Der Fall Rainer Wendt: Wo ist bloß mein Büro?

von Robert Hotstegs, LL.M.

10.03.2017

2/3: Dienstrecht gilt im Ruhestand weiter

Unabhängig von seinem Status als (noch) aktiver und bald im Ruhestand befindlicher Polizeibeamter greift aber jederzeit das Disziplinarrecht. Denn gerade weil Wendt den Status als Polizeibeamter nicht aufgegeben hat und weil er letzte Woche nicht die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis als Konsequenz beantragte, sondern lediglich seine Versetzung in den Ruhestand, ist er weiterhin dem Dienstrecht in voller Härte ausgesetzt. Zwar gilt auch hier zunächst eine Unschuldsvermutung, die natürlich auch Gewerkschaftsvorsitzenden zuzusprechen ist.

Gleichwohl verdichten sich die Anzeichen dafür, dass es am Ende auch zu einem gerichtlichen Nachspiel und einer erheblichen Sanktion kommen könnte. Schließlich hatte Wendt "seinem Minister" gegenüber Verpflichtungen einzuhalten. Es scheint, als ob er dies vergessen hat.

Dabei darf zunächst außer Acht gelassen werden, dass schon die gesamte Freistellung und die Beibehaltung der Bezüge formell und materiell auf wackeligste Füße gestellt sein dürfte. Nun wurde bekannt, dass der Mann offenbar bei einem Versicherungskonzern und weiteren Unternehmen für Aufsichtsratstätigkeiten entlohnt wurde. Nun denkt auch die Öffentlichkeit vortrefflich darüber nach, ob er nicht daneben auch für jeden seiner legendären TV-Auftritte zwischen 300 und 1.000 Euro erhalten haben dürfte. Dann erschiene am Horizont die gesamte Drohkulisse des Rechts, das früher einmal "Strafdienstrecht" hieß.

Weitere Einkünfte neben der Besoldung

Das durch den Innenminister offenbar lediglich angeregte Disziplinarverfahren war nicht länger zu verhindern. Das Gesetz sagt in § 17 Abs. 1 S. 1 LDG NRW: "Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat die dienstvorgesetzte Stelle ein Disziplinarverfahren einzuleiten und die höhere dienstvorgesetzte Stelle hierüber unverzüglich zu unterrichten."

Schon das Fernbleiben vom Dienst war, egal ob mit oder ohne Billigung des Ministers, geeignet, zureichende Anhaltspunkte für ein Disziplinarvergehen zu liefern. Denn der "faktischen Freistellung" (Jäger) oder dem "speziellen Beschäftigungsverhältnis" (Wendt) könnte geradezu die Rechtswidrigkeit auf die Stirn geschrieben sein. Als ausgebildeter Polizeibeamter musste Wendt wissen, dass es zwar im Beamtenrecht an dem Austausch Arbeitsstunde gegen Stundenlohn fehlt. Dass aber die Alimentation ganz ohne jeden Dienst für das Land NRW gezahlt werden sollte, hätte von vornherein alle Beteiligten stutzig machen müssen.

Hinzu kommen die Fragen nach den weiteren Einkünften neben der Besoldung. War es dem Land stets bekannt, dass und in welcher Höhe die Gewerkschaft Wendt eine Aufwandsentschädigung bzw. ein Gehalt zahlte? Wie lange hat Wendt welche Funktion in welchen Gremien wahrgenommen? Aufsichtsratsmandate sind grundsätzlich anzeigepflichtig, Nebentätigkeiten genehmigungspflichtig.

Zitiervorschlag

Robert Hotstegs, Der Fall Rainer Wendt: Wo ist bloß mein Büro? . In: Legal Tribune Online, 10.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22346/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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