeit eines solchen Verhaltens entbrannt. Während manche die Maßnahmen als effektives Mittel gegen Hass und Extremismus loben, warnen andere vor undurchsichtigen Löschungsmechanismen und Missbrauchsgefahr. netzpolitik.org fasst die Debatte zusammen. 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 23. August 2017: Bürgerrechtsanwalt vor Gericht / Gefährderabschiebung rechtmäßig / Blitzscheidung aufgehoben . In: Legal Tribune Online, 23.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24087/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen