Leserbriefe an LTO: Ihre Kom­men­tare in der KW 33

17.08.2018

BMJV-Pläne für günstigeres Wohneigentum: Bestellerprinzip bald auch beim Hauskauf?

Die Immobilienpreise schießen in die Höhe, doch auch die Nebenkosten eines Kaufs machen den Traum vom eigenen Heim oft zunichte. Bundesjustizministerin Barley will deshalb nun das Bestellerprinzip für Maklerkosten auf den Kauf ausweiten.

 

Von: Ronnie Becker

Ich bin nun seit einigen Jahren im Immobilienvermittlungsgeschäft tätig. Die neue Debatte zum Bestellerprinzip halte ich für ein Fass ohne Boden. Warum? Vorerst wird hier der demographische Wandel in keiner Weise in Augenschein genommen. Klar werden die Preise in den Metropolen immer teurer. Weil niemand mehr bereit ist, auch nur mehr als zehn Minuten Arbeitsweg auf sich zu nehmen, wollen alle in die großen Städte. Während hier die Preise utopisch steigen, fallen sie auf dem Land teilweise ins Bodenlose.

Dem Statistik-Portal statista.de nach wurden alleine im Jahr 2017 ca. 237,5 Milliarden EURO in Immobilien investiert. Knapp 67 % davon waren Wohnimmobilien. Nehmen wir einfach mal, das 50 % dieser Immobilien durch Maklerunternehmen vermittelt wurden bei einer durchschnittlichen Provision von 5 %. 1.587.900.000 € x 5 % = 793.950.000 € Provision. Demnach würden für den Staat Umsatzsteuer über ca. 150.850.500 € verloren gehen.

Jetzt ist der Gedanke dieser Debatte aber nun so zu verstehen, dass ja der Verkäufer alleine die Provision zu tragen hätte und es somit zu keinem großartigen Einschnitt kommen kann. Dies zumindest meine Annahme dem Artikel nach. Tatsächlich aber geht der gemeine Verkäufer bereits heute soweit zu sagen, dass er keinen Makler mehr braucht, weil er so ja mehr Gewinn aus seiner Immobilie schlagen kann, indem er diese anpreist mit dem Wortlaut "Keine Maklerprovision, sie sparen 20.000 €!"! Tatsächlich aber schlägt dieser diese 20.000 € eben auf den Verkaufspreis auf, wodurch der Käufer nichts gewonnen hat.

Noch vor nicht allzu langer Zeit wurde über den Sachkundenachweis diskutiert. Ich war zu diesem Zeitpunkt voller Hoffnung, dass damit vielleicht endlich die ganzen schwarzen Scharfe unserer Zunft vom Markt verschwinden und endlich vermehrt seriös gearbeitet werden darf, nein, sogar muss! Aber, da man in dieser neuen Debatte ja wie so oft Vergleiche zu anderen Ländern zieht, wurde hier eine geradezu lächerliche Linie eingeschlagen. 20 Stunden Fortbildung in einer Zeitspanne von 3 Jahren!? Es wird vielmehr Zeit, dass nicht weiterhin Hinz und Kunz zu ihrem hiesigen Gewerbeamt rennen können, um ein Maklergewerbe anzumelden! Qualifizierte Makler, so wie es in allen Bereichen gefordert wird, das wäre mal ein sinnvoller Ansatz!

Der Makler in Deutschland, zumeist selbständig und auf eigenes Risiko agierend, soll nun noch mehr von seinem meist hart erarbeiteten Geld abgeben (die wenigsten sind hier entgegen dem Klischee Porschefahrer!)? Und im Gegenzug spielt jedes Land mit der Grunderwerbssteuer nach Lust und Laune Jonglieren, wie auch mit der Gewerbesteuer? Und, bei dem heutigen Zinsniveau, welches ebenfalls die Regierungen zu verschulden haben durch ihre Misswirtschaft, soll sich niemand mehr etwas leisten können? Unsinn, da wären wir nämlich wieder bei oben genannten Punkt; der Arbeitsweg darf auch mal 30 Minuten länger dauern als der eigene Anspruch es hergibt!

Wie die Kollegen von der IVD und Haus & Grund sich bereits dazu geäußert haben, soll man sich hier seitens der Regierung doch erst einmal Einschnitt eingestehen. Was hier losgetreten wird, zeigt wieder nur, dass man es sich einfach machen möchte, statt sich mal an die eigene Nase zu packen. Sollte diese Debatte zu einem Erfolg führen und das am besten noch ohne jeglichen Kompromiss, dann werden die Preise nicht niedriger, die Käufer keine besseren Chancen haben, eine Immobilie zu erwerben in Berlin-Stadtmitte, viele mittelständige Maklerunternehmen vor die Hunde gehen, wird es zu Steuereinbußen kommen et cetera.

Alles in allem will ich sagen, der Ansatz dieser Debatte ist völlig falsch! Nicht der Markt ist das Problem, sondern der Kunde von heute, welcher stets auf der Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau ist!

Ein seriöser Makler, ein seriöses Maklerunternehmen tut im Bereich Verkauf deutlich mehr für seinen Kunden, als bloß die Türen aufzuschließen. Dies muss ich hier im Einzelnen nicht aufzählen, diese Punkte sind bekannt! Im Hintergrund darf man aber auch nicht vergessen, welche Kosten ein Selbständiger in Deutschland zu tragen hat (Hebesätze von bis zu 490 %, Kranken- und Pflegeversicherung zu vollen Lasten, Vermögenshaftpflichtversicherung und eine 60-80-Stunden-Woche!)!

Ergänzend würde ich mir wünschen, dass man diese ganzen scheinheiligen Portale, welche gerade in den sozialen Medien für Unruhe sorgen, mal genau unter die Lupe nimmt. Diese werben unter anderem mit Slogans wie "Verkaufen Sie mit dem höchstbietenden Makler!". Jeder mit gesundem Menschenverstand müsste hier eigentlich ganz schnell hellhörig werden! Ich würde diese Masche gar als unlauteren Wettbewerb bezeichnen. Wann bitte bietet ein Makler für eine zu verkaufende Immobilie!?

Ich bin gespannt, zu welchem Ergebnis man kommen wird und kann an dieser Stelle bloß hoffen, dass es hier nicht zu einem Schnellschuss kommt und mal wieder ein paar wenige Köpfe in der Regierung dem Ganzen einen Stempel in eigener Sache aufdrücken wollen, ohne dabei die Menschen aus einer der größten und ältesten Branchen des Landes mit einzubeziehen. Ein fairer Kompromiss wäre die Deckelung der Provisionen auf 4%, aufgeteilt auf Verkäufer und Käufer und die bundesweite Anpassung der Grunderwerbssteuer! Und bitte, endlich einen vernünftigen Sachkundenachweis einführen!

Zitiervorschlag

Leserbriefe an LTO: Ihre Kommentare in der KW 33 . In: Legal Tribune Online, 17.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30409/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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