Die juristische Presseschau vom 4. März 2016: NPD ver­bieten? / Super­per­sön­lich­keits­rechts­ver­let­zung / Sup­reme Court zu Abt­rei­bung

04.03.2016

Ist die NPD zu klein und unbedeutend, um verboten zu werden? Außerdem in der Presseschau: Superpersönlichkeitsrechtsverletzung Helmut Kohls, Supreme Court zu Abtreibungskliniken und zweideutiger Straßenname in Köln.

Thema des Tages

BVerfG – NPD-Verbot: Am dritten Verhandlungstag des NPD-Verbotsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht äußerten sich Vertreter der Partei zu besonders fragwürdigen Bestandteilen des Programms der NPD und ihrer Ziele. Daneben gaben Vertreter des Bundesrats ihre Einschätzung zur Gefährlichkeit der Partei ab. Es berichten u.a. SZ (Wolfgang Janisch), FAZ (Helene Bubrowski) und taz (Christian Rath). Die Berichte stimmen überein, dass der von der NPD vertretene, biologistisch zu verstehende Begriff von der Volksgemeinschaft offensichtlich im Widerspruch zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht. Nachfragen des Gerichts zur tatsächlichen Wirkungsmacht der Partei ließen jedoch zweifeln, ob die Richter tatsächlich annehmen, dass sie darauf "ausgehe", diese freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen, wie von Artikel 21 Grundgesetz formuliert. Diese Einschätzung teilt spiegel.de (Christina Hebel) in einer Zwischenbilanz des Verfahrens. tagesschau.de (Gigi Deppe) sieht dagegen in einer Analyse "gute Gründe" für ein Verbot und hofft gleichzeitig, dass vom Gericht strenge Maßstäbe gesetzt werden, die verhindern, dass "Parteiverbote nicht Mode werden".

Heribert Prantl (SZ) kommentiert, dass es "gut, wichtig und richtig" wäre, die NPD zu verbieten. Denn beinhalte das grundgesetzliche Parteienverbot ein "präventive Komponente", nach der nicht zugewartet werden müsse, ehe eine verfassungswidrige Partei "in fünf oder zehn Landtagen sitzt oder im Bundestag". Heinrich Wefing (zeit.de) sieht dagegen für jedes Parteiverbot "nur schlechte Gründe". Die Verhandlungstage in Karlsruhe hätten eine Begründung dafür, dass "der demokratische Rechtsstaat ausnahmsweise gegen seine fundamentalen Prinzipien verstoßen soll", nicht erbracht. Orientiere man sich zur Begründung eines Verbots einzig auf die rassistische Programmatik der Partei, dann drohe das Instrument des Parteiverbots "zu einer höchstrichterlichen Programmkontrolle, zu einer Gewissensprüfung für Parteien" zu werden.

Rechtspolitik

Sozialdumping: EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen will in der kommenden Woche eine Reform der Entsenderichtlinie vorstellen. Kernpunkt des der FAZ (Hendrick Kafsack) vorliegenden Entwurfs ist eine Regelung, nach der vorwiegend aus Osteuropa entsandte Arbeitnehmer nach zwei Jahren einheimischen Arbeitskräften gleichgestellt werden müssen. Die Reform bezwecke die Bekämpfung des vor allem von Gewerkschaften kritisierten sogenannten Sozialdumpings.

Ausweisungsrecht: Die nach den Silvesterübergriffen von Köln diskutierten Verschärfungen des Ausweisungsrechts unterziehen die Rechtswissenschaftler Carsten Hörich und Marcus Bergmann auf verfassungsblog.de einer ausführlichen kritischen Würdigung. Im Ergebnis werten die Autoren die Reform als "gesetzgeberischen Schnellschuss", durch den "das Strafrecht in die Rolle eines Steuerungsinstruments im Rahmen des Migrationsrechts gedrängt" werde.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 4. März 2016: NPD verbieten? / Superpersönlichkeitsrechtsverletzung / Supreme Court zu Abtreibung . In: Legal Tribune Online, 04.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18694/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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