Die juristische Presseschau vom 20. September 2016: WhatsApp abmahn­würdig / BND-Gesetz ver­fas­sungs­widrig / Rich­ter­be­stel­lung reform­be­dürftig

20.09.2016

LG Braunschweig – VW-Skandal: Einer der Rechtsvertreter enttäuschter VW-Aktionäre ist Rechtsanwalt Andreas Tilp mit seiner Kanzlei. faz.net (Corinna Budras) porträtiert den Rechtsanwalt, der sich hinsichtlich der Klagen sehr zuversichtlich zeigt. Den Sachstand der Verfahren vor dem LG Braunschweig stellt die FAZ (Christian Müßgens, Henning Peitsmeier) dar. Danach soll es ein Musterverfahren geben, in dem geklärt wird, ob VW die Finanzmärkte rechtzeitig über das Ausmaß der Krise informiert hat. Die SZ (Klaus Ott) widmet sich den Ansprüchen der betroffenen Autokäufer. Mangels der Möglichkeit eines Musterverfahrens sei hier mit langen Verfahren und eher geringen Erfolgsaussichten zu rechnen.

BVerfG – NPD-Verbot: Die FAZ (Reinhard Müller) widmet sich nach den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, bei denen die NPD jeweils deutlich weniger als fünf Prozent Stimmenanteil erhielt, dem Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Möglichweise könnte das Verfahren gerade daran scheitern, dass die Partei mittlerweile in die Bedeutungslosigkeit versunken ist. Denn nach dem Grundgesetz dürfe eine Partei nur verboten werden, wenn sie darauf ausgeht, "die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen".

BGH zum Abstammungsrecht: Die SZ (Wolfgang Janisch) und spiegel.de berichten über ein Verfahren vor dem BGH zum Abstammungsrecht. Der Antragsteller hatte Spermazellen in Kalifornien gespendet und wollte jetzt für die daraus entstandenen Embryonen die Vaterschaft festgestellt haben. Die Karlsruher Richter haben dem Begehren nicht stattgegeben. Vor der Geburt eines Kindes sei nach deutschem Recht eine Vaterschaftsfeststellung nicht möglich.

AG München – Vereinsrecht: Auf lto.de untersucht Notarassessor Dirk-Ulrich Otto die Frage, ob die Entscheidung des AG München, das keinen Widerspruch zwischen einer Vereinseintragung und einer auf Kapitalgesellschaften ausgelagerten wirtschaftlichen Betätigung beim FC Bayern sah, auch auf den ADAC übertragbar ist. Ein entsprechendes Verfahren wird ebenfalls vor dem AG München geführt.

VG Arnsberg – beamtenrechtliche Frauenförderung: lto.de weist auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Arnsberg hin, mit der – wie bereits auch in einem Eilrechtsschutzverfahren vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf geschehen – die im nordrhein-westfälische Landesbeamtengesetz vorgesehene Frauenförderung für verfassungswidrig erklärt wurde. Auch die Arnsberger Richter waren der Auffassung, dem Landesgesetzgeber fehle die entsprechende Gesetzgebungskompetenz.

LG Verden – Paralleljustiz in Sinti-Familie: Die SZ (Alexander Krützfeldt) hat den Prozess gegen eine 19-jährige Sinti beobachtet, der vorgeworfen wurde, ihre Cousine bei einem "familieninternen Duell" in Tötungsabsicht mit dem Messer schwer verletzt zu haben. Die mündliche Verhandlung war geprägt von der Angst der Angeklagten vor den Angehörigen des Opfers und fand deshalb unter starken Sicherheitsmaßnahmen statt.

StA Paderborn – Fall Höxter: Die Staatsanwaltschaft Paderborn will in dieser Woche Anklage gegen Angelika und Wilfried W. wegen Mordes durch Unterlassen erheben. Das Paar soll in seinem Haus in Höxter hunderte Frauen, die es über Kontaktanzeigen kennengelernt hat, gequält haben. Zwei der Opfer starben in der Folgezeit. In einem Interview mit spiegel.de (Hubert Gude, Ansgar Siemens) kündigt der Verteidiger von Wilfried W., Rechtsanwalt Detlef Binder, bereits jetzt an, was sein Mandant im Prozess aussagen wird. Er bezeichnet ihn als "hilflosen großen Mann, der ohne seine Ex-Frau nur beschränkt lebensfähig gewesen wäre".

Besonderes elektronisches Anwaltspostfach: Über die Schwierigkeiten bei der Inbetriebnahme des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches berichtet jetzt auch das Hbl (Heike Anger). Abhilfe will das Bundesjustizministerium schaffen und mit einer Verordnung klarstellen, dass die Bundesrechtsanwaltskammer die Postfächer empfangsbereit einrichten darf. Mehrere Rechtsanwälte hatten sich dagegen gewandt, durch ein empfangsbereit eingerichtetes Postfach mittelbar zur Nutzung desselben gezwungen zu werden.

Richterbestellung: Auf lto.de weist der Rechtslehrende Florian Albrecht darauf hin, dass die Richterbestellung und -beförderung teilweise dem Prinzip der Bestenauslese widerspricht und verfassungswidrig ist. So würden in Bayern beispielsweise Bewerbungen nur angenommen, wenn das Zweite Staatsexamen nicht länger als drei Jahre zurückliege. Berufserfahrenen Juristen sei damit der Weg in die bayerische Justiz von vorneherein verwehrt.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. September 2016: WhatsApp abmahnwürdig / BND-Gesetz verfassungswidrig / Richterbestellung reformbedürftig . In: Legal Tribune Online, 20.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20627/ (abgerufen am: 06.05.2024 )

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