Die juristische Presseschau vom 11.Juli 2014: EuGH zu Sprachtests – Fischer über Abgeordnetenbestechung – Bild gewinnt vor EGMR

11.07.2014

Wo lernt man am besten Deutsch? Das Urteil des EuGH zu Sprachtests für die Ehepartner von Türken stößt auf unterschiedliches Echo. Außerdem in der Presseschau: Thomas Fischer spottet über Abgeordnetenbestechung, Bild kann sich auf die Pressefreiheit berufen, Vorratsdatenspeicherung in Großbritannien - und wieviel Finderlohn kriegt man wohl für eine Unterwasserdrohne?

Thema des Tages

EuGH zu Deutschkenntnissen: Ehepartner von in Deutschland lebenden Türken dürfen nicht generell dazu verpflichtet werden, vor der Einreise Deutschkenntnisse nachzuweisen. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Donnerstag. Nach dem Assoziierungsabkommen mit der Türkei ist eine solche Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nur ausnahmsweise zulässig. Die Bundesrepublik hatte damit argumentiert, der Deutschtest solle Zwangsehen verhindern. Der EuGH hielt die Regelung aber für unverhältnismäßig, weil besondere Einzelfälle nicht berücksichtigt werden können. Es berichten unter anderem die SZ (Wolfgang Janisch), die taz (Christian Rath) und die FAZ (ahan).

Der Rechtsprofessor Daniel Thym analysiert das Urteil auf lto.de und betont, mit einer entsprechenden Härtefall-Regelung wäre der Sprachnachweis weiter zulässig.

Wolfgang Janisch (SZ) begrüßt das Urteil und sieht "Spielraum für Kompromisse" in der Integrationspolitik – etwa Sprachkurse nach der Einreise. Christian Rath (taz) bezweifelt, dass der Sprachtest Zwangsehen verhindern kann und hält Deutschkurse in Deutschland auch für sinnvoller. Ebenso Vera Kämper (spiegel.de), die außerdem eine bessere Anerkennung von Studien- oder Berufsabschlüssen vorschlägt, um die Integration von Einwanderern erleichtern. Alan Posener (Die Welt) kommentiert dagegen polemisch, in dem Fall sei es nicht um die Rechte der Ehefrau gegangen, die die Klage eingereicht hatte, sondern um das "Wohlgefühl" ihres Mannes, dessen Niederlassungsfreiheit die Richter verletzt sahen. Der Ehemann scheine es zu "mögen", wenn Frauen nicht "emanzipiert oder aufsässig" seien. Reinhard Müller (FAZ) kritisiert, dass das Urteil auf einer Klausel zum Assoziierungsabkommen aus den siebziger Jahren beruht: "Heute müssen wir die Folgen ausbaden". Der Gesetzgeber solle deshalb "soweit er kann" den "unkontrollierten Zuzug von vermeintlichen Familienangehörigen" stoppen.

Rechtspolitik

Thomas Fischer zu Abgeordnetenbestechung: In einem Gastkommentar auf zeit.de macht sich Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, in gewohnt scharfen Tönen über das Gesetz zur Abgeordnetenbestechung lustig. Die im Februar eilig durchgebrachte Neuregelung sei "Käse minderer Qualität", die Einwände der Sachverständigen habe man nicht berücksichtigt, Lobbyisten dürften angesichts des laschen Tatbestandes "jubeln". Die exklusive Zuständigkeit von Oberlandesgerichten und Generalstaatsanwaltschaften solle den Taten wohl "den Atem des Extraordinären, Staatserschütternden" einhauchen, so Fischer weiter. Tatsächlich sei Korruption in Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten selten, wichtig sei aber eine Strafvorschrift "die ihren Namen verdient".

Parlamentsvorbehalt bei Drohneneinsätzen: Muss der Bundestag unbemannten Drohneneinsätzen vorab zustimmen? Darüber diskutieren junge Rechtswissenschaftler auf juwiss.de. Robert Frau und Simon Gauseweg sind der Ansicht, dass es beim Parlamentsvorbehalt nicht nur um die Gefährdung von Bundeswehrsoldaten geht und der Bundestag deshalb schon nach dem geltende Verfassungsrecht auch bei Drohneneinsätzen zustimmen muss. Oliver Daum geht davon aus, dass die Zustimmung des Bundestages nicht zwingend notwendig ist und fordert deshalb eine Reform des Wehrverfassungsrechts.

Missbrauch: Wie die taz (Heide Oestreich) berichtet, fordert der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes Wilhelm Rörig, weitergehende Änderungen im Sexualstrafrecht. So solle der Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) beim Missbrauch von Schutzbefohlenen auch nicht-pädagogisches Personal in Schulen und Heimen einbeziehen. Außerdem sei Beratung und psychosoziale Prozessbegleitung wichtig für die Opfer.

Erbschaftsteuer: Donata Riedel (Handelsblatt) mahnt, die Koalition werde sich auf neue Regeln zur Erbschaftsteuer einigen müssen. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird im Herbst erwartet, in der mündlichen Verhandlung am Dienstag dieser Woche hätten die Richter "überdeutlich" zu verstehen gegeben, dass die derzeitige Rechtslage Firmenerben ungerechtfertigt bevorzuge. Künftig müsse der Gesetzgeber deutlich machen, dass Betriebe und Arbeitsplätze gesichert werden sollen, nicht nur das Vermögen von Unternehmerfamilien. Manfred Schäfers (FAZ) betont, die Politik müsse den starken industriellen Mittelstand in Deutschland schützen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11.Juli 2014: EuGH zu Sprachtests – Fischer über Abgeordnetenbestechung – Bild gewinnt vor EGMR . In: Legal Tribune Online, 11.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12534/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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