Die juristische Presseschau vom 15. November 2013: Wulff vor Gericht – Waffenlobbyist Schreiber verurteilt – TÜV haftet für Brustimplantate

15.11.2013

Stets korrekt: Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff wehrt sich vor Gericht gegen den Vorwurf der Vorteilsnahme. Außerdem in der Presseschau: die Justizministerkonferenz, ein EuGH-Urteil zum Asylverfahren, Haftstrafe für Karlheinz Schreiber, der deutsche TÜV soll für Silikon-Brüste haften – und ein 84-jähriger Gangster bekommt nicht nur lebenslänglich.

Thema des Tages

LG Hannover – Wulff vor Gericht: Vor dem Landgericht Hannover hat am Donnerstag der Prozess gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff begonnen. Wulff muss sich wegen Vorteilsnahme in seiner Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, er habe sich im Oktober 2008 von dem Filmemacher David Groenewold zum Münchner Oktoberfest einladen lassen - Groenewold soll dabei Kosten in Höhe von rund 720 Euro übernommen haben. Wulff bestritt die Vorwürfe vehement und erklärte, er habe sich stets korrekt verhalten. Groenewold ist wegen Vorteilsgewährung angeklagt. Beide betonten, sie seien privat befreundet. Einen Überblick geben die SZ (Annette Ramelsberger/Ralf Wiegand), die FAZ (Robert von Lucius) und die taz (Teresa Havlicek). Ausführlich schildern zeit.de (Ludwig Greven), Die Welt (Ulrich Exner) und die SZ (Annette Ramelsberger auf der Reportageseite) den Verhandlungsstag. Ein knapperes Prozess-Protokoll findet sich auf bild.de (N. Harbusch/P. Rossberg).

Heribert Prantl (SZ) vergleicht den Prozess in seinem Kommentar mit dem gegen den Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber. "In dem einen Fall springt die Korruption ohne jede Lesehilfe ins Auge. Im anderen Fall reicht die stärkste Lupe nicht." Nun wünsche man sich, dass das Gericht "zum Maß zurückfindet". Dirk Kurbjuweit (spiegel.de) verteidigt dagegen die Ermittlungen: "Warum sollte es falsch sein, jeden Stein umzudrehen?" Der Prozess sei auch eine Chance für Wulff, sich zu verteidigen. Auch Bettina Gaus (taz) hält das umfangreiche Verfahren für richtig: "Was nötig ist, um die Wahrheit zu ermitteln, muss geschehen." Dabei handele es sich nicht nur um eine Bagatelle. Udo Vetter (lawblog.de) kritisiert dagegen das Vorgehen der Justiz als "Zirkusspiele". Christian Bommarius (FR) sieht Wulff vor allem als "Opfer seiner selbst". Seine Existenz als Politiker habe er "durch eigene Schuld verloren", seine bürgerliche Existenz müsse er nun jedoch gegen den "überzogenen Strafanspruch der Staatsanwaltschaft" verteidigen. Matthias Brüggmann (Handelsblatt) kommentiert, in dem Prozess gehe es um "Grundsätzliches" – so auch um das künftige Verhältnis von Unternehmern und Politikern.

Rechtspolitik

Justizministerkonferenz: Die taz (Christian Rath) berichtet von der Justizministerkonferenz, die am Donnerstag in Berlin stattfand. Die Justizminister der Länder beschlossen unter anderem, die öffentliche Fahndung nach Straftätern im Internet zu verstärken – allerdings nur auf staatlichen Internetseiten. Zudem soll auf den Fall Mollath reagiert und die Unterbringung psychisch kranker Straftäter reformiert werden. Der Vorschlag der schleswig-holsteinischen Ministerin Anke Spoorendonk, die aus der NS-Zeit stammende Formulierung des Mordparagraphen zu ändern, wurde zu Kenntnis genommen. Wie spiegel.de berichtet, wollen die Länder zudem Wirtschaftskriminalität stäker bekämpfen, möglicherweise auch mit neuen Sanktionen gegen Unternehmen, etwa dem Ausschluss von Subventionen oder der Auflösung.

Überwachung von Hartz-IV-Empfängern: Die Bundesagentur für Arbeit will überwachen, ob Hartz-IV-Empfänger im Internet Nebeneinkünfte erzielen – etwa auf Online-Handelsportalen wie Ebay. Die Behörde fordere eine Gesetzesgrundlage für den automatischen Datenabgleich mit den Steuerbehörden. Die FAZ (Sven Astheimer) berichtet. spiegel.de (Yasmin El-Sharif) geht insbesondere auf die scharfe Kritik von Gewerkschaften, Grünen und Linkspartei ein. Thomas Öchsner (SZ) kritisiert, der Staat lasse bei der Suche nach Steuerbetrügern entsprechenden Eifer vermissen.

Koalitionsverhandlungen – Asylverfahren: Wie die SZ (Robert Rossmann) berichtet, wollen SPD und Union erreichen, dass Asylverfahren künftig schneller bearbeitet werden – dazu soll das Personal beim Bundesamt für Migration aufgestockt werden. Außerdem solle das Arbeitsverbot für Asylbewerber nach sechs Monaten aufgehoben werden, für geduldete Flüchtlinge werde eine Bleiberechtsregelung angestrebt. Auch die taz (Daniel Bax) berichtet über die Verhandlungen. Bei der Aufhebung der Residenzpflicht rudere die Union nun aber zurück, bei der europäischen Flüchtlingspolitik gebe es keine Einigung.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. November 2013: Wulff vor Gericht – Waffenlobbyist Schreiber verurteilt – TÜV haftet für Brustimplantate . In: Legal Tribune Online, 15.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10060/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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