Die juristische Presseschau vom 15. September 2015: Face­book gegen Hetze - Ende für Schengen? - Che­f­an­klä­gerin Ben­souda

15.09.2015

Das Justizministerium richtet eine Arbeitsgruppe zum Thema Facebook-Hetze ein. Außerdem in der Presseschau: Grenzkontrollen und Schengen-Abkommen, Fatou Bensouda und die Diktatur in der Heimat und Beweissicherung mit der Zange.

Thema des Tages

Facebook-Hetze: Wie soll angemessen mit menschenverachtenden und fremdenfeindlichen Kommentaren auf Facebook umgegangen werden? Zu dieser Frage beriet sich am gestrigen Montag Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) mit Vertretern des Unternehmens. Geeinigt wurde sich nach Bericht der SZ (Simon Hurtz) auf die Einrichtung einer Arbeitsgruppe durch das Ministerium. Gemeinsam mit Vertretern von Internetanbietern, sozialen Netzwerken und zivilgesellschaftlichen Organisationen solle diese Task Force bis Ende des Jahres Ergebnisse vorlegen. Nach Erklärung des Ministers sei es das Ziel, "strafbare Aussagen schneller und umfassender zu identifizieren und aus dem Netz zu entfernen". Dagegen halte Facebook an seinem Prinzip des Counter Speech fest, nach dem Dialog und Argumente einer Löschung vorzuziehen seien. Der Bericht des Handelsblatts (Anja Stehle u.a.) zitiert zudem EU-Digitalkommissar Günther Oettinger mit der Ankündigung, Internetanbieter wie Facebook entsprechend den für Fernsehsender geltenden Regeln haftbar machen zu wollen. Hierzu sei die Richtlinie für audiovisuelle Medien zu ergänzen.

Ein vor der Einigung verfasster Kommentar von Patrick Beuth (zeit.de) stellt den Forderungen des Justizministers die Selbstverpflichtungen des Unternehmens gegenüber und kommt zu dem Ergebnis, dass Facebook es bevorzuge, "die Verantwortung seinen Nutzern in die Schuhe zu schieben, statt selbst aktiver einzuschreiten".

Rechtspolitik

Aufnahme von Flüchtlingen: Beim Treffen der EU-Innenminister ist die erhoffte Einigung zu einem festen Verteilmechanismus von Flüchtlingen ausgeblieben. Wie spiegel.de (Markus Becker) berichtet, haben sich die Minister dagegen im Grundsatz darauf geeinigt, 160.000 Flüchtlinge verteilen zu wollen und eine endgültige Entscheidung auf das nächste Ministertreffen am 8. Oktober vertagt.

Grenzkontrollen/Schengen: spiegel.de (Jörg Diehl u.a.) stellt in Frage-und-Antwort-Form die Funktionsweise der von der Bundesregierung beschlossenen Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze dar. Die Auswirkungen der Entscheidung auf das Schengen-Abkommen wie auch die Voraussetzungen für Kontrollen behandeln Beiträge von SZ (Thomas Kirchner), FAZ (Alexander Haneke/Helene Bubrowski) und taz (Christian Rath).

Zwangsvermietung: Aus Anlass des Vorschlags zur zwangsweisen Vermietung leerstehender Objekte an Flüchtlinge stellt Rechtsprofessor Winfried Kluth auf lto.de die Voraussetzungen der Einweisung Obdachloser in leerstehende Wohnungen als "polizei- und prozessrechtlichen Standardfall der juristischen Ausbildung" vor. Diese Maßnahme nach der polizeirechtlichen Generalklausel sei nur als Ultima Ratio und nur vorübergehend einsetzbar, sie entbinde die Politik also nicht von der Verpflichtung, dauerhafte Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen.

Einwanderungsgesetz: Dass sich der Parteivorstand der CDU grundsätzlich für ein Einwanderungsgesetz ausgesprochen hat, erinnert Heribert Prantl (SZ) von der historischen Bedeutung her an die frühere Haltung der Partei zu den Ostverträgen. Endlich füge sich die CDU der Realität. Der Weg sei nun endlich offen für eine von Richard von Weizsäcker formulierte Zweispurigkeit, nach der Asylrecht für jene gelte, "die uns brauchen", das Einwanderungsrecht dagegen für jene, "die wir brauchen".

Vorratsdatenspeicherung: netzpolitik.org (Anna Biselli) fasst in einem ausführlichen und kritischen Beitrag Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Jan Korte (Linke) zum Zustandekommen des Gesetzentwurfs zur Vorratsdatenspeicherung, deren Einführungskosten und vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen gegen Missbrauch zusammen.

Inkassofirmen: Die SZ (Kristiana Ludwig) setzt sich kritisch mit dem Geschäftsgebaren von Inkassofirmen auseinander. Auf dem "Wachstumsmarkt" Forderungsmanagement setzten diese rechtsunkundige Schuldner durch immer neue Gebühren zusätzlich unter Druck. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hätte eingeräumt, dass geplante "Höchstsätze" für Inkassogebühren bislang nicht erarbeitet wurden, ein neuer Anlauf hierzu solle im kommenden Jahr unternommen werden.

Erbschaftsteuer: In einer der Welt (Martin Greive) vorliegenden Stellungnahme macht der Bundesrat gegen den aktuellen Entwurf zur Erbschaftsteuerreform verfassungsrechtliche Bedenken geltend. Insbesondere sei die vom Bundesfinanzministerium vorgesehene Verschonung hoher Unternehmensvermögen ohne Durchführung entsprechender Bedürfnisprüfungen zu klären.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. September 2015: Facebook gegen Hetze - Ende für Schengen? - Chefanklägerin Bensouda . In: Legal Tribune Online, 15.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16897/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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