Berlin plant Änderungen beim Referendariat

E-Examen, Teil­zeit-Ref und Son­der­zah­lungen

von Markus SehlLesedauer: 5 Minuten

In der Hauptstadt sollen die Weichen für das Staatsexamen am Laptop und das Referendariat in Teilzeit gestellt werden – ohne eine Änderung auf Bundesebene geht das nicht. Der Entwurf befindet sich beim BMJV auf der Zielgeraden.

Der Berliner Senat hat am Mittwoch Pläne für Änderungen beim Referendariat in der Hauptstadt beschlossen. Damit will der Senat den Weg frei machen, für das Staatsexamen am Computer. Insgesamt umfasst der Änderungsvorschlag 38 Seiten, das E-Examen ist eines der Herzstücke. Die Anfertigung von Klausuren am Computer soll im Juristenausbildungsgesetz (JAG) ausdrücklich ermöglicht werden. Damit schafft die Hauptstadt schon mal die nötigen Voraussetzungen im Landesrecht – ohne eine Änderung auf Bundesebene geht es aber nicht.

Denn derzeit stehen noch die Regelungen im Deutschen Richtergesetz (DRiG) allzu progressiven Änderungen bei den Aufsichtsklausuren im Weg.

Im Bundesjustizministerium (BMJV) werden die entsprechenden Änderungen am DRiG aber bereits vorbereitet, so sollen die Länder zukünftig die Möglichkeit erhalten, Examensprüfungen am PC einzuführen. Daneben soll das Referendariat auch in Teilzeit absolviert werden können. Die Arbeiten am Entwurf seien nahezu abgeschlossen und es werde mit einem baldigen Kabinettbeschluss gerechnet, heißt es aus dem BMJV auf Anfrage von LTO.

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E-Examen und Teilzeit-Referendariat

Um das E-Examen möglich zu machen, soll auf Bundesebene der § 5d DRiG geändert werden. Dort soll es in Zukunft nach dem Satz "Das Nähere regelt das Landesrecht." auch heißen: "Es kann auch bestimmen, dass in den staatlichen Prüfungen schriftliche Leistungen in elektronischer Form zu erbringen sind oder erbracht werden dürfen. "Die Länder sollen durch die Neuregelung nicht verpflichtet, sondern das Examen am Laptop soll im Wege einer sogenannten Öffnungsklausel bloß möglich werden. Selbst wenn aber per Gesetz der Weg frei für das E-Examen ist, dürften die größten Herausforderungen für die Länder erst beginnen. Sie müssen sich überlegen, wie sie organisatorisch und finanziell das E-Examen umsetzen wollen. Erste Erfahrungen hat dazu etwa das Land Sachsen-Anhalt gesammelt, das nach einer Testphase 2019 auch "echte" Klausuren am Laptop durchführen ließ. Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein haben eine Expertengruppe gegründet, sie soll Vorschläge für die Einführung des E-Examens machen.

Während für angehende Lehrer bereits eine Teilzeitausbildung möglich ist, verhindert das für die Juristen die Vorschrift des § 5b Abs. 1 DRiG. Dort wird festgelegt, dass der Vorbereitungsdienst zwei Jahre dauert. Punkt. Auch dieses Hindernis soll auf Bundesebene durch den BMJV-Entwurf beseitigt werden. Dafür soll ein neuer Absatz eingefügt werden, der die Länder verpflichtet, das Referendariat für die Juristen auch in Teilzeit durchzuführen.

Darauf will sich auch die Berliner Justizverwaltung rechtzeitig einstellen. Die bisher entgegenstehende Vorschrift soll aus dem JAG gestrichen werden. Damit würden die Berliner der Verpflichtung des Bundesgesetzgebers zuvorkommen.

Für die Berliner Referendare soll es ab dem nächsten Jahr zukünftig eine jährliche Sonderzahlung von 500 Euro pro Referendar geben. Damit soll eine Ungleichbehandlung in der Hauptstadt abgeschafft werden. Denn anders als Referendare erhalten die Berliner Beamten im Vorbereitungsdienst, wie zum Beispiel angehende Lehrer, bereits eine jährliche Sonderzahlung. Das Land rechnet mit zusätzlichen Kosten von rund 844.000 Euro pro Jahr, bei angenommenen 1.312 zu besoldenden Rechtsreferendaren im Jahresmittel. Zwar muss sich Berlin anders als andere Länder keine Sorgen um seinen juristischen Nachwuchs machen, aber die Stadt soll weiter attraktiv für Referendare bleiben.

Straffällige Jura-Studenten sollen nicht mehr Referendare werden können

In der Regel wird nicht mehr in den Referendardienst aufgenommen, wer wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird. Das ist eine Verschärfung gegenüber der bisherigen Ermessensregelung. Dazu soll ein neuer § 10a in das JAG eingefügt werden. Die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst kann auch dann versagt werden, solange ein Ermittlungsverfahren oder ein Strafverfahren wegen des Verdachts einer vorsätzlichen Straftat anhängig ist, an deren Ende eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr stehen kann. Außerdem wird die Zugangsregelung damit von der Juristenausbildungsordnung in ein förmliches Gesetz überführt.

Inhaltlich entspricht die Regelung auch den Vorschriften in den Beamtengesetzen. Auch viele Länder haben ähnliche Regelungen für den Zugang zum Referendariat getroffen. Zuletzt hatte Sachsen seine Pläne veröffentlich, den Zugang zu seinem Referendariat strenger zu regeln. Bewerber in Sachsen sollen künftig in der Regel abgelehnt werden, wenn sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurden. Gleiches soll gelten, wenn gegen Betreffende ein Ermittlungsverfahren anhängig ist, das zu einer solchen Entscheidung führen kann. Die Regelung in Sachsen fällt sogar strenger aus. Außerdem soll noch eine Sondervariante eingefügt werden: Bewerber, die die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpfen, sollen nicht in den Vorbereitungsdienst eingestellt werden. Die Justiz in Sachsen hatte es sich in jüngster Vergangenheit mit dem Fall eines verurteilten Referendars nicht leicht gemacht. Trotz einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Landfriedensbruchs darf ein Referendar in Sachsen Volljurist werden.

Berliner Jura-Student mit Gefängnisstrafe hatte sich eingeklagt

Auch in Berlin gibt es einen Fall, der die Ausbildungsbehörde gut beschäftigt hat. Einem Jura-Studenten war aus dem Gefängnis heraus ein Prädikatsexamen gelungen, das Land wollte ihn aber nicht zum Referendariat zulassen. Er war zuvor wegen Betrugs und Urkundenfälschung verurteilt worden. Der Jura-Student klagte und hatte vor dem OVG Berlin-Brandenburg Ende 2019 Erfolg. Die Entscheidung des OVG half dem jungen Mann aber wenig. Nach seiner Entlassung aus der Jugendstrafanstalt wurde er Ende 2019 erneut verhaftet und steht seit April 2020 wieder wegen Betrugs vor Gericht.

Das OVG hatte grundsätzlich vor allem bezweifelt ob "Jugendstrafe" und "Freiheitsstrafe" beim Zugang zum Referendariat ohne weiteres gleichgesetzt werden kann. Zu dieser Frage verhält sich aber auch die geplante Neuregelung nicht. "Aber die persönliche Eignung kann auch bei einer Jugendstrafe fehlen, wenn Aufgrund der rechtskräftig verhängten Jugendstrafe wegen einer vorsätzlichen Tat unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles eine persönliche Eignung nicht vorliegt", teilte die Justizsenatsverwaltung dazu auf Nachfrage mit. Die Regelbeispielstechnik ermögliche es, auf individuelle Fallgestaltungen Rücksicht zu nehmen, hieß es von der Berliner Justizsenatsverwaltung.

Außerdem kündigte die Justizsenatsverwaltung noch eine Reihe eher technischer Änderungen an, die etwa  das Ende der Referendarzeit nach der mündlichen Prüfung, die Gestaltung der Verordnung über die Berechnung der Ausbildungskapazität und die Modalitäten der Einsichtnahme in die Klausuren betreffen. Nach dem Beschluss des Senats, muss nun auch noch das Berliner Abgeordnetenhaus über die neuen Regeln abstimmen.

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