Die juristische Presseschau vom 21. Oktober 2015: "KZs sind leider außer Betrieb" – neues EU-Wahl­recht - Poli­zei­ge­walt in der Türkei

21.10.2015

Ist die Äußerung Pirinçcis auf der Pegida-Kundgebung Volksverhetzung? Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Außerdem in der Presseschau: Verhandlungen über neues europäisches Wahlrecht und EGMR verurteilt die Türkei wegen Polizeigewalt.

Thema des Tages

StA Dresden – KZ-Bemerkung: Auf der Pegida-Kundgebung hetzte der deutsch-türkische Autor Akif Pirinçci gegen Politiker und Muslime. "Es gäbe natürlich andere Alternativen, aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb," hatte Pirinçci mit Blick auf deutsche Politiker gesagt. Nun prüft die Staatsanwaltschaft Dresden den Verdacht der Volksverhetzung. Dies melden unter anderem zeit.de, das Handelsblatt (Donata Riedel) und die Welt (Matthias Kamann – Onlinefassung). Die taz (Christian Rath) erläutert darüber hinaus den Straftatbestand der Volksverhetzung und beurteilt die Aussage Pirinçcis rechtlich. Über den allgemeinen Ablauf der Pegida-Demonstration und zu den Hintergründen der Bewegung schreibt außerdem die FAZ (Stefan Locke).

Tanjev Schultz (SZ) vergleicht die politische Kultur von Pegida mit der "Broken-Windows-Theorie" aus der Kriminologie. Er fordert, dass die Polizei härter gegen rechtsradikale Straftäter vorgehe, "sonst werden diese die politische Kultur nach Belieben demolieren." "Im Kampf [gegen den alltäglichen Neonazi-Terror] erweist sich der Staat seit Jahren als schwach und verzagt." Reinhard Müller (FAZ) fordert, dass "Bürger wie Politik […] sich auf die Seite der Schwachen stellen, alle Staatsgewalten gegen Unrecht vorgehen und das Recht wahren [müssen]." Nicht jede scharfe Stimme gegen die Flüchtlingspolitik der großen Koalition dürfe jedoch als rechtsextrem gebrandmarkt werden. Der Staat gerate angesichts der Flüchtlingszahlen an seine Grenzen; es sei sogar von einem Kontrollverlust die Rede.

Rechtspolitik

EU-Wahlrecht: Wie die SZ (Wolfgang Janisch/Thomas Kirchner) berichtet, soll das europäische Wahlrecht geändert werden, um so das Parlament durch stabile Mehrheiten und große Fraktionen funktionsfähiger zu machen und Splitterparteien mit einzelnen Abgeordneten zu verhindern. Dazu soll europaweit eine Sperrklausel von drei bis fünf Prozent eingeführt werden. Des Weiteren soll das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden, die Listen, um die Chancengleichheit zu erhöhen, sollen nach dem "Reißverschluss"-Verfahren abwechselnd mit männlichen und weiblichen Kandidaten besetzt werden und das Logo der europäischen Partei, der ein Kandidat angehört, soll auf den Plakaten so groß sein wie das seiner nationalen Partei.

Eingetragene Partnerschaften: Die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Juana Remus und Valérie Suhr zeichnen auf juwiss.de die politische Diskussion zur gleichgeschlechtlichen Ehe nach. Anlass ist die Debatte im Bundestag vom letzten Donnerstag zum "Gesetzentwurf zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner". Verfassungsrechtliche Probleme bei einer Gleichstellung zur Ehe, welche gerade nicht verhandelt wurde, sehen die Autorinnen nicht, vielmehr sei diese verfassungsrechtlich geboten. Besonders diskriminierend sei die derzeitige Situation für gleichgeschlechtliche Lebenspartner mit Kinderwunsch.

Ehegattensplitting: Die SPD wagt einen neuen Vorstoß das Ehegattensplitting abzuschaffen: "Das Ein-Ernährer-Modell mit der hinzuverdienenden Partnerin ist nicht mehr der Maßstab für die Mehrheit." Die taz (Ulrich Schulte) erklärt wie das Splitting steuerrechtlich funktioniert und zeigt die gegensätzlichen Positionen von SPD, Union, Grünen und Linken auf.

Ulrike Hermann (taz) findet, dass kaum eine Steuersubvention so ungerecht sei: "Sie begünstigt Besserverdiener, während Alleinerziehende leer ausgehen." Das von der SPD vorgeschlagene "Familiensplitting" sei gut, aber nicht neu. Das Ehegattensplitting sei Teil eines Teufelskreises, in den viele Frauen geraten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 21. Oktober 2015: "KZs sind leider außer Betrieb" – neues EU-Wahlrecht - Polizeigewalt in der Türkei . In: Legal Tribune Online, 21.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17283/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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