Die juristische Presseschau vom 15. - 17. März 2014: Hoeneß-Urteil gedealt? – Sost-Scheible als BGH-Präsidentin? – Sterbehilfe durch Arzt?

17.03.2014

Alles ging so schnell - beruht das Hoeneß-Urteil vielleicht doch auf einer Absprache? Außerdem in der Presseschau: Weil ein Promi hinter Gitter muss, interessieren sich plötzlich alle für Gefängnisse, Tolksdorfs ehemalige Präsidialrichterin könnte BGH-Präsidentin werden, das LG Ulm verhandelt über den Sterbehilfe-Vorwurf gegen einen Arzt und warum man beim Aufrunden von Überweisungen das Komma gut kontrollieren sollte.

Thema des Tages

Hoeneß verzichtet auf Revision: Am Donnerstag hatte Hoeneß' Verteidiger Hanns W. Feigen noch Revision gegen das Urteil des Landgerichts München angekündigt. Doch schon einen Tag später verzichtete Hoeneß darauf, er wolle das Urteil akzeptieren. Heribert Prantl (Samstags-SZ, erweiterte Online-Fassung) nannte das "eindrucksvoll", fügte aber an: "Es hat auch andere Vorteile für Hoeneß, wenn das Urteil schnell rechtskräftig wird: Es kann sich dann nicht mehr zum Noch-Schlechteren wenden." Sabine Rückert (zeit.de) fand das Verhalten von Hoeneß "vor allem klug".

Udo Vetter (lawblog.de) erinnert daran, dass auch die Staatsanwaltschaft noch Revision einlegen könnte, was er aber unwahrscheinlich findet. Joachim Jahn (Samstags-FAZ) fordert die Staatsanwaltschaft ausdrücklich auf, Revision einzulegen. Hoeneß' Verhalten nähre den "schlimmen Verdacht", dass das Urteil zu milde sei, "womöglich fände eine andere Strafkammer bei einer Neuauflage des Prozesses noch weitere Leichen im Keller".

Der Spiegel (Rafael Buschmann/Dietmar Hipp und andere) analysiert die Entwicklung mit kritischem Blick auf Hoeneß: er habe sich "in Größenwahn über seine Richter gestellt, indem er ihnen das Urteil gewissermaßen verzeiht". Hoeneß habe sich noch im Moment seines Sturzes als eigentlicher Herr des Verfahrens geriert. Außerdem wird ein möglicher "neuerlicher bayerischer Justizskandal" ausgemacht, weil ein Whistleblower, der schon frühzeitig auf die wahre Dimension von Hoeneß' Steuerhinterziehung hinweisen wollte, nicht zum Zuge kam. Die Staatsanwaltschaft habe ihm - in Absprache mit dem Landesjustizministerium - keine Anonymität zusichern wollen.

Hoeneß-Urteil gedealt? Bernd von Heintschel-Heinegg (blog.beck.de) listet "offene Fragen" auf und fragt insbesondere nach einem möglichen Deal. "Obwohl es keine Verfahrensabsprache gegeben haben soll, entsprach die nur viertägige Hauptverhandlung einem Steuerstrafprozess, wie er üblicherweise nach einer Absprache geführt wird." Auch Anwalt Rainer Pohlen (strafblog.de) spekuliert ausführlich über einen möglichen Deal: "Was aber machte die Verteidigung so sicher über den Verfahrensausgang, dass sie keinerlei Anstrengungen unternahm, Revisionsgründe zu schaffen?".

Hoeneß im Gefängnis: Zahlreiche Medien malen sich bereits den Gefängnisalltag von Hoeneß aus, zeit.de (Till Schwarze). spiegel.de (Stefan Schultz) sprach mit dem Millionär Josef Müller, der wegen Betrugs fünfeinhalb Jahre im Gefängnis saß: "Wenn man unter Beobachtung der Presse steht und einen guten Anwalt hat, wird es einem im Gefängnis besser gehen, als wenn ein armer Hund daherkommt. So ist die Welt nun einmal." Der Spiegel (Simone Salden) führte ein Interview mit dem Gefängnisarzt Joe Bausch, der vor allem das zuständige Gefängnis in Landsberg wegen des Trubels um Hoeneß bemitleidet. "Das öffentliche Interesse an seiner Person macht einen normalen Strafvollzug fast unmöglich. Die Boulevardpresse wird für jedes Handy-Foto aus dem Knast Geld bieten."

Rechtspolitik

BGH-Präsidentin: Der Spiegel meldet, dass nun die Vorsitzende des 4. Strafsenats, Beate Sost-Scheible, in der engsten Wahl für die Führung des Bundesgerichtshof sei. Allerdings gebe es am Gericht Widerstand, da Sost-Scheible als Präsidialrichterin eng mit dem umstrittenen Ex-Präsidenten Klaus Tolksdorf zusammengearbeitet habe.

GBA Range im Interview: Im Interview mit der Montags-taz (Christian Rath) fordert Generalbundesanwalt Harald Range den Bundestag auf, eine Rechtsgrundlage für die Überwachung von Internet-Telefonaten und verschlüsselten Emails durch die so genannte "Quellen-Telekommunikationsüberwachung" zu schaffen. Allerdings, gebe es derzeit noch keine einsatzfähigen Trojaner, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechen. Die Einführung der Online-Durchsuchung zur Strafverfolgung stehe für ihn "nicht auf der Tagesordnung", eine drei-monatige Vorratsdatenspeicherung befürwortet er. Außerdem geht es im Interview um Ermittlungen gegen die NSA ("Ich habe freie Hand") und die Stärkung der Bundesanwaltschaft.

Diätengesetz verfassungswidrig? In einem Gastbeitrag für die Samstags-SZ fordert der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim Bundestagsabgeordnete auf, gegen die jüngst beschlossene Neuregelung der Diäten zu klagen. Verfassungswidrig seien sowohl der Anpassungsautomatismus als auch die Zuschläge für Ausschussvorsitzende. Von Arnim kritisiert Manipulationen der Gesetzgebung "in eigener Sache", unter anderem durch eine einseitig besetzte Kommission zur Vorbereitung der Reform.

Wahlrecht für geistig Behinderte: Die Bundesvereinigung Lebenshilfe und die Caritas Behindertenhilfe haben im Namen von acht Betroffenen Einspruch gegen die Bundestagswahl eingelegt, berichtet die Samstags-SZ (Nina von Hardenberg). Sie kritisieren, dass Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, denen für alle Belange des Alltags ein Betreuer bestellt wurde. Dies verstoße gegen eine UN-Konvention, mit der sich Deutschland verpflichtet habe, Behinderten Zugang zu Wahlen zu verschaffen.

Bundesrat zu NS-Raubkunst: Am Freitag beschloss der Bundesrat eine Resolution, in der die Bundesregierung zur Prüfung aufgefordert wird, "in welcher Weise die geltenden Regelungen einer Änderung bedürfen oder anderweitige Regelungen nötig sind". Die Samstags-FAZ (Corinna Budras) sieht darin ein Zeichen der Hilflosigkeit, angesichts der Probleme, eine verfassungskonforme Lösung zu finden.

Parlament und Bundeswehr: Der Rechtswissenschaftler Manuel Ladiges schlägt auf lto.de vor, dass bei internationalen Bundeswehr-Einsätzen "von untergeordneter Bedeutung" nicht der gesamte Bundestag zustimmen müsse, sondern das Mandat eines Entsende-Ausschusses genügen soll. Im übrigen habe das Bundesverfassungsgericht im Lissabon-Urteil entschieden, dass der Parlamentsvorbehalt für Auslandseinsätze nicht einmal per Grundgesetzänderung abgeschafft werden könnte.

Volljährigkeit: Die Montags-FAZ (Eckart Lohse) wundert sich, dass es trotz der verbreiteten Absenkung des Wahlrechts auf 16 Jahre noch keine Diskussion über die Absenkung der Volljährigkeit gibt und diskutiert dies an zahlreichen Beispielen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. - 17. März 2014: Hoeneß-Urteil gedealt? – Sost-Scheible als BGH-Präsidentin? – Sterbehilfe durch Arzt? . In: Legal Tribune Online, 17.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11345/ (abgerufen am: 04.05.2024 )

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