Die juristische Presseschau vom 8. Juni 2016: Pech­stein ver­liert beim BGH / Trubel im NSU-Pro­zess / Papagei als Zeuge

08.06.2016

Schiedsvereinbarungen im Spitzensport sind unbedenklich, die nationalen Gerichte unzuständig, so der BGH. Außerdem in der Presseschau: Streit und Erinnerungslücken im NSU-Prozess – und in den USA könnte ein Papagei als Zeuge aussagen.

Thema des Tages

BGH zu Claudia Pechstein: Streitigkeiten um internationale Sportwettkämpfe werden weiterhin vor dem internationalen Sportschiedsgericht (Court of Arbitration for Sport, CAS) verhandelt und nicht vor den ordentlichen Gerichten – das entschied der Bundesgerichtshof und wies die Klage von Einsschnellläuferin Claudia Pechstein als unzulässig ab. Die Sportlerin war wegen Dopingvorwürfen bei der Weltmeisterschaft 2009 für zwei Jahre gesperrt worden und verlangte deshalb Schadensersatz von der International Skating Union (ISU), die die Sperre verhängt hatte. Vor dem CAS blieb sie mit ihrem Anliegen erfolglos und klagte daraufhin vor den deutschen Gerichten, weil sie die Schiedsvereinbarung für unwirksam hielt: Weil eine Wettkampfteilnahme nur bei Zustimmung zu der Vereinbarung möglich war, sei sie zu dieser gezwungen worden. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs urteilte nun, dass die ISU mit dem Verlangen einer Schiedsvereinbarung nicht eine marktbeherrschende Stellung missbraucht habe. Auch die Auswahl der Schiedsrichter sei nicht zu beanstanden. Es berichten die FAZ (Christoph Becker), die FR (Ursula Knapp) und swr.de (Klaus Hempel).

Reinhard Müller (FAZ) begrüßt, dass mit dem Urteil die Schiedsgerichtsbarkeit gestärkt wird. Christian Rath (BadZ) hält zwar Verbesserungen am CAS für wünschenswert, nicht aber, dass den Nationalstaaten die internationale Sportgerichtsbarkeit obliegt – dies würde im Chaos enden. Auch Rechtsprofessor Jens Adolphsen hält es auf lto.de für richtig,  dass der BGH eine Nationalisierung im globalen Sport verhindert habe. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Johanna Croon-Gestefeld bedauert hingegen auf verfassungsblog.de, dass die Karlsruher Richter die Möglichkeit nicht genutzt hätten, "die ungleichen Machtstrukturen im professionellen Sport einer effektiven und unabhängigen Kontrolle zu unterziehen und die weitreichende Macht der Sportverbände zu begrenzen."

 

Rechtspolitik

BND-Reform/Anti-Terror-Paket: Auch zeit.de (Kai Biermann) schreibt nun über den "Entwurf eines Gesetzes zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes", den er in Zusammenhang mit dem am 1. Juni vom Bundeskabinett beschlossenen sogenannten Anti-Terror-Paket stellt. Die nach den Enthüllungen durch Edward Snowdon vielfach geforderte verbesserte Kontrolle der Geheimdienste und Beschränkung der Zusammenarbeit mit fremden Diensten werde keineswegs vorgesehen, im Gegenteil seien die Entwürfe "niederschmetternd". Befugnisse würden massiv ausgeweitet, bisher umstrittene Methoden weitreichend erlaubt.

Hasskommentare im Internet: Die FAZ (Hendrik Wieduwilt) beschäftigt sich mit der rechtlichen Zulässigkeit von "Verhaltenskodexen" für Social-Media Anbieter, die diese zu vermehrtem Einschreiten bei hetzerischen Beiträgen bringen sollen. Derartige Vorschläge wurden sowohl jüngst von der EU-Kommission als auch zuvor vom Bundesjustizministerium gemacht. Kritisiert wird, dass damit private Unternehmen zur Rechtsdurchsetzung eingeplant würden und eine weitreichende Macht über die Auswahl von Beiträgen bekämen.

§ 103 StGB: Die Ausschüsse des Bundesrates haben sich für eine Streichung des § 103 Strafgesetzbuch (StGB) ausgesprochen, wonach die "Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten" gesondert unter Strafe gestellt wird. Sie empfohlen dem Plenum, den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag einzubringen. Hierüber wird am 17. Juni 2016 entschieden werden, meldet lto.de.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. Juni 2016: Pechstein verliert beim BGH / Trubel im NSU-Prozess / Papagei als Zeuge . In: Legal Tribune Online, 08.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19567/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

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