Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. September 2017: Maas für Unter­neh­mens­straf­recht / Pro­zess­auf­takt Abu Walaa / UN-Beauf­tragter zu Deniz Yücel

18.09.2017

Recht in der Welt

EuGH zur Umverteilung von Flüchtlingen: Rechtsprofessor Martin Nettesheim kritisiert auf verfassungsblog.de die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur Flüchtlingsquote. Der Autor meint, dass der EuGH in dem Bemühen, der Politik effizientes und sicherlich auch weithin gefälliges Handeln zu ermöglichen, schwere Legitimationsprobleme hinnehme. Mit der Überlagerung der im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassenen Dublin-Regelungen durch ein anderes System – jenem der "solidarischen" und gleichen Verteilung – hätten die Bemühungen der EU, sich zu einem Verband zu entwickeln, der von der Herrschaft des parlamentarisch gebilligten Rechts getragen werde, einen schweren Rückschritt erlitten.

Spanien – Unabhängigkeitsabstimmung in Katalonien: Rechtsprofessor José Luis Martí zeichnet auf verfassungsblog.de den bisherigen Weg hin zu einer Abstimmung über die katalanische Unabhängigkeit nach. Angesichts der immensen Bedeutung der Abstimmung meint der Autor, dass hier eine deutlich breitere gesellschaftliche Mehrheit erforderlich gewesen wäre. Die nächsten Wochen könnten einen einmaligen Umbruch in der Verfassungsgeschichte bringen, die Welt und insbesondere die europäischen Staaten sollten daher genau hinschauen, was hier passiere.

EGMR – Deniz Yücel: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat einem Bericht der Samstags-Welt (Danie-Dylan Böhmer) zufolge den Antrag des UN-Beauftragten für die Meinungsfreiheit David Kaye angenommen, eine Stellungnahme im Verfahren um die Beschwerde des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel abzugeben. Zuvor hatten bereits der Menschenrechtskommissar des Europarates Nils Muižnieks sowie mehrere internationale Menschenrechtsorganisationen und auch die Bundesregierung angekündigt, Stellung zu nehmen.

Tunesien – Reform im Eherecht: In Tunesien trat vor wenigen Tagen eine Rechtsänderung in Kraft, die es Frauen künftig erlaubt, ihren Ehepartner ohne rechtliche Einschränkung frei zu wählen. Nach einem entsprechenden Bericht der Montags-FAZ (Christian Rößler) war es muslimischen Frauen bisher verboten, nichtmuslimische Männer aus dem Ausland zu heiraten. Bereits Ende Juli hatte dem Beitrag zufolge Tunesien ein Gesetz verabschiedet, das Frauen umfassend vor jeglicher Art von Gewalt schützt.

Juristische Ausbildung

Justizunrecht als Pflichtfach: Die Montags-SZ (Ronen Steinke) berichtet von einer Arbeitsgruppe, die seit einigen Monaten darüber berät, ob das Fach "Deutsches Justizunrecht des 20. Jahrhunderts" künftig zum abprüfbaren Pflichtkanon in der Juristenausbildung gehören soll. Nicht alle Teilnehmer sprachen sich dafür aus, teilweise wurde angesichts des ohnehin bereits umfangreichen Lehr- und Lernstoffes Skepsis geäußert.

Sonstiges

Legal Tech: Constantin Baron van Lijnden meint auf lto.de, dass der technische Fortschritt das Potential habe, die Rechtsberatungsbranche fundamental zu verändern. Legal Tech sei nicht erst in den letzten Jahren entstanden, bereits vor dreißig Jahren gab es Ansätze, von denen der Autor einige beispielhaft erläutert. Angesichts der Zahl der in der Vergangenheit gescheiterten Legal-Tech-Anwendungen warnt er allerdings vor allzu hoch gesteckten Erwartungen.

Whistleblowing: In der FAS beschreibt Rechtsanwalt Norbert Pflüger den arbeitsrechtlichen Rahmen des Whistleblowings. Entschließe sich ein Arbeitnehmer, seinen Arbeitgeber wegen rechtswidrigen Verhaltens anzuzeigen, bewege er sich in einer rechtlichen Unsicherheitszone, was seine eigene arbeitsrechtliche Position betrifft, denn grundsätzlich lasse das deutsche Arbeitsrecht eine Kündigung von Whistleblowern zu.

AGB beim Onlinehandel: Die Montags-FAZ (Marcus Jung) befasst sich mit den Tücken des Kleingedruckten beim Onlinehandel. Kunden würden häufig bedenkenlos den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustimmen, ohne sie auch nur ansatzweise gelesen zu haben. Und wenn Verbraucher dann doch einmal am Computerbildschirm überhaupt zum Lesen kämen, scheiterten viele an den komplizierten, überbordenden Formulierungen.

Legal Tech – "Abfindungsheld": Professor Markus Stoffels (community.beck.de) stellt eine neue Legal-Tech-Plattform unter dem Namen "abfindungsheld.de" vor. Das Angebot richtet sich an Arbeitnehmer, denen gekündigt worden ist. Das Portal bietet betroffenen Arbeitnehmer eine Sofortabfindung von bis zu 25.000 Euro innerhalb von 24 Stunden an. Auf der Internetseite von "abfindungsheld.de" sollen gekündigte Arbeitnehmer schnell und kostenlos testen, ob ihnen eine Abfindung zustehe und wie hoch diese voraussichtlich ausfalle.

Das Letzte zum Schluss

Der Keks des Anstoßes: Wer darf sich mit dem Namen des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz schmücken? Der Keks aus den Bahlsener Werkhallen oder die Souvenirs der gleichnamigen Universität in Hannover? Der Streit ist jetzt beim Landgericht Hamburg angekommen, berichtet lto.de. Stein des Anstoßes ist dem Artikel zufolge vor allem, dass der Souvenirladen der Universität nicht nur Shirts und Hefte mit dem aufgedruckten Hochschul-Logo vertreibt, sondern auch "Leibniz Sekt" oder "Leibniz Tee". Die Bahlsen-Gruppe sieht hier eine Verwechslungsgefahr mit ihrer Marke Leibniz, die sie schon 1897 hatte schützen lassen.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/pf

(Hinweis für Journalisten)  

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. September 2017: Maas für Unternehmensstrafrecht / Prozessauftakt Abu Walaa / UN-Beauftragter zu Deniz Yücel . In: Legal Tribune Online, 18.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24565/ (abgerufen am: 07.05.2024 )

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