Verschleierung in Gerichtssälen: Bayern bringt Bur­ka­verbot in den Bun­desrat ein

21.09.2016

Am Freitag will Justizminister Bausback den Bundesrat über ein Verbot von Vollverschleierung in Gerichtssälen abstimmen lassen. Burka und Niqab erschwerten die Ermittlung der Wahrheit und eine effektive Verhandlungsführung. 

Der bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) wird am kommenden Freitag einen Entschließungsantrag mit dem Titel "Freies Gesicht im rechtsstaatlichen Verfahren" zur Abstimmung stellen. Anders als bei der Debatte um ein allgemeines "Burkaverbot" soll es am Freitag nur darum gehen, gesetzlich zu regeln, dass Verfahrensbeteiligte in Gerichtsverhandlungen ihr Gesicht weder ganz noch teilweise ver-
decken dürfen.

"Burka und Niqab widersprechen nicht nur diametral unserem Verständnis von der Gleichberechtigung von Mann und Frau und von offener Kommunikation - vor Gericht erschweren sie maximal die Ermittlung der Wahrheit und die Durchsetzung von materieller Gerechtigkeit." Ohne einer Zeugin ins Gesicht sehen zu können, sei es den Gerichten regelmäßig nicht möglich, ihre Aussagen umfassend zu würdigen, geschweige denn ihre Identität eindeutig zu klären. 

Aktuell gibt es weder im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) noch in den einzelnen Verfahrensordnungen eine spezifische gesetzliche Regelung dazu, ob Beteiligte ihr Gesicht in Gerichtsverhandlungen verdecken dürfen oder welche Maßnahmen ein Richter ergreifen kann, um das zu verhindern. Zwar dürfe, so der federführende Rechtsausschuss, das Gericht auch nach derzeitiger Rechtslage Verfahrensbeteiligten die Verschleierung bzw. Gesichtsverdeckug im Einzelfall verbieten, das liege in ihrem Ermessen. Stützen könnte man das wohl auf die sitzungspolizeilichen Befugnisse des Vorsitzenden nach § 176 GVG, die er notfalls mit Ordnungsmitteln durchsetzen kann.

Das genügt nicht nur Bausback nicht. Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf hat bereits angekündigt, dem bayerischen Entschließungsantrag zustimmen zu wollen. "Vollverschleierungen sind für mich befremdlich und verstoßen darüber hinaus in eklatanter Weise gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Gerade im gerichtlichen Verfahren hat die Vollverschleierung keinen Platz. Eine Beweisaufnahme im Strafprozess mit einer vollverschleierten Frau halte ich für nicht machbar."

Mit dem Entschließungsantrag legt der Bundesrat seine Position zu einzelnen Themen und Gesetzesvorhaben fest. Die Entschließung stellt eine Aufforderung an die Bundesregierung dar. Rechtlich bindend ist sie jedoch nicht. Auch der Rechtsausschuss befürwortet aber die von Bayern geplante gesetzliche Verankerung. Er will, auch wenn im Interesse der Wahrheitserforschung ein ganz oder teilweise verdecktes Gesicht "in aller Regel" nicht hingenommen werden dürfe, diese allerdings um einen Zusatz ergänzen, der eine Abwägung mit eventuell kollidierenden Grundrechten der Verfahrensbeteiligten, also auch der Religionsfreiheit, möglich macht. 

pl/una/LTO-Redaktion

Mit Materialien von dpa

Zitiervorschlag

Verschleierung in Gerichtssälen: Bayern bringt Burkaverbot in den Bundesrat ein . In: Legal Tribune Online, 21.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20648/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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