Die juristische Presseschau vom 17. - 19. Oktober 2015: Asyl­rechts­de­batte – Vor­rats­da­ten­spei­che­rung – neuer NSU-Unter­su­chungs­aus­schuss

19.10.2015

Die Asylrechtsverschärfungen und weitere Maßnahmen werden diskutiert. Außerdem in der Presseschau: Ermittlungen nach Attentat auf Henriette Reker, Verbraucherzentrale klagt gegen Facebook und eine Trunkenheitsfahrt im Livestream.

Thema des Tages

Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz: Die Änderungen zum Asylrecht haben vergangene Woche Bundestag und Bundesrat passiert. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter Tobias Brings und Maximilian Oehl beschäftigen sich im zweiten Teil ihres Beitrags auf juwiss.de mit den verlängerten Aufenthaltspflichten in Erstaufnahmeeinrichtungen, der Verlängerung der Residenzpflicht und den Hürden für Arbeitsmarkt- und Bildungszugang. Im Interview mit der Samtags-taz (Benno Stieber/Peter Unfried) verteidigt der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) das Gesetzespaket als gut und ausgewogen.

Flüchtlingspoltik: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) befürwortet in einem Interview mit der Samstags-FAZ (Berthold Kohler/Klaus-Dieter Frankenberger/Jasper von Altenbockum) unter anderem die Einführung von Transitzonen an den Grenzen nach dem Vorbild des Flughafenverfahrens. Zudem soll die Türkei als sicherer Herkunftsstaat eingestuft werden. Der Bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) will darüber hinaus den Familiennachzug für Flüchtlinge einschränken, wie er im Gespräch mit focus.de (Linda Hinz) verrät. Rupert Scholz (CDU), Staatsrechtler und ehemaliger Verteidigungsminister, erklärt im Focus (focus.de-Zusammenfassung) in zehn Schritten die Vereinbarkeit der Flüchtlingspolitik mit dem Grundgesetz. Transitzonen und Beschränkungen des Familiennachzug hält er für verfassungskonform. Die Junge Union spricht sich für eine Obergrenze für Zuwanderer aus, berichtet die Montags-FAZ (Robert Rossmann).
Ein Einwanderungsgesetz wird von der CDU dagegen nicht mehr in nächster Zukunft angestrebt, meldet der Spiegel (Ralf Neukirch).

Heribert Prantl (Samstags-SZ) erklärt sein Engagement in der Flüchtlingsdebatte und lehnt die aktuellen Maßnahmen zur Abschreckung weiterer Zuwanderung ab: "Flüchtlinge sind keine Pawlowschen Hunde". In einem weiteren Artikel kritisiert Heribert Prantl (Montags-SZ) die geplanten Transitzonen als unpraktikabel und rechtsstaatlich nicht zu rechtfertigen.

Über den EU-Gipfel von vergangenem Donnerstag schreibt die Samstags-FAZ (Günter Bannas). Eine Einigung über einen verbindlichen EU-Verteilungsmechanismus sei nicht erzielt worden, jedoch soll die Grenzschutzagentur Frontex gestärkt werden und das Recht erhalten, in bestimmten Fällen Abschiebungen durchzuführen.

Bedeutung von Staatsgrenzen: Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio befasst sich in einem Gastbeitrag in der WAS mit Staatsgrenzen, Entgrenzung und der Bedeutung von Recht. Wenn das Schengensystem und die Dublin-Verordnung keine wirksame Kontrolle der Einreise garantieren können, müssen sie geändert werden, um den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen und so eine verlässliche Rechtsordnung zu garantieren.

Treffen Bundesregierung und BVerfG: Reinhard Müller (Samstags-FAZ) kommentiert das Treffen zwischen der Bundesregierung und dem Bundesverfassungsgericht von vergangenem Dienstag. Die Bundesregierung habe ausloten wollen, wie weit sie angesichts der Entscheidung des BVerfG zu Asylbewerberleistungen aus dem Jahr 2012 gehen könne.

Rechtspolitik

Vorratsdatenspeicherung: Vergangenen Freitag hat der Bundestag die Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Telekommunikationsanbieter müssen künftig die Verbindungsdaten ihrer Kunden für zehn Wochen, die Standortdaten von Mobiltelefonen für vier Wochen speichern. Ausgenommen sind E-Mails und aufgerufene Internetseiten, bei SMS wird aus technischen Gründen auch der Inhalt gespeichert. Die Samstags-taz (Christian Rath) und die Samstags-FAZ (Eckart Lohse) stellen den Inhalt des Gesetzes dar und geben die Debatte rund um die Einführung wieder. Die Samstags-SZ (Simon Hurtz) beantwortet, welche Folgen das Gesetz für die Bürger hat. zeit.de (Patrick Beuth/Kai Biermann) widerlegt Argumente, mit denen der Eingriffscharakter der Vorratsdatenspeicherung relativiert wird. Gigi Deppe (tagesschau.de) analysiert, warum das Gesetz diesmal vom Bundesverfassungsgericht gebilligt werden könnte.

Geheimdienstkontrolle: Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes Gerhard Schindler bemängelt die parlamentarische Kontrolle seines Geheimdienstes, erläutert der Tsp (Jost Müller-Neuhof). Anstelle der gegenwärtigen Berichtspraxis soll der Bundestag künftig selbst entscheiden, worüber der BND Auskunft zu erteilen hat. Daneben will er Tarnnamen bei Mitarbeitern abschaffen.

StPO-Reform: Wie der Spiegel (Dietmar Hipp) berichtet, fordert der Deutsche Richterbund, diejenigen Vorschläge der Expertenkommission zur StPO-Reform schneller umzusetzen, die den Strafprozess beschleunigen sollen. Dazu gehört die Bündelung von Nebenklägern in Interessensgruppen, die Abschaffung des Richtervorbehalts für Blutentnahmen bei Straßenverkehrsdelikten und die Ausweitung des Strafbefehlsverfahrens.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. - 19. Oktober 2015: Asylrechtsdebatte – Vorratsdatenspeicherung – neuer NSU-Untersuchungsausschuss . In: Legal Tribune Online, 19.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17248/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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