Die juristische Presseschau vom 28. Januar 2015: Reform des Vergewaltigungsparagrafen – BVerfG rügt BGH - Prozess gegen Auschwitz-Buchhalter

28.01.2015

Deutsche Juristen und Politiker diskutieren über viele Reformpläne: eine Neufassung der Sexualdelikte, die Erbschaftsteuer, den Verfassungsschutz. Es wird wohl auch ein Gesetz gegen Korruption geben. Und die EU will mit allen Mitteln gegen Terrorismus vorgehen. Außerdem berichtet eine Zeugin im Prozess gegen den bestechlichen Richter, er habe ihr Hilfe beim Examen gegen sexuelle Handlungen angeboten.

Thema des Tages

Vergewaltigung: Im Rechtsausschuss des Bundestages findet heute eine öffentliche Anhörung zur Umsetzung der Istanbul-Konvention und zur Reform des Vergewaltigungsparagrafen statt. Die SZ (Ulrike Heidenreich) und die taz (Alina Leimbach) berichten über die Stellungnahmen von Rechtsexperten und Verbänden und deren Kritik an der aktuellen Gesetzeslage. Problematisch sei insbesondere, dass eindeutig abgelehnte sexuelle Handlungen straflos blieben, wenn die engen gesetzlichen Voraussetzungen einer Vergewaltigung fehlen (Anwendung von Gewalt oder qualifizierte Drohung oder Ausnutzen einer schutzlosen Lage). Allenfalls geringfügige Strafen wegen einfacher Nötigung kämen in diesen Fällen in Betracht. Professorin Tatjana Hörnle habe deshalb eine neue Formulierung des Paragrafen vorgeschlagen: "Wer gegen den erklärten Willen einer anderen Person oder unter Umständen, in denen fehlende Zustimmung offensichtlich ist, sexuelle Handlungen an dieser vornimmt (...) oder an sich vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung einer sexuellen Handlung an oder mit einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren bestraft."

Die taz führt zudem ein Interview mit der Referentin des Bundesverbands Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe, die neben der Gesetzeslage die enge Auslegung des Paragrafen durch die Rechtsprechung kritisiert.

Kinderrechte: Vor dem Hintergrund des getöteten Kindes aus Lenzkirch erläutert die Badische Zeitung (Christian Rath) ausführlich die Diskussion zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Es gehe vor allem um eine symbolische Grundgesetzänderung. Wohl nur Famlienministerin Schwesig (SPD) wolle die Eingriffsmöglichkeiten des Staates in Familien erleichtern. In einem zweiten Beitrag erläutert die Badische Zeitung (Christian Rath) die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Elternrecht. Nach dem BVerfG wären im Lenzkirch-Fall die Voraussetzungen für das Eingreifen des Jugendamtes erfüllt gewesen. Die Verfassungsrichterin Gabriele Britz habe inzwischen darauf hingewiesen, dass es 2014 am Bundesverfassungsgericht keine ungewöhnliche Häufung elternfreundlicher Urteile gab.

Rechtspolitik

Erbschaftsteuer: Die Rechtsanwälte Frank Hannes und Christian von Oertzen diskutieren in der FAZ den Entwurf zur Reform der Erbschaftsteuer. Diese ist seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts notwendig geworden, das die erbschaftsteuerrechtliche  Befreiung des Erwerbs von Firmenvermögen für verfassungswidrig erklärt hatte. Die Anwälte stellen die Argumentation und den Vorschlag des Gerichts zur verfassungskonformen Ausgestaltung der Erbschaftsteuer dar und empfehlen unter andrem die Einführung einer steuerrechtlichen Höchstfördergrenze.

Korruption: Den vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur stärkeren Verfolgung von Korruption erläutert nun auch die FAZ (Joachim Jahn). Die Novelle diene der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben, betreffe unter anderem die Bestechung im Geschäftsverkehr, den Tatbestand der Geldwäsche und die Aufnahme eines neuen Paragrafen "Bestechung ausländischer und internationaler Amtsträger".

Fluggastdaten: Nach Informationen der SZ (Javier Cáceres) hat die EU-Kommission in einem Protokoll zur Orientierungsdebatte über die "Europäische Sicherheitsagenda" festgehalten, dass der überarbeitete Regelungsvorschlag zur Speicherung von Fluggastdaten einige datenschutzrechtliche Zugeständnisse enthalten soll. So soll der Zweck der Sammlung auf die Bekämpfung von "Terror- und schweren grenzüberschreitenden Straftaten" beschränkt werden. Die anlasslose und unbegrenzte Speicherung der Daten werde allerdings beibehalten.

Terrorismus: Die FAZ (Michael Stabenow) stellt aktuelle Gesetzvorhaben und Forderungen auf EU-Ebene zur Bekämpfung des Terrorismus dar. Die EU-Finanzminister würden auf eine rasche Verabschiedung einer EU-Richtlinie gegen Geldwäsche drängen, mit der die Terrorismusfinanzierung bekämpft werden soll. Die Fraktion der Europäischen Volkspartei soll ihre Vorschläge am heutigen Mittwoch vorstellen. Sie fordere eine stärkere Erfassung der Finanzströme, die Bekämpfung "terroristischer Propaganda" in sozialen Netzwerken und eine isolierte Unterbringung von extremistischen Häftlingen. Daneben bekräftige sie ihre Forderung nach einer Regelung der Vorratsdatenspeicherung und der Erfassung von Fluggastdaten.

Verfassungsschutzreform: spiegel.de (Jörg Diehl) berichtet von den Gesetzentwürfen des Innen- und Justizministeriums zur Neuordnung des V-Mann-Systems der Nachrichtedienste. Vorgeschlagen werde eine Generalermächtigung oder ein Katalog mit zulässigen Straftaten, die V-Leute bei ihrem Einsatz begehen dürfen sollen. In Thüringen sei gar die Abschaffung des V-Mann-Wesens geplant. Das Positionspapier des SPD-Abgeordneten  Burkhard Lischka sehe zudem die  Kontrolle der Spitzel durch die G-10-Kommission im Bundestag vor, meldet die taz.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. Januar 2015: Reform des Vergewaltigungsparagrafen – BVerfG rügt BGH - Prozess gegen Auschwitz-Buchhalter . In: Legal Tribune Online, 28.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14501/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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