Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. März 2013: Wulff-Ermittlungen eingestellt – Kirchhof im Interview - Gaspreise vor dem EuGH

18.03.2013

Weitere Themen - Justiz

Debatte um BVerfG: Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, hat mit einem Interview im SWR in die Debatte um die Rolle des Verfassungsgerichts eingegriffen. Er äußert sich zur Homo-Ehe und betont, von einem Abstandsgebot zwischen Lebenspartnerschaft und Ehe stehe im Grundgesetz "nichts drin". Zudem nimmt er Präsident Voßkuhle in Schutz, der wegen eines Hintergrundgesprächs mit Journalisten kritisiert worden war. Kirchhof geht auch auf das Verhältnis des Verfassungsgerichts zum Europäischen Gerichtshof ein und betont, beide Gerichte hätten unterschiedliche Aufgaben. swr.de veröffentlicht ein Zusammenfassung des Gesprächs und das Manuskript der Sendung.

EGMR zu Präventivhaft: Der Rechtsanwalt Sebastian Söllner bespricht auf lto.de die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, wonach die deutsche Polizei einen Fußball-Hooligan vorbeugend in Haft nehmen durfte. Söllner hält das Sondervotum, wonach die Ingewahrsamnahme gerechtfertigt war, um eine Straftat zu verhindern, für überzeugender als die mehrheitliche Begründung, die auf eine präventive Beugehaft abstellt.

EuGH – Gaspreise: Die Generalanwältin am EuGH hat in ihren Schlussanträgen angenommen, dass Preisanpassungsklauseln in bestimmten Gasverträgen des Energiekonzerns RWE gegen EU-Recht verstoßen. Wie der Spiegel (Vorabmeldung auf spiegel.de) meldet, könnten von einer entsprechenden Entscheidung Millionen Kunden, auch bei anderen Gasanbietern, profitieren.

BVerfG – Deals im Strafprozess: Am Dienstag wird das Bundesverfassungsgericht über Absprachen im Strafgesetz, sogenannte Deals, entscheiden. Die Samstags-FAZ (Reinhard Müller/Helene Bubrowski) beginnt in zwei Analysen mit der Vorberichterstattung. Müller nimmt an, Karlsruhe werde auf eine bessere Kontrolle drängen, Bubrowski geht davon aus, dass die Entscheidung an der Praxis letztlich nichts ändern wird, weil die Deals Richtern, Staatsanwälten und Anwälten Arbeit ersparen. Die Montags-SZ widmet der bevorstehenden Entscheidung das Thema des Tages: Heribert Prantl vergleicht die Praxis der Deals mit Notwehr – allerdings würden die Richter zum "Notwehrexzess" neigen und sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften halten. Wolfgang Janisch erklärt, warum die Gerichte immer stärker überbelastet sind. Einen Überblick über die Kritik an den Deals gibt der Spiegel (Gisela Friedrichsen/Dietmar Hipp).

BGH zu Zinssatz: lawblog.de (Udo Vetter) stellt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom Februar vor, wonach die Formulierung "8 % Zinsen über dem Basiszinssatz” in einem Gerichtsurteil in der Regel "acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz" meine. Vetter weist zudem darauf hin, dass bisher auch ungeklärt sei, was bei einem negativen Basiszinssatz geschuldet wird.

BAG zu Arbeitnehmerzahl und Leiharbeitern: Der Rechtsanwalt André Zimmermann erläutert auf dem Handelsblatt Rechtsboard die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, wonach bei der für die Größe des Betriebsrates maßgeblichen Arbeitnehmeranzahl auch zu berücksichtigen ist, wieviele Leiharbeiter der Betrieb üblicherweise beschäftigt. Der Beschluss, mit dem der Senat seine bisherige Rechtsprechung korrigiert, werde sich auch auf die Frage auswirken, wieviele Betriebsratsmitglieder freizustellen sind.

OLG München – Vorbereitungen NSU-Prozess: Der Präsident des Oberlandesgerichts München, Karl Huber, hat die Vorbereitungen für den Prozess gegen Beate Zschäpe verteidigt. Ein größerer Saal komme insbesondere angesichts möglicher Angriffe von Rechtsextremen nicht infrage. Platzreservierungen, etwa für den türkischen Botschafter, habe man abgelehnt, um keinen Revisionsgrund zu schaffen. Die Samstags-FAZ (Karin Truscheit) und die Samstags-SZ (Annette Ramelsberger) berichten.

OLG Hamm zu Nötigung: Das Oberlandesgericht Hamm hat einen Lehrer wegen Nötigung zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er eine – volljährige - Schülerin gegen deren ausdrücklichen Willen an sich gezogen und auf den Mund geküsst hatte. Das berichtet lawblog.de (Udo Vetter).

LG Düsseldorf – Messerstecher im Jobcenter: Die FAS (Reiner Burger) berichtet von dem Mordprozess vor dem Landgericht Düsseldorf gegen Ahmed S., der im Jobcenter Neuss eine Arbeitsvermittlerin erstochen hatte. S. hat die Tat gestanden, bestreitet jedoch die Tötungsabsicht.

LG Hagen – Gemeinschaftlicher Mord: Nachdem im August 2008 eine damals 20-jährige Frau auf einem Parkplatz erschossen wurde, sind nun Bruder, Mutter und zwei Onkel des Opfers vor dem Landgericht Hagen wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagt. Ein Cousin ist bereits 2010 zu 14 Jahren Haft verurteilt worden, so die Samstags-taz (Andreas Wyputta). Die syrischstämmige Familie soll den Mord beschlossen haben, weil sie den Lebenswandel der Frau missbilligte.

AG Dresden – Pfarrer demonstriert gegen Nazis: Am Dienstag beginnt der Prozess gegen den Jenaer Stadtjugendpfarrer Lothar König. Im Zusammenhang mit den Protesten gegen einen Neonazi-Aufmarsch im Februar 2011 in Dresden, wirft die Staatsanwaltschaft König schweren Landfriedensbruch, Strafvereitelung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und versuchte Nötigung vor. Die Samstags-taz (Michael Bartsch) berichtet in ironischem Ton über den bevorstehenden Prozess gegen den Pfarrer, der als "Staatsfeind" abgestempelt werde.

Ermittlungen wegen Steuerbetrug: Nach Informationen der Samstags-SZ (Klaus Ott) ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main gegen ehemalige und aktive Mitarbeiter der Hypo-Vereinsbank. Sie sollen den Fiskus mit sogenannten "Cum-Ex-Transaktionen" um viele Milliarden Euro betrogen haben. Möglicherweise hätten mehrere Banken eine Gesetzeslücke ausgenutzt und sich die Kapitalertragssteuer nach den Transaktionen mehrfach erstatten lassen. Das Vorgehen der mutmaßlichen Betrüger schildert die Samstags-SZ (Klaus Ott) ausführlich in einem weiteren Bericht im Wirtschaftsteil. Auf der gleichen Seite heißt es in einem dritten Bericht, ein Beschuldigter habe gegen das Vorgehen der Justiz Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Fall Peggy: Der Fall des Mädchens Peggy, die seit 2001 verschwunden ist, könnte neu aufgerollt werden. Die Polizei ging von einem Sexualmord an der damals Neunjährigen aus und verdächtigte einen Mann aus dem Ort, der daraufhin vor dem Landgericht Hof zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Wie die Montags-FAZ (David Klaubert) berichtet, will sein Anwalt nun einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens beim Landgericht Bayreuth einreichen. Der Bericht schildert detailliert die diversen Widersprüche bei den Ermittlungen und im Prozess.

Schadensersatz wegen Behinderung: Der Spiegel (Udo Ludwig) schildert den Fall einer Familie, die seit mehr als zwanzig Jahren um Schadensersatz kämpft, nachdem ihr Sohn wegen Behandlungsfehlern schwer behindert auf die Welt kam. Obwohl das Oberlandesgericht München und das Landgericht Kempten der Familie rund eine Millionen Euro Schadensersatz zugesprochen haben, weigerten sich die beteiligten Versicherer zu zahlen.

Studentische Rechtsberatung: spiegel.de berichtet knapp von einer gratis Rechtsberatung, die drei Jurastudenten gegründet haben – die Nachfrage sei so groß, dass mittlerweile rund 90 weitere Jurastudenten bei dem Projekt mitachten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. März 2013: Wulff-Ermittlungen eingestellt – Kirchhof im Interview - Gaspreise vor dem EuGH . In: Legal Tribune Online, 18.03.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8346/ (abgerufen am: 07.05.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen