Die juristische Presseschau vom 2. August 2013: Papier-Interview - Luxusgefängnis - Legalisierung von Cannabis

02.08.2013

Weitere Themen – Recht in der Welt

Italien – Berlusconi: Der Oberste Gerichtshof Italiens hat zwei unterinstanzliche Verurteilungen Silvio Berlusconis wegen Steuerbetrugs im Zusammenhang mit dem von ihm kontrollierten Medienunternehmen bestätigt. Der frühere Ministerpräsident ist damit trotz einer Vielzahl von Prozessen in den letzten Jahren zum ersten Mal rechtskräftig verurteilt worden. Wie die FAZ (Tobias Piller) schreibt, erwartet Berlusconi wegen allgemeiner Strafnachlässe von den nun bestätigten vier Jahren nur ein Jahr Haft, wegen seines Alters könne er diese zudem in Hausarrest verbringen. Nicht bestätigt wurde indes die Strafe zur Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, einschließlich des passiven Wahlrechts, hierüber müsse erneut verhandelt werden.

Uruguay – Cannabis-Legalisierung: Einem Bericht der FAZ zufolge plant Uruguay die weitgehende Legalisierung von Cannabis. Das Abgeordnetenhaus stimmte für eine Vorlage, die den Kauf von bis zu 40 Gramm pro Monat sowie auch den Anbau, beides unter staatlicher Kontrolle und Regulierung, legalisiert.

Peter Burghardt (SZ) begrüßt das Experiment als "längst überfällige Revolution." Die repressive Drogenpolitik sei "katastrophal gescheitert", der "Krieg gegen den Stoff verloren." Drogenbosse leisteten sich Privatheere, die zu multinationalen Konzernen geworden seien und staatliche Institutionen auf dem amerikanischen Kontinent korrumpierten. Bernd Pickert (taz) nennt das Vorhaben einen "überfälligen Paradigmenwechsel." Tatsächlich müsse man die "Verbotsverfechter" mutig nennen. "Ohne auch nur einen begründeten Hinweis darauf, dass die Prohibition gesundheitspolitische, gesellschaftliche oder überhaupt sinnvolle Ziele" erreiche, beharrten diese auf ihrer Meinung.

USA – Urteil gegen Vergewaltiger: Ariel Castro, der in Cleveland/USA drei Frauen entführte und sie in seinem Haus über mehrere Jahre festhielt und aufs schwerste misshandelte, ist zu lebenslanger Haft ohne Aussicht auf vorzeitige Entlassung verurteilt worden. Die FAZ (Matthias Rüb) schreibt, dass Castro sich bei seinen Opfern entschuldigte und selbst für schuldig erklärte. Hierdurch sei er der Todesstrafe entgangen.

USA – Patrick Leahy: Die FAZ (Matthias Rüb) porträtiert den Vorsitzenden des Justizausschusses des US-amerikanischen Senats, Patrick Leahy. Der als linksliberal geltende Senator habe bereits kurz nach Verabschiedung des Patriot Acts von 2001 die Wahrung bürgerlicher Grund- und Freiheitsrechte angemahnt, sei als früher Unterstützer des heutigen Präsidenten Obama gegenüber den von diesem angeordneten Überwachungsmaßnahmen aber weniger kritisch gewesen. Bei der Untersuchung der Sicherheitslücke, die dem Whistleblower Edward Snowden Zugang zu den geheimsten Dokumenten des NSA-Geheimdienstes gestattete, laufe Leahy jedoch wieder zu Höchstform auf.

Sonstiges

Luxus-Gefängnis: Im kalifornischen Fremont (USA) können sich Untersuchungshäftlinge und Kleinkriminelle gegen eine Gebühr von 155 Dollar pro Nacht eine von anderen Häftlingen getrennte Unterkunft erkaufen. Ausgehend von einem tagesschau.de-Bericht über diese innovative Methode des Strafvollzugs untersucht lto.de (Caudia Kornmeier), ob auch in Deutschland vergleichbare Unterbringungs-Differenzierungen denkbar wären. Das Fazit eines zu Rate gezogenen Experten: Rechtlich nicht, praktisch wohl schon. Denn es gebe "erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern und auch den einzelnen Anstalten, was Ausstattung, Räume, Personal und Regime betrifft."

Absurde Verträge: Die SZ (Jan Fürchtjohann) interviewt in ihrem Feuilleton den Junior-Rechtsprofessor Maximilian Becker zu dessen jüngst veröffentlichter Dissertation über "Absurde Verträge". Obwohl die Rechtslage eindeutig sei – bei Unmöglichkeit der vereinbarten Leistung entfallen sowohl der Anspruch auf diese als auch die Bezahlung – stecke der Teufel im Detail. Denn der rechtlich anerkannte Maßstab der Unmöglichkeit sei die Naturwissenschaft, was zu einem Problem werde, wenn Vertragspartner esoterischen Vorstellungen anhingen. Auch habe der Bundesgerichtshof 2011 entschieden, dass der Kunde einer Kartenlegerin den vereinbarten Lohn zahlen müsse, weil er bereits vor Vertragsabschluss gewusst hätte, das Kartenlesen unmöglich ist.

Menschenrechte: Die Welt (Cigdem Toprak) interviewt den Schriftsteller und Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff zu seiner Rolle als Prozessbeobachter in dem in Istanbul eröffneten Verfahren gegen Dogan Akhanli. Dem türkischstämmigen deutschen Schriftsteller wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und die Beteiligung an einem Raubüberfall vorgeworfen, das Gericht hat einen internationale Haftbefehl gegen ihn erlassen. Wallraff hält das Verfahren für einen "politischen Schauprozess" und betont, dass es sich bei der Verletzung von Menschenrechten um öffentliche Belange handele, bei denen nationale Grenzen keine Rolle spielten. Deshalb sei auch die Beobachtung des NSU-Prozesses durch türkische Medien richtig.

Das Letzte zum Schluss

Gangsta Rap: Der Berliner Rapper Bushido befindet sich derzeit wegen verbaler Ausfälle in einen Songs im Visier der Staatsanwaltschaft. Ein US-amerikanischer Kollege mit dem Künstlernamen Twain Gotti ist schon ein Stück weiter: Weil er sich in einem Lied mit Täterwissen zu einem vor sechs Jahren verübten Doppelmord brüstete, wurde er jetzt festgenommen. Wie spiegel.de (wit) schreibt, hatten die Ermittler den Fall längst zu den Akten gelegt, als Hinweise von Zeugen sie auf die Spur des Rappers brachten.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mpi

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 2. August 2013: Papier-Interview - Luxusgefängnis - Legalisierung von Cannabis . In: Legal Tribune Online, 02.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9272/ (abgerufen am: 30.04.2024 )

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