Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. Dezember 2017: Rechts­staats­ver­fahren gegen Polen/Eini­gung auf Geld­wä­sche­richt­linie/rus­si­scher Ex-Minister ver­ur­teilt

18.12.2017

Recht in der Welt

IStGH – Zuständigkeitserweiterung: Wie die Samstags-FAZ (Marlene Grunert) meldet, haben sich die Vertragsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag darauf geeinigt, die Zuständigkeiten des Gerichtes um das Verbrechen der Aggression zu erweitern. Dazu gehören die Invasion und Besetzung eines anderen Staates sowie die Bombardierung und Blockade von Häfen und Küsten, außerdem die Entsendung bewaffneter Banden, heißt es im Artikel. Die Änderungen sollen zum 17. Juli 2018 in Kraft treten, 20 Jahre nach der Gründung des IStGH.

Es werde sich auch künftig kein russischer oder amerikanischer Präsident vor dem IStGH verantworten müssen, meint Reinhard Müller (FAZ). Das Signal sei aber bemerkenswert: Die Mehrheit aller Länder dieser Erde, und nicht zuletzt die Staaten der Europäischen Union, hätten einen weiteren Meilenstein gesetzt auf dem Weg in eine Welt, in der sich kein verbrecherischer Amtsträger mehr hinter der staatlichen Souveränität verstecken könne.

Russland – Ex-Wirtschaftsminister verurteilt: Ein Gericht hat den früheren russischen Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew zu acht Jahren Lagerhaft und einer Geldstrafe von umgerechnet fast zwei Millionen Euro verurteilt. Ihm wurde die Erpressung des Rosneft-Konzerns vorgeworfen. Wie die Samstags-SZ (Julian Hans), Samstags-FAZ (Reinhard Veser) und Samstags-taz (Klaus-Helge Donath) berichten, soll er vom Chef des staatlichen Ölkonzerns die Zahlung von zwei Millionen Euro verlangt haben. Der Prozess wird in der Öffentlichkeit teilweise als Machtdemonstration der politischen Hardliner in der russischen Führung angesehen, heißt es im Artikel der SZ.

Israel – Nachdenken über Todesstrafe für Terroristen: spiegel.de meldet, dass in der israelischen Regierung darüber nachgedacht wird, die Todesstrafe für Terroristen einzuführen. Die Chefs der sechs Regierungsparteien hätten sich bei Beratungen auf eine entsprechende Gesetzesinitiative geeinigt, heißt es in dem Artikel. Bislang kann die Todesstrafe bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit und bei Verrat verhängt werden. Der letzte Straftäter, der danach hingerichtet wurde, war Adolf Eichmann.

Sonstiges

VW-Affäre Verjährung: Die Samstags-FAZ (Hendrik Wieduwilt) weist darauf hin, dass in Kürze die Verjährung der Ansprüche der VW-Kunden wegen der Abgasmanipulationen droht. VW hatte eine Schonfrist bis Ende 2017 eingeräumt. Das kostenfreie Umrüsten der Fahrzeuge werde seit dem Jahreswechsel angeboten, sodass keine Notwendigkeit bestehe, die Regelung auszuweiten, heißt es dazu vom Unternehmen.

Interview mit VorsRiBVerwG Uwe Berlit zum Asylrecht: In einem Gespräch mit juwiss.de (Constantin Hruschka/Tobias Brings-Wiesen) befürchtet der Vorsitzende Richter am Bundesverwaltungsgericht Uwe Berlit, dass sich die derzeitig hohen Verfahrenserledigungen beim Bundesverwaltungsgericht wegen Änderungen des Verfahrensmixes hin zu den komplexeren, in der Bearbeitung aufwändigeren Herkunftsstaaten nicht halten lassen werden. Außerdem spricht er sich erneut für die Einführung einer Tatsachenbewertungskompetenz des Bundesverwaltungsgerichtes aus. Die zwischen den Verwaltungsgerichten und teilweise sogar zwischen verschiedenen Kammern ein und desselben Gerichte unterschiedliche Beurteilung, ob und in welchen Mitgliedstaaten das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen "systemische Mängel" aufweisen, sei ein unter Rechtsschutz- und Qualitätsgesichtspunkten schwer erträglicher Zustand.

Interview mit RA Wolfgang Kaleck zu VW und brasilianischer Militärdiktatur: Die Samstags-taz (Bernd Pickert) hat den Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck zu einer kürzlich vorgelegten Studie über die Verwicklungen des VW-Konzerns in die Aktivitäten der Militärdiktatur in Brasilien von Mitte der 60iger bis Mitte der 80iger Jahre befragt. In der Untersuchung wird festgestellt, dass sich das VW-Management gegenüber der Militärregierung uneingeschränkt loyal verhalten und deren wirtschafts- und innenpolitischen Ziele geteilt habe. Angesicht der Vorwürfe meint Kaleck, dass das Unternehmen, das die Studie selbst in Auftrag gegeben hatte, jetzt proaktiv Entschädigungen anbieten sollte, und zwar sowohl individuelle als auch eine Form von kollektiver Entschädigung.

Juristische Aufarbeitung der G20-Unruhen in Hamburg: Vor wenigen Tage hat die Polizei bundesweit Wohnungen von mutmaßlichen Beteiligten an den G-20-Unruhen durchsucht. Konkret ging es um einen Vorfall am 7. Juli 2017: In der Straße Rondenbarg trafen 150 bis 200 überwiegend schwarz gekleidete Personen auf die Polizei. Nach Polizeiangaben wurden Steine und Böller auf die Beamten geworfen. Wie spiegel.de (Ansgar Siemens) berichtet, leitete die Staatsanwaltschaft in der Folgezeit insgesamt 75 Ermittlungsverfahren wegen schweren Landfriedensbruches gegen Teilnehmer des Zugs ein, unabhängig davon, ob die Beschuldigten selbst Gegenstände warfen oder Gewalt ausübten. Die Staatsanwaltschaft stützt sich dabei auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes, nach der allein die psychische Unterstützung der Teilnehmer strafbar sein kann. Anders sieht das laut dem Bericht der Hamburger Strafverteidiger Gerhard Strate: Solange den Teilnehmern des Zuges persönlich keine Gewalttat nachgewiesen werden könne, "steht der Vorwurf schwerer Landfriedensbruch auf tönernen Füßen", so Strate.

Interview mit DAV-Präsident zum Image des Berufsvereins: lto.de (Pia Lorenz) hat mit dem Präsidenten des Deutschen Anwaltsvereins (DAV), Ulrich Schellenberg, ein Interview geführt, in dem es anlässlich einer aktuellen Umfrage um die Akzeptanz der Berufsorganisation bei den Rechtsanwälten ging. Insgesamt schneidet der DAV danach zwar ganz gut ab, weniger positiv sehen die Rechtsanwälte aber die zahlreichen allgemeinpolitischen Stellungnahmen und eine mangelnde Unterstützung bei der Digitalisierung.

Mehr Ungewissheit wagen: Für mehr Mut zur Ungewissheit auch in der Rechtspolitik plädiert die Montags-FAZ (Helene Bubrowski). Sie stellt das kürzlich erschienene Buch "Gute Strategie – Der Ungewissheit offensiv begegnen", herausgegeben von dem Unternehmensberater Burkhard Schwenker und der Rechtsprofessorin Barbara Dauner-Lieb, vor. Man könne nicht für alle Eventualitäten eine Regelung vorhalten, Ungewissheit verlange nach "Luft zum Atmen". Nur wo Dynamik möglich ist, kann man auf künftige Entwicklungen flexibel reagieren, heißt es im Buch.

Das Letzte zum Schluss

Das Pistolenduell im Recht: Martin Rath widmet sich auf lto.de einer Entscheidung des Reichsgerichtes, die eine Pistolenauseinandersetzung zum Gegenstand hatte. Zwar haben die Kontrahenten den Streit überlebt, einer von Ihnen musste sich jedoch vor Gericht verantworten und wurde wegen "Zweikampfs mit tödlichen Waffen", eine Straftat, die seinerzeit mit Festungshaft zwischen drei Monaten und fünf Jahren geahndet wurde, verurteilt.

"Frohe Weihnachten" – von Ihrer Kanzlei: lto.de (Anja Hall/Tanja Podolski) stellt die nach Ansicht der Redaktion gelungensten anwaltlichen Weihnachtsgrußkarten vor: Darunter die churchillsche Aufforderung, immer einmal mehr aufzustehen als umzufallen, von einer Insolvenzkanzlei über Gedichte mit beiliegendem Glühweingutschein bis hin zum Schneemann zum Selberbasteln.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/pf

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Sie können die tägliche lto-Presseschau im Volltext auch kostenlos als Newsletter abonnieren.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. Dezember 2017: Rechtsstaatsverfahren gegen Polen/Einigung auf Geldscherichtlinie/russischer Ex-Minister verurteilt . In: Legal Tribune Online, 18.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26071/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen