Die juristische Presseschau vom 16. Oktober 2015: Ver­schär­fung des Asyl­rechts – Vor­rats­da­ten­spei­che­rung geht weiter - Völ­ker­mord an Arme­niern

16.10.2015

Der Bundestag beschließt die Verschärfung des Asylrechts. Außerdem in der Presseschau: Das Vorratsdatenspeicherungsgesetz soll heute beschlossen werden und die Leugnung des Völkermords an den Armeniern ist von der Meinungsfreiheit umfasst.

Thema des Tages

Bundestag beschließt Verschärfungen des Asylrechts: 475 Abgeordnete von CDU/CSU und SPD stimmten dem Gesetzentwurf zum Asylrecht zu. Ablehnung und Enthaltungen gab es vor allem von der Linkspartei und den Grünen. Abschiebungen von "Wirtschaftsflüchtlingen" sollen durch das Gesetz erleichtert werden, indem Albanien, Kosovo und Montenegro zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. In den Erstaufnahmelagern sollen Sachleistungen Bargeldleistungen ersetzen. Für abgelehnte und ausreisepflichtige Personen, die den Termin zur freiwilligen Ausreise haben verstreichen lassen, sind Leistungskürzungen vorgesehen. Flüchtlinge mit Bleiberecht haben ein Recht auf Sprachkurse und Arbeitsmöglichkeiten. Dies berichten die FAZ (Günter Bannas u.a), die taz (Barbara Dribbusch), die BerlZ (Annett Otto) und zeit.de (Lisa Caspari/Paul Midddelhoff). Die Welt (Benno Müchler u.a) und die SZ (Constanze von Bullion/Nico Fried – Onlinefassung) geben darüber hinaus einen Überblick über die Regierungserklärung von Angela Merkel.

Die Kürzung der Sozialleistungen für Asylbewerber stehe nicht nur mit dem Grundgesetz im Einklang, sondern sei vielmehr sogar europarechtlich - zur Vermeidung von Anreizen illegaler Migration - erforderlich, gibt die FAZ (Joachim Jahn) zwei Rechtswissenschaftler wieder, die der Innenausschuss des Bundestags angehört hatte. Das "soziokulturelle Existenzminimum" sei nicht gefährdet.

Ebenfalls beschäftigen sich die wissenschaftlichen Mitarbeiter Tobias Brings und Maximilian Oehl auf juwiss.de mit den Auswirkungen des neuen Gesetzes auf das Asylbewerberleistungsgesetz. Nach ihrer Ansicht verstößt der Entwurf aufgrund der Leistungskürzungen und der pauschalen Adressierung von Personengruppen ohne nachvollziehbare Durchführung einer "Bedarfsprüfung" in offensichtlicher Weise gegen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2012. Der Rechtsreferendar Christoph Tometten befasst sich ebenfalls auf juwiss.de mit der verfassungs- und unionsrechtlichen Vereinbarkeit des Entwurfes betreffend sichere Herkunftsländer. Er findet, dass "unerwünschte Ausländer" zu Menschen "letzter Klasse" degradiert werden würden. "Diese Politik der Brutalität schürt [...] rassistische und antiziganistische Vorurteile."

Im Interview mit der taz (Daniel Bax) kritisiert der Bürgerrechtsaktivist Rudko Kawczynski die Regelungen zu sicheren Herkunftsländern stark. "Es ist ein Anti-Roma-Gesetz", wogegen er klagen werde. Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki spricht im Interview mit der Welt (Karsten Kammholz) unter anderem über die Flüchtlingskrise, eine drohende Demokratiekrise, den Familiennachzug, Merkels Zukunft und das Gesetz zur Vorratsspeicherung.

BVerfG – Zuzug begrenzen: Der Rechtsprofessor Christoph Degenhart erklärt im Interview mit spiegel.de (Alexander Sarovic), wie eine Klage Horst Seehofers vor dem Verfassungsgericht aussehen könnte und warum sie juristisch plausibel wäre.

Rechtspolitik

Vorratsdatenspeicherung: Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung soll heute vom Bundestag beschlossen werden, kündigen die taz (Christian Rath) und die SZ (Wolfgang Janisch) an und geben einen Überblick über die Regelungen. Die SZ weist darauf hin, dass die Aussage - die wie immer fallen wird -, "Inhalte werden ja ohnehin nicht gespeichert" nicht ganz zutreffend sei, denn tatsächlich würden beim SMS-Verkehr nicht nur die Verbindungsdaten, sondern auch die Inhalte gespeichert, dies beruhe nicht etwa auf "bösem Willen", sondern sei ein technisches Problem. spiegel.de (Fabian Reinbold) gibt im Frage-und- Antwort-Format einen Überblick über das Gesetz. Dabei wird aufgezeigt, wie die "neue Überwachung" aussehen soll und wer sie wieder zu Fall bringen könnte. Die taz (Meike Laaff) fragt sich, warum eigentlich immer öfter oberste Gerichte für den Datenschutz sorgen müssten. In einem Gastbeitrag von Lars Bretthauer auf netzpolitik.org werden sechs Thesen aus politikwissenschaftlicher Sicht zur Vorratsdatenspeicherung formuliert.

Laut Detlef Esslinger (SZ) zeige der Alltag bei Facebook, dass für sehr viele Bürger Datenschutz kein Thema sei, "das sie auch nur am Rande bewegt." Es sei Ironie, dass nun gerade die Polizei, welcher die Vorratsdatenspeicherung bei ihrer Arbeit helfen solle, mit einem Facebook-Post den Bürgern ein Gefühl für Datenschutz vermitteln wolle.

Datenhehlerei: internet-law.de (Thomas Stadler) befasst sich nun auch mit dem Straftatbestand der Datenhehlerei, welcher im Zuge der Regelung der Vorratsdatenspeicherung neu eingeführt werden soll, stellt den Wortlaut der Vorschrift vor und weist auf die Unsicherheiten für Journalisten hin.

TTIP: Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Reiner Hoffmann sieht in einem Gastbeitrag im Handelsblatt die Kritiker des Handelsabkommen TTIP im Aufwind. Die heterogene Gruppe der Kritiker habe das gemeinsame Ziel eines "gerechten Welthandels."

Tillman Prüfer (Handelsblatt) kann nur mit Mühe umreißen, worum es bei dem Freihandelsabkommen gehe. Ein Problem sei insbesondere die fehlende Transparenz, um sich ein wirkliches Bild machen zu können. Er wisse zumindest, warum wir "das Schlechte brauchen, [nämlich] um uns gut zu fühlen."

Anti-Doping-Gesetz: Die BadZ (Christian Rath) berichtet über den Stand der Verhandlungen zum Anti-Doping-Gesetz. Der Versuch des Besitzes von Doping-Mitteln soll gestrichen werden. Eine Vorschrift über "Tätige Reue" soll eingefügt werden.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. Oktober 2015: Verschärfung des Asylrechts – Vorratsdatenspeicherung geht weiter - Völkermord an Armeniern . In: Legal Tribune Online, 16.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17232/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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