Die juristische Presseschau vom 11. September 2015: Organ­spende vor Bun­des­ge­richten - An- und Abfahrt als Arbeits­zeit - großz­ü­gige Anwälte

11.09.2015

Organspende wird Fall für Bundesgerichte. Außerdem in der Presseschau: An- und Abfahrt zählen zur Arbeitszeit, überraschend großzügige Anwälte und orthodoxer Vandalismus in Russland.

Thema des Tages

Organspende vor Bundesgerichten: Der Bundesgerichtshof (BGH) wird wohl darüber befinden müssen, ob die Richtlinien zur Organspende gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Im Zuge des Freispruchs im Transplantationsskandal stellte das Landgericht Göttingen fest, dass es dem Gleichheitssatz widerspricht, Alkoholikern erst nach sechs Monaten Abstinenz ein Anrecht auf eine Spenderleber zu gewähren. Diese grundlegende Frage wird der BGH beantworten müssen, wenn die Staatsanwaltschaft nach der für kommende Woche angekündigten schriftlichen Urteilsbegründung wie erwartet in Revision geht.

Zugleich wurde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) von den zwei Juraprofessoren Wolfram Höfling von der Universität Köln und Heinrich Lang von der Universität Greifswald eine Verfassungsbeschwerde eingereicht, die mit dem Transplantationssystem abrechnet. Hintergrund der Verfassungsbeschwerde sind Vorgänge am Klinikum Großhadern, die nach Ansicht von Kritikern offenbaren, wie in der Transplantationsmedizin Grundrechte verletzt werden. Ein Arzt meldete eine seit zehn Jahren auf eine Spenderniere wartende Frau als "nicht transplantabel", weil er sich über eine E-Mail von ihrem Ehemann geärgert hatte. Dagegen klagte die Frau vor dem Verwaltungsgericht München, das die Klage abwies. Der Bayrische Verwaltungsgerichtshof ließ die Berufung nicht zu. Gegen diese Entscheidungen richtet sich nun die Verfassungsbeschwerde, weiß SZ (Christina Berndt).

Rechtspolitik

Mindestlohnausnahmen für Flüchtlinge: Wie die taz schreibt, hat sich der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Hans-Günter Henneke, dafür ausgesprochen, als Beitrag zur Integration bei Flüchtlingen für die Dauer von drei Monaten auf den Mindestlohn zu verzichten. Peter Kulitz, Präsident des baden-württembergischen Industrie- und Handelskammertages, argumentierte, dass die drängende Flüchtlingsintegration nicht durch die starre Anwendung bürokratischer Mindestlohnregelungen verhindert werden dürfe. DGB-Chef Reiner Hoffmann warnte dagegen vor einer Ausnutzung von Menschen in finanzieller Notlage als billige Arbeitskräfte und sagte, dass eine Aussetzung des Mindestlohns für Flüchtlinge mit den Gewerkschaften nicht machbar sei.

Anti-Terrorgesetze: Der "Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Befristung von Vorschriften nach den Terrorismusbekämpfungsgesetzen" der Bundesregierung sieht vor, dass die Regelungen zur Terrorbekämpfung um fünf Jahre bis 2021 verlängert werden sollen. Wie internet-law.de (Thomas Stadler) konstatiert, zeigt die neuerliche Verlängerung, dass grundrechtseinschränkende Gesetze, selbst wenn sie befristet eingeführt wurden, keinesfalls zurückgenommen werden.

Hartz-IV-Sätze: Die Bundesregierung will die Hartz-IV-Sätze im kommenden Jahr um fünf Euro erhöhen. Dies sei die geringste Erhöhung seit 2012, meldet SZ (Cerstin Gammelin). Von den Sozialverbänden und der Opposition sei der Anstieg als unzureichend kritisiert worden.

Länderfinanzausgleich: Laut taz ist beim Länderfinanzausgleich "Konsensdruck" entstanden, weil die Ministerpräsidenten am 24. September mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Finanzierung der Flüchtlingshilfe reden werden. Das hänge mit dem Länderfinanzausgleich zusammen, weil der Bund in beiden Fällen Milliarden dazu schieße. Donata Riedel (Handelsblatt) sieht in dem Problemdruck der zu verteilenden Flüchtlingskosten einen Weckruf für die noch ausstehende Regelung der Länderfinanzen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. September 2015: Organspende vor Bundesgerichten - An- und Abfahrt als Arbeitszeit - großzügige Anwälte . In: Legal Tribune Online, 11.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16870/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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