Die juristische Presseschau vom 10. Oktober 2013: BVerfG zu Beobachtung von Ramelow – Facebook-Fanpage für Unternehmen – Grauzone Betriebsratsgehälter

10.10.2013

Die jahrelange Überwachung des Linke-Abgeordneten Bodo Ramelow verletzte sein Recht auf ein freies Mandat. Außerdem in der Presseschau: BGH kippt Messerstecher-Strafmaß, Schutz des privaten Waffenbesitzes, Grauzone Betriebsratsgehälter, und wie der Limburger Bischof sich noch vor dem Rauswurf retten kann.

BVerfG zu Ramelow-Überwachung: Die jahrelange Überwachung des Fraktionschefs der Linken im Thüringer Landtag und ehemaligen Bundestagsabgeordneten Bodo Ramelow verletzte das freie Mandat des Abgeordneten - so das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. Ramelows Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg, eine Organklage der Linken-Fraktion ist aus formalen Gründen abgelehnt worden. Grundsätzlich sei eine Abgeordneten-Überwachung laut Bundesverfassungsgericht aber möglich, wenn ein Mandat "zum Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung missbraucht werde oder diese aktiv und aggressiv bekämpfe". Die bloße Mitgliedschaft in einer Partei mit extremistischen Strömungen genüge indes nicht. 2011 hatte das Bundesverwaltungsgericht die Überwachung des Abgeordneten noch gebilligt. Die SZ (Wolfgang Janisch/Daniel Brössler), FAZ (Helene Bubrowksi/Claus Peter Müller), taz (Christian Rath), FR (Markus Decker) und Welt (Philip Kuhn, ähnlicher Beitrag welt.de) berichten.

Separat analysiert die SZ (Wolfgang Janisch), wie "passgenau" die Karlsruher Entscheidung auf "einen Politiker wie Ramelow" zugeschnitten sei, der als Person gerade unverdächtig sei, "die Ordnung des Grundgesetzes umstürzen zu wollen". In einem weiteren Beitrag analysiert die taz (Christian Rath/Stefan Reinecke) die Praxis der Verfassungsschutzämter: Ramelow werde wohl seit 2012 nicht mehr beobachtet. In Bayern werde die Linke noch als Gesamtpartei beobachtet, ist dort aber nicht im Landtag.

Die Ausführungen zum Abgeordneten als Verbindungsglied zwischen Parlament und Bürger sind, so Maximilian Steinbeis (Verfassungsblog), "ein weiteres Kapitel für das monumentale Handbuch zur Allgemeinen Demokratie- und Staatslehre" des Bundesverfassungsgerichts. Dass der Senat die gesetzlichen Grundlagen für die Überwachung für ausreichend hielt, enttäusche. So sieht es auch Heribert Prantl (SZ): Ohne ausdrückliche Zustimmung des Bundestages dürfe es keine Abgeordneten-Überwachung geben. Aber: Der Beschluss sorge für eine "Ent-Stigmatisierung" der Partei. Reinhard Müller (FAZ) begrüßt die Stärkung des freien Mandats und die Klarstellung, dass ebendieses nicht unbegrenzt "im Kampf gegen die demokratische Ordnung" gebraucht werden könne. "Wo es zwingend nötig ist, da handeln Verfassungsschützer nicht", meint der FR-Leitartikel (Christian Bommarius).

Weitere Themen – Rechtspolitik

Anti-Abmahn-Gesetz: Die Neuerungen, die sich aus dem am Dienstag in Kraft getretenen Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken ergeben, erläutert noch einmal Thomas Stadler (internet-law.de). Neben der grundsätzlichen Deckelung der Erstattung von anwaltlichen Abmahnkosten seien Darlegungs- und Informationspflichten bei Inkassodienstleistungen und die Gestaltung urheberrechtlicher Abmahnungen konkretisiert worden.

Privaten Waffenbesitz verbieten?: In einem Gastkommentar für die SZ weist Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, darauf hin, dass illegaler Waffenbesitz für den Arbeitsalltag Polizei eine zählbar wesentlich größere Herausforderung und Gefahr darstelle, als der legale private Waffenbesitz, der mit verstärkten, anlasslosen Kontrollen gesichert werden solle.

Grüne für Bürgerrechte: In einem Gastkommentar für die FR fordert Jan Philipp Albrecht, der innen- und justizpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, seine Partei mit Blick auf mögliche Regierungsbeteiligungen auf, zum "Garanten für Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit zu werden".

Datenschutz und Bürgerrechte: In einem Gastbeitrag für den Wirtschaftsteil der Zeit mahnt Wirtschaftsprofessorin Sarah Spiekermann die Überarbeitung des europäischen Datenschutzrechts als Chance zu ergreifen, Bürgerrechte zu stärken. So müsse definiert werden, was unter die "staatliche Sicherheit" falle, die Eingriffe in die Privatsphäre der Bürger rechtfertigen solle.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 10. Oktober 2013: BVerfG zu Beobachtung von Ramelow – Facebook-Fanpage für Unternehmen – Grauzone Betriebsratsgehälter . In: Legal Tribune Online, 10.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9772/ (abgerufen am: 06.05.2024 )

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