Gerichtsgebäude, davor Aufschrift "Thüringer Verfassungsgerichtshof"
Verfassungsgerichtshof in Weimar

Darf Thüringen ext­reme Bewerber vom Refe­ren­da­riat aus­sch­ließen?

2025 M09 11, Lesedauer: 3 Minuten

Die Thüringer AfD klagt gegen eine Regelung zum Ausschluss von Extremisten aus dem juristischen Vorbereitungsdienst. Das Gericht tut sich mit der Entscheidung schwer, es will sein Urteil im November verkünden.

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof (VerfGH) hat am Mittwoch über einen Normenkontrollantrag der Thüringer AfD gegen eine Regelung zum Ausschluss von Extremisten aus der Juristenausbildung verhandelt. Das Urteil will er am 26. November 2025 verkünden (Az. VerfGH 9/25).

Die Thüringer AfD hat vor dem Gerichtshof ein Normenkontrollverfahren angestrengt. Damit geht sie gegen Regelungen zur Juristenausbildung des Landes vor, wonach Extremisten nicht zum Rechtsreferendariat zugelassen werden sollen. 

Wie sich am Mittwoch abzeichnete, geht es aus Sicht des VerfGH vor allem darum, ob dieser Ausschluss mit dem Recht auf die Berufsfreiheit vereinbar ist. "Das ist der entscheidende Punkt", sagte der Präsident des Gerichts, Klaus von der Weiden, während der mündlichen Verhandlung in Weimar. "Und die Sache ist nicht einfach, muss man eindeutig sagen."

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Ausschluss aus dem Ref gesetzlich geregelt

Die AfD hat den obersten Thüringer Richtern einen Passus aus dem Thüringer Gesetz über die juristischen Staatsprüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle zur Überprüfung vorgelegt. In § 8 des Thüringer Juristenausbildungsgesetzes sind verschiedene Tatbestände geregelt, wann den Nachwuchsjuristen der Zugang zum Referendariat zu versagen ist. Beispielsweise ist das der Fall, wenn sie bereits zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sind oder in einem anderen Bundesland die Prüfungen des Zweiten Staatsexamens endgültig nicht bestanden haben. 

Dieses Gesetzes regelt jedoch auch in § 8 Abs. 1 Nr. 3, dass Bewerbern die Zulassung zum Vorbereitungsdienst zu verwehren ist, wenn sie "gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes tätig sind." Genau um diese Norm geht es.

Wie Gerichtspräsident von der Weiten sagte, habe es eine vergleichbare Regelung in der Vergangenheit bereits in einer Prüfungsordnung für den juristischen Vorbereitungsdienst gegeben. Nach dieser Regelung waren Personen vom juristischen Vorbereitungsdienst auszuschließen, die "aktiv" gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung tätig sind. Im Juristenausbildungsgesetz des Landes ist das jetzt noch einmal ausdrücklich verankert worden, nachdem einige Bundesländer Probleme hatten, extremistische Referendare aus dem Referendariat zu werfen.

Gericht hat nur Bedenken wegen der Berufsfreiheit

Die AfD-Fraktion hält diese spezielle Ausschlussregelung in dem vom Landtag verabschiedeten Gesetz für verfassungswidrig. Ihr Rechtsvertreter Michael Elicker argumentiert, die Regelung verstoße gegen eine Vielzahl von Grundrechten und weitere grundgesetzlich verbürgte Rechte: Es schränke unter anderem die Berufsfreiheit von Menschen unzulässig ein, ebenso ihre Meinungsfreiheit, sie verstoße gegen das Diskriminierungsverbot und auch gegen das Recht von Parteien auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb. Der VerfGH ließ am Mittwoch durchblicken, dass er das Meiste davon nicht für plausibel hält, allerdings ziemliche Bedenken hat, was einen möglichen Verstoß gegen die Berufsfreiheit angeht.

Das liegt nahe: Für Nachwuchsjuristen ist die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst nämlich entscheidend, wenn sie Volljuristen werden wollen. Erst nach dem Abschluss des Rechtsreferendariats können sie ihr zweites Staatsexamen ablegen, das sie befähigt, sich zum Beispiel um ein Richteramt zu bewerben, Staatsanwalt zu werden oder als Rechtsanwalt zu arbeiten.

In den vergangenen Jahren ist die Diskussion um die Verfassungstreue von Rechtsreferendaren immer häufiger aufgetreten. Im Oktober 2024 erst entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG): Auch Bewerber für den juristischen Vorbereitungsdienst müssen Mindestanforderungen an eine Verfassungstreuepflicht erfüllen. Daran fehle es, wenn sie sich aktiv gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung betätigen. 

Der konkrete Fall betraf einen Parteifunktionär von "Der III. Weg" (Urt. v. 10.10.2024, Az. BVerwG 2 C 15.23). Die Entscheidung wurde bei LTO sowohl kritisch als auch eher positiv kommentiert. Zuletzt hatte auch das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz einen ähnlich gelagerten Fall zu entscheiden. Dabei bestätigte das Gericht, dass die Nichtzulassung eines Diplomjuristen zum Referendariat, der zeitweise Mitglied der AfD-Jugendorganisation war und menschenverachtende Texte veröffentlicht hatte, rechtmäßig war.

mka/LTO-Redaktion 

mit Material der dpa

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AfD

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