Die juristische Presseschau vom 17. bis 19. Dezember 2016: Ermitt­lungen nach U-Bahn-Tritt / Koa­li­tion gegen Fake-News / Ein Jahr § 217 StGB

19.12.2016

Justiz

BVerfG – Suizid-Beihilfe: Seit einem Jahr ist § 217 Strafgesetzbuch in Kraft, mit dem die geschäftsmäßige Sterbehilfe unter Strafe gestellt wurde. Mittlerweile sind elf Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Die Samstags-FAZ (Oliver Tolmein) zeichnet die Debatte nach und gibt einen Ausblick auf die Verfahren beim Bundesverfassungsgericht. Eine einstweilige Anordnung hat Karlsruhe bereits kurz nach Inkrafttreten unter Berufung auf die Folgenabwägung abgelehnt. Die Samstags-taz (Waltraud Schwab) weist auf die Unsicherheiten hin, die bis zur höchstrichterlichen Klärung bei der Anwendung des Paragrafen bestehen. So habe es auch Ermittlungen gegen Palliativmediziner gegeben. In einem Interview mit der Samstags-taz (Waltraud Schwab) schildert Christiane zur Niedens, wie sie ihre Mutter beim "Sterbefasten" unterstützt hat. Christiane zur Niedens hat darüber ein Buch veröffentlicht und setzt sich für Selbstbestimmung am Lebensende ein.

BVerfG zu Polizeikessel bei Blockupy: Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Cara Röhner und der Doktorand Maximilian Pichl kritisieren auf verfassungsblog.de die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Polizeikessel bei den Blockupy-Protesten 2013 in Frankfurt. Der Beschluss stelle einen "schwerwiegende(n) Bruch mit der Rechtsprechungslinie seit Brokdorf" dar und bilde nur die polizeiliche Perspektive auf das Versammlungsgeschehen ab.

Macht des Bundesverfassungsgerichts: Anlässlich der Angriffe auf die Verfassungsgerichtsbarkeit in Polen befasst sich Wolfgang Janisch (Samstags-SZ) mit der fragilen Macht des Bundesverfassungsgerichts: "Das Gericht ist keine Burg, es ist nicht von Mauern umgeben; es sind allein seine Bürger, die es schützen." Die Entwicklungen in Polen würden dazu zwingen, Gewissheiten zu überdenken. Institutionen hätten keine Ewigkeitsgarantie.

Divergenz beim BGH: lawblog.de (Udo Vetter) und blog.burhoff.de (Detlef Burhoff) weisen auf widersprüchliche Entscheidungen des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs hin. Während er in einem Beschluss vom Juni die Ansicht vertrat, dass der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln nicht strafrechtlich geschützt ist, und die Frage den anderen Senaten vorlegte, wurde jetzt eine entsprechende Verurteilung bestätigt. Diese Divergenz begründen die Richter mit abweichenden Sitzgruppen, die sich jedoch im konkreten Fall nur durch einen Richter unterschieden.

OLG München – Scheinterrorist: Der Spiegel (Martin Knobbe/Fidelius Schmid) berichtet vom Prozess gegen Ali R., dem vorgeworfen wird, sich in Syrien dem Islamischen Staat angeschlossen zu haben. Ali R. gibt an, sich beim IS eingeschleust zu haben, um seine entführten Kinder zu befreien, und mit Geheimdiensten zusammengearbeitet zu haben.

LG Bamberg – Tod in der Silvesternacht: Die Montags-SZ (Hans Holzhaider) schildert den Fall eines an Silvester getöteten Mädchens, der gerade vor dem Landgericht Bamberg verhandelt wird. Einem 54-Jährigen wird vorgeworfen, das Mädchen erschossen zu haben. Unklar ist jedoch, ob er vorsätzlich handelte und welche Motive er für die Schüsse hatte.

BGH zu Eigenbedarfskündigung durch GbR: Die FAS (Corinna Budras) beschäftigt sich mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs, dass auch der GbR ein Recht zur Eigenbedarfskündigung zusteht, und weist darauf hin, dass für eine solche Kündigung immer noch strenge Voraussetzungen gelten.

LAG Baden-Württemberg zu Beleidigung des Arbeitgebers: Die Beleidigung von Vorgesetzten auf Facebook kann unter Umständen eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden. Der Arbeitnehmer hatte seinen Chef auf der Facebook-Chronik eines Arbeitskollegen als "fettes Schwein" bezeichnet, wobei das Schwein durch ein Emoticon-Symbol dargestellt wurde. Das Gericht führte aus, dass diese Pflichtverletzung eine fristlose Kündigung rechtfertigen könne; im konkreten Fall sei dies jedoch wegen des über Jahre ungestörten Arbeitsverhältnisses unverhältnismäßig. Die Rechtsanwältin Doris-Maria Schuster stellt in der Samstags-FAZ die Entscheidung vor.

beA: Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) kann zunächst nicht in Kanzlei-Software integriert werden. Anwälte, die eine Kanzleisoftware nutzen, könnten das beA frühestens ab dem zweiten Halbjahr 2017 verwenden. Das teilte der Software Industrieverband Elektronischer Rechtsverkehr nach einer Meldung von lto.de mit. Unterdessen haben sich mehrere Anwalts-GmbHs mit einem Protestschreiben an den Präsidenten der Bundesrechtsanwaltskammer, Ekkehart Schäfer, gewandt, weil dieser die Einrichtung des Postfachs bei GmbHs für unzulässig hält, so die NJW (Joachim Jahn).

Reichsbürger gegen Richter: Der Spiegel (Dietmar Hipp) hat Äußerungen von Jens Gnisa, Direktor des Amtsgerichts Bielefeld und Vorsitzender des Deutschen Richterbundes, aufgezeichnet, in denen dieser seine Erfahrungen mit "Reichsbürgern" schildert. Diese würden Justizangestellte und Richter persönlich angehen und bedrohen. Anfangs habe er noch versucht, mit den "Reichsbürgern" zu sprechen, aber das bringe nichts. "Unfug kann man ignorieren, bei Rechtsverstößen und strafbaren Handlungen hilft aber auf Deutsch gesagt nur eines: draufhauen."

Wettkampf um Nachwuchsjuristen: Die Gehälter von Berufseinsteigern sind bei Großkanzleien in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Bis zu 140.000 Euro können junge Juristen mit guten Examen als Einstiegsgehalt erwarten. Die Samstags-FAZ (Marcus Jung) beleuchtet die Entwicklung.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. bis 19. Dezember 2016: Ermittlungen nach U-Bahn-Tritt / Koalition gegen Fake-News / Ein Jahr § 217 StGB . In: Legal Tribune Online, 19.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21504/ (abgerufen am: 01.05.2024 )

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