Die juristische Presseschau vom 30. Dezember 2015: Urteil wegen Völ­ker­mordes in Ruanda – Sozial­hil­fe­leis­tungen für EU-Aus­länder – Gemein­samer NPD-Ver­bot­s­an­trag

30.12.2015

Wegen Völkermordes an 450 Tutsi hat das OLG Frankfurt einen ruandischen Bürgermeister verurteilt. Außerdem in der Presseschau: Nahles will Sozialhilfe für EU-Ausländer neu regeln, Unionspolitiker wollen die Bundeswehr im Inneren einsetzen.

Thema des Tages

OLG Frankfurt verurteilt Onesphore R. wegen Völkermordes: Das Oberlandesgericht Frankfurt hat Onesphore R. wegen Mittäterschaft am Völkermord an mindestens 450 Tutsi zu lebenslanger Haft bei Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verurteilt. Zuvor entschied der Bundesgerichtshof in der Revision, dass der Tatvorwurf eine Verurteilung wegen Mittäterschaft am Völkermord deckt – sie setzt die Absicht voraus, eine Volksgruppe "als solche ganz oder teilweise zu zerstören". Das OLG hatte den damaligen Bürgermeister einer ruandischen Gemeinde 2014 zunächst lediglich wegen Beihilfe zum Völkermord verurteilt. R. hatte das Massaker mit befohlen. Er war der deutschen Justiz zugeführt worden, nachdem er in Deutschland 2002 Asyl beantragt hatte. Es informieren die taz (Dominic Johnson), lto.de und die FAZ.

In einem gesonderten Kommentar begrüßt Dominic Johnson (taz) das Urteil: "Gerade jetzt, wo das UN-Völkermordtribunal zu Ruanda nach zwanzig Jahren seine Tore schließt und deswegen flüchtige Völkermordverdächtige nur noch vor nationalen Gerichtsbarkeiten angeklagt werden können, ist es wichtig, dass auch in einem fernen Land wie Deutschland die mörderische Logik des ruandischen Genozids anerkannt wird."

Rechtspolitik

Sozialhilfeleistungen für EU-Ausländer: Die Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) will es EU-Ausländern schwerer machen, Sozialhilfeleistungen zu erhalten. Damit reagiert sie auf Grundsatzurteile des Bundessozialgerichtes von Anfang Dezember, die EU-Ausländern den Zugang zur Sozialhilfe eröffneten. Nahles will mit ihrem Vorstoß vor allem Zusatzbelastungen von Kommunen verhindern. Man wolle aber zunächst die Urteilsgründe abwarten, so die FAZ (Andreas Mihm). Die BadZ (Christian Rath) mutmaßt, Nahles werde vorschlagen, die für Hartz IV geltende Ausschlussklausel in der Sozialhilfe zu übernehmen.

Bundeswehr im Innern: Unionspolitiker fordern laut der Rheinischen Post eine Grundgesetzänderung zur Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inneren. Danach sei nichts dagegen einzuwenden, die Bundeswehr zum Schutz von Flüchtlingsheimen oder Gebäuden in Innenstädten einzusetzen.

Urheberrecht und E-Books-AGB: Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) will über eine Bundesratsinitiative einen kundenfreundlicheren gesetzlichen Rahmen für den E-Book-Handel anstoßen. Das meldet lto.de. Der Handel soll das Verschenken oder Weiterverkaufen per AGB nicht mehr verbieten können.

Awacs-Einsatz: Die SZ (Heribert Prantl) widmet sich auch heute dem Awacs-Einsatz der Bundeswehr über der Türkei – und beklagt, die Große Koalition missachte die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Der Beitrag stellt auch das BVerfG-Urteil von 1994 zu Auslandseinsätzen als Grundlage des Parlamentsbeteiligungsgesetzes von 2005 vor. Auch der Tsp (Jost Müller-Neuhof) fasst die Rechtslage zusammen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 30. Dezember 2015: Urteil wegen Völkermordes in Ruanda – Sozialhilfeleistungen für EU-Ausländer – Gemeinsamer NPD-Verbotsantrag . In: Legal Tribune Online, 30.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18002/ (abgerufen am: 06.05.2024 )

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