VG Neustadt: Erkennungsdienstliche Behandlung trotz Einstellung des Strafverfahrens

19.12.2011

Wer unter Drogeneinfluss Auto fährt, muss damit rechnen, dass die Polizei von ihm trotz Einstellung des Strafverfahrens Fingerabdrücke nehmen und Fotos machen darf. Wie am Montag bekannt wurde, hat dies das VG Neustadt mit Urteil vom November entschieden.

Aufgrund drogentypischer Ausfallerscheinungen bei einer Verkehrskontrolle führte die Polizei bei einem Autofahrer eine Blutprobe durch. Diese ergab, dass er Cannabis und Kokain konsumiert hatte. Das Ermittlungsverfahren gegen den Fahrer wegen Besitzes und Erwerb von Drogen stellte die Staatsanwaltschaft aber ein, weil eine auf Betäubungsmittel positive Blutprobe nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf strafbaren Besitz oder Erwerb schließen lasse. Es sei von straflosem Konsum auszugehen.

Daraufhin verlangte die Polizeibehörde, dass der Fahrer Fingerabdrücke
abgibt und Lichtbilder anfertigen lässt. Es sei davon auszugehen, dass der Mann sich die Drogen selbst beschafft hat. Da Drogenkonsum typischerweise zu einem Abhängigkeitsverhalten führe, das zu neuer Tatbegehung nahezu zwinge, sei damit zu rechnen, dass er sich auch künftig Drogen besorgen werde.

Das Verwaltungsgericht (VG) wies die Klage des Fahrers gegen die erkennungsdienstliche Behandlung ab (Urteil v. 29. 11. 2011, Az. 5 K 550/11.NW). Zur Begründung führte das Gericht aus, dass nach kriminalistischer Erfahrung von einer gewissen Drogenerfahrenheit des Mannes auszugehen ist. Die Polizei habe daher annehmen können, dass trotz Einstellung des Ermittlungsverfahrens der Kläger ausreichend verdächtig sei, Drogen in strafbarer Weise erworben oder besessen zu haben.

Auch bestehe Wiederholungsgefahr.Bei Drogendelikten sei die Wiederholungsgefahr groß, weil typischerweise der Drogenkonsum zu einem Abhängigkeitsverhalten führe, das die Begehung weiterer Verstöße gegen die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes sehr wahrscheinlich mache. Das gelte vor allem, wenn wie bei dem Kläger objektive Anhaltspunkte für eine weitergehende Involvierung in die Drogenszene bestünden.
Dieser sei seit Jahren drogenerfahren, habe regelmäßig Joints geraucht und sei auf Partys verkehrt,  auf denen Kokain konsumiert worden sei.

cla/LTO-Redaktion

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Zitiervorschlag

VG Neustadt: Erkennungsdienstliche Behandlung trotz Einstellung des Strafverfahrens . In: Legal Tribune Online, 19.12.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5138/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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