Einpersonengesellschaft / Societas Unius Personae: Vom europäischen Geiste beseelt oder benebelt?

von Carsten Laschet

22.05.2015

2/2: Zentrales Thema: Gründungen werden erleichtert

Von der Erleichterung von Unternehmensgründungen können gerade die von der Wirtschaftskrise am meisten betroffenen südeuropäischen Staaten profitieren. Sie haben bereits eigene Anstrengungen unternommen, um die Gründungskosten bei gleichzeitiger Erhöhung der Gründungsgeschwindigkeit zu senken. Damit soll den Bedürfnissen der KMU Rechnung getragen werden und (jungen) Existenzgründern der Einstieg ins Geschäftsleben in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erleichtert werden. Als Pionier gilt die spanische "empresa 24 horas"; zahlreiche Mitgliedstaaten sind diesem Modell mit eigenen "Blitz"-Gesellschaften gefolgt. Das Beispiel Portugal belegt, dass durch vermehrte Unternehmensgründungen auch die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze erhöht werden konnte.

Angesichts des gezeichneten Zerrbildes der SUP als Hort krimineller Machenschaften ist ein differenzierter Blick gefragt: Es versteht sich von selbst, dass auch bei der Online-Registrierung die Zuverlässigkeit des Handelsregisters gewährleistet sein muss. Diese Bedenken sollten mit der vorgesehenen elektronischen Identifizierung überwindbar sein. Überdies wird bereits in mehr als zehn EU-Mitgliedstaaten die Online-Registrierung bereits jetzt erfolgreich praktiziert. Die Weltbank führt Neuseeland als Spitzenreiter bei Online-Registrierungen an; dort dauert eine Gesellschaftsgründung nur einen halben Tag. Warum Deutschland als führende Wirtschaftsnation mit der Digitalisierung nicht Schritt halten sollte, erschließt sich nicht.

Kapitalanforderung und Gesellschaftssitz

Entsprechend dem allgemeinen Trend der Aufweichung der Mindestkapitalanforderung, beträgt das Mindestkapital der SUP einen Euro, also wie bei der deutschen, haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft (UG). Anders als bei UG ist bei der SUP keine Rücklagenbildung vorgesehen. Der zwingende Gläubigerschutz basiert bei der SUP auf einer Ausschüttungskontrolle. Dazu macht der SUP-Vorschlag Gewinnausschüttungen von einem kombinierten Bilanz- und Solvenztest abhängig. Der Vorschlag ergänzt das Prinzip der bilanziellen Kapitalerhaltung somit um eine zukunftsbezogene Komponente. Auch bei der deutschen GmbH gehört ein Solvenztest zum Pflichtenprogramm des Geschäftsführers § 64 Abs. 3 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG).

Der Vorschlag sieht ferner vor, dass sich der Satzungssitz sowie entweder Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung in der EU befinden muss. Daher kann sich Satzungs- und Verwaltungssitz in verschiedenen Mitgliedstaaten befinden. Unter Mobilitätsgesichtspunkten ist dies zu begrüßen. Im Grundsatz ist eine Entkopplung auch für deutsche Kapitalgesellschaften auf Grundlage der durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) erfolgten Änderungen der §§ 4a GmbH, 5 Aktiengesetz möglich: Es ist möglich, deutsche Kapitalgesellschaften mit faktischem Verwaltungssitz im Ausland zu betreiben; einzig der Satzungssitz muss sich in Deutschland befinden. Dies entspricht schließlich dem Geist unternehmerischer Freiheit in Europa und ist durch den EuGH nahezu vorprogrammiert.

Phantomdebatte um die Mitbestimmung

Die deutsche Mitbestimmung ist von den Standards der Richtlinie nicht betroffen; im Richtlinienvorschlag wird sie mit keiner Silbe erwähnt. Im Grundsatz gilt vielmehr, dass die SUP hierzulande als Handelsgesellschaft und damit als Formkaufmann einzuordnen ist. Abhängig von der Anzahl der Arbeitnehmer ist nach den Vorgaben des Drittelbeteiligungsgesetzes bzw. Mitbestimmungsgesetz ein mitbestimmter Aufsichtsrat zu bilden. Ohnehin sind die maßgeblichen Schwellenwerte von 2000 bzw. 500 Arbeitnehmern bei den Existenzgründern und KMU, die sich der Einpersonengesellschaft SUP bedienen sollen, völlig außer Reichweite.

Abwegig ist, dass ausgerechnet diese Zielgruppe die Mitbestimmung durch das theoretisch mögliche Auseinanderfallen von Satzungs- und Verwaltungssitz umgeht, wo sie doch gar nicht von ihr betroffen ist. Im Übrigen gilt: Wer die Mitbestimmung vermeiden will, braucht dazu die SUP nicht. Denn schon jetzt kann aus einem EU/EWR-weiten Strauß an Rechtsformen gewählt werden. So kann geschützt von der Niederlassungsfreiheit im Wege des grenzüberschreitenden Formwechsels ein passender Mantel ohne Mitbestimmung umgelegt werden. Ganz zu schweigen von der Einsatzmöglichkeit einer Ausländischen Kapitalgesellschaft & Co. KG im Inland.

Die aufkommende Diskussion Richtung Brüssel zeigt: Es kommen die Unkenrufe wieder, die auch die Einführung der europäischen AG begleitet haben. Die Befürchtungen haben sich weitestgehend nicht realisiert. Auch im Unternehmensrecht muss Europa irgendwann wissen, wo es steht. Der Showdown kann beginnen.

Carsten Laschet ist Partner in der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen und Lehrbeauftragter der Rheinischen Fachhochschule.

Zitiervorschlag

Carsten Laschet, Einpersonengesellschaft / Societas Unius Personae: Vom europäischen Geiste beseelt oder benebelt? . In: Legal Tribune Online, 22.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15625/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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