Die juristische Presseschau vom 8. - 10. August 2015: Wei­sungs­recht oder un­ab­hän­gi­ge Justiz – Win­nen­den-Va­ter muss zahlen – Qua­li­fi­zier­te Lei­

10.08.2015

Mit einem Volksentscheid soll eine Gerichtsreform rückgängig gemacht werden. Außerdem in der Presseschau: Vater des Winnenden-Amokläufers muss zahlen, Streit um "bekömmliches Bier" und Drogendealer, die sich gegenseitig anzeigen.

Thema des Tages

Weisungsrecht/Unabhängigkeit der Justiz: Damit jeder in der durch die "Netzpolitik.org"-Affäre entflammten Diskussion mitreden kann, fasst lto.de (Anne-Christine Herr) die rechtlichen Grundlagen und die Argumente pro und contra externes Weisungsrecht in Stichpunkten zusammen.

Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Oberstaatsanwalt Christoph Frank, spricht sich im Interview mit spiegel.de (Dietmar Hipp) für die Abschaffung des Weisungsrechts aus, welches mit Unionsrecht in Konflikt stehe. Mit ihrem Eingreifen verhindere die Politik letztlich die Weiterentwicklung der Rechtsprechung "in solchen Fällen". Im konkreten Fall habe es eine Weisung gegeben, denn diese müsse nicht schriftlich erfolgen und eine Vereinbarung – oder das Beharren auf ihr – geschehe nicht im hierarchiefreien Raum. Die Weisung ein Beweismittel auszutauschen sei umso bemerkenswerter, als es bisher Usus gewesen sei jedenfalls nicht in einzelne Ermittlungsschritte "hineinzuregieren".

Rechtsprofessor Christoph Möllers spricht sich auf verfassungsblog.de gegen unabhängige Ermittlungsorgane und einen "unkontrollierten, sich selbst ergänzenden Justizkorporatismus" aus. Das Weisungsrecht sei als Kontrollmechanismus zwischen den Staatsgewalten rechtsstaatlich erforderlich und keinesfalls unionsrechtswidrig. Möllers betont die möglicherweise weitreichenden Konsequenzen gerade von Ermittlungen wegen Staatsschutzdelikten, weshalb für sie das Opportunitätsprinzip gelte. Rechtswissenschaftler George Andoor spricht sich auf lto.de ebenfalls für die Beibehaltung des Weisungsrechts aus.

Christian Rath (Badische Zeitung) glaubt, dass eine Abschaffung des politischen Weisungsrechts wenig ändern würde. Zum einen seien die Staatsanwälte immer noch von ihren Vorgesetzten abhängig, zum anderen seien ministerielle Weisungen in der Praxis selten, denn die Steuerung geschehe subtiler. Die WamS (Per Hinrichts u.a.) befasst sich mit solcher Steuerung durch "'Dienstbesprechung', 'Prüfbitte', 'Empfehlung' oder 'Vereinbarung'", die als versteckte und intransparente Nutzung des Weisungsrechts kritisiert werde. Staatsanwälte sähen sich immer wieder Einwirkungen ausgesetzt, bei welchen es Politiker scheuten, die Verantwortung mit einer Weisung auf Papier nachweisbar zu übernehmen.

Rechtspolitik

Volksentscheid zur Justizreform: Am 6. September steht in Mecklenburg-Vorpommern der Volksentscheid an, mit dem die Rückgängigmachung der überwiegend bereits umgesetzten Gerichtsreform erzwungen werden soll. Volksentscheide sind in Mecklenburg-Vorpommern verbindlich. Die Montags-FAZ (Frank Pergande) beschreibt grob die Reform, wie es zu dem Volksentscheid kam und wie schwer es wohl sein wird, das Quorum zu erreichen, falls nicht das Bedürfnis, Unmut über die Regierung auszudrücken, die Bürger an die Urnen treiben sollte.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. - 10. August 2015: Weisungsrecht oder unabhängige Justiz – Winnenden-Vater muss zahlen – Qualifizierte Lei . In: Legal Tribune Online, 10.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16550/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

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