Die juristische Presseschau vom 14. November 2013: Fahrerlaubnisentzug für Gelegenheitskiffer – Antifa besser als Nachrichtendienst – Russland verbietet Regenbögen

14.11.2013

Sollte Haschkonsumenten lieber vorbeugend die Fahrerlaubnis entzogen werden, weil sie ja doch bestimmt auch mal bekifft fahren? Das BVerwG befasst sich mit der Fahrerlaubnisverordnung. Außerdem in der Presseschau: Südbadische Antifa arbeitet besser als Verfassungsschutz, NS-Ideologie soll aus Gesetzen, wo findet sich Rechtsschutz gegen Geheimdienste, was macht der BND wirklich und Russland verbietet Regenbögen.

BVerwG zu Fahrerlaubnisentzug: Wurde einem "Gelegenheitskiffer" zu Unrecht die Fahrerlaubnis* entzogen? Mit dieser Frage, so die SZ (Wolfgang Janisch), befasst sich am heutigen Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG). Im zugrunde liegenden Fall war einem gelegentlich Haschisch Konsumierenden, der zugab, dabei manchmal auch Alkohol zu trinken, die Fahrerlaubnis vorbeugend entzogen worden. Dies geschah auf Grundlage der Fahrerlaubnisverordnung, Anlage 4, Ziffer 9.2.2.: Danach ist die Fahrerlaubnis los, wer sowohl Haschisch als auch Alkohol konsumiere - auch ohne je "zugedröhnt am Steuer" gesessen zu haben, erläutert die SZ. Nachdem die Klage des Mannes vom Verwaltungsgericht Regensburg noch abgewiesen worden war, hatte ihm der Bayerische Verwaltungsgerichtshof Recht gegeben: Der Drang zum Autofahren werde nicht größer, "nur weil jemand zum Joint ein paar Bier trinkt". 2001 habe das BVerwG schon einen vergleichbaren Fahrerlaubnisentzug revidiert.

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Koalitionsverhandlungen: Die FAZ (Johannes Leithäuser) fasst den Stand der Dinge in den Koalitionsverhandlungen zusammen und weist dabei u.a. auf den bestehenden Dissens zur Gewährung einer doppelten Staatsbürgerschaft, zur Vorratsdatenspeicherung und zu Volksentscheiden auf Bundesebene hin. Über strenge Kriterien für den Einsatz von V-Leuten beim Verfassungsschutz sei man sich aber einig. Strafrechtliche Reformen solle es bei Zwangsprostitution und Menschenhandel geben. Auch sollen Asylverfahren beschleunigt werden.

BKA-Herbsttagung – Rede di Fabio: Den Vortrag des Ex-Verfassungsrichters Udo di Fabio auf der BKA-Herbsttagung über die Bedrohung der Freiheit im Internet gibt es nun auch online abrufbar auf FAZ.net.

Rechtsschutz vor dem Verfassungsschutz: "Personenbezogene Akten und Daten, die ein Geheimdienst nicht mehr nutzen will oder darf, sollten gesperrt, aber nicht gelöscht werden", um so auch Rechtsschutz vor dem Verfassungsschutz zu gewährleisten, so die Journalistin Marita Vollborn für den Deutschlandfunk: "Da könnte die Stasiunterlagenbehörde zum Modell werden."

NS-Ideologie aus den Gesetzen: Die schleswig-holsteinische Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) möchte eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen, um Gesetze, die von NS-Ideologie geprägt sind, zu ändern. Die taz (Esther Geisslinger) informiert: Dabei gehe es insbesondere um die Paragraphen 211 und 212 des Strafgesetzbuches. Die Gesetze zu Mord und Totschlag sollen künftig die Tat und nicht mehr den Täter beschreiben.

Christian Rath (taz) rät in Richtung Bundestag: Diskutiert nicht lange, macht es! Juristische Folgen der Änderungen gäbe es nicht, das Motiv sei indes anerkennenswert.

"Die unverschämten Wirtschaftsweisen": Mit Blick auf den aktuellen Bericht der "sogenannten Wirtschaftsweisen" zu Themen der Koalitionsverhandlungen meint Heribert Prantl (SZ): Die "rüde Abqualifizierung" der bisherigen Ergebnisse sei Amtsanmaßung und verfehle Thema und gesetzlichen Auftrag. 

Geheimdienste und Schutz des Gemeinwohls: Im "Herrschaftsbereich von Rechtsstaaten sollte einigermaßen klar sein (…) was verboten ist" und auch Geheimdienste dürften sich keinesfalls "in einem rechtsfreien Raum bewegen", konstatiert Reinhard Müller in seinem ausführlichen Kommentar auf dem FAZ-Titel: "Das Recht ist überall". Taucht der Geheimdienst aber in "Abgründe, in denen mit Lehrbuchmethoden nicht mehr weiterzukommen ist" und steht das Wesen des Gemeinwohls auf dem Spiel, muss sich eine Regierung hinter ihren Dienst stellen.

BND – Zugriff auf deutschen Internetverkehr?: Auf Grundlage eines MDR-"Fakt"-Berichts informiert spiegel.de (Ole Reißmann) über einen umfassenden Zugriff des Bundesnachrichtendienstes auch auf den deutschen Internetverkehr. So sei etwa, um eine rechtliche Zulässigkeit herbeizuführen, der gesamte Internetverkehr zur "Auslandskommunikation" im Sinne des G-10-Gesetzes erklärt worden. Dabei solle es laut dem "Fakt"-Bericht auch Unterstützung vom britischen Geheimdienst für diese Neuinterpretation gegeben haben.

Thomas Stadler (internet-law.de) unterzieht die Thesen des "Fakt"-Berichts einer umfassenden, kritischen Prüfung. Eine Regelung, wonach der gesamte Internetverkehr als Auslandskommunikation definiert werde, existiere nicht. So halte das deutsche Recht gar keine ausreichende Grundlage für die pauschale Erfassung sowohl von Metadaten als auch von Kommunikationsinhalten an zentralen Internetknotenpunkten bereit.

Auch Patrick Beuth (zeit.de) meint, von den Vorwürfen der "Fakt"-Reporter bleibe nicht mehr als ein Verdacht hängen. Wolfgang Nešković, ehemaliges Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums, halte die Vorwürfe laut Beuth aber für naheliegend: Die Fülle der unbestimmten Rechtsbegriffe im G-10-Gesetz könnte der BND zu seinen Gunsten interpretiert haben.

*Anm. d. Red. v. 14.11.2013: Hier hatte sich eine Verwechslung von Führerschein und Fahrerlaubnis eingeschlichen. Dies haben wir nachträglich korrigiert.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 14. November 2013: Fahrerlaubnisentzug für Gelegenheitskiffer – Antifa besser als Nachrichtendienst – Russland verbietet Regenbögen . In: Legal Tribune Online, 14.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10036/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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