Fußballprofi und Jurist

Mit Prä­d­i­kats­examen in die 1.Bun­des­liga?

von Hasso SuliakLesedauer: 5 Minuten

Er gehört zu den Top-Absolventen im ersten Staatsexamen, arbeitet gerade an seiner Promotion und spielt "nebenher" um den Aufstieg in die 1. Bundesliga: Ein Gespräch mit dem Innenverteidiger des SSV Jahn Regensburg, Sebastian Nachreiner. 

LTO: Herr Nachreiner, Sie haben ein bayerisches erstes Staatsexamen mit überdurchschnittlichem Prädikat von mehr als neun Punkten hingelegt, basteln an ihrer Promotion zum "Dr. iur." und befinden sich mit ihrem Verein Jahn Regensburg auf Kurs in Richtung erste Fußball-Bundesliga. Wie schaffen Sie das alles?

Sebastian Nachreiner: Als Fußballprofi hat man ja einigermaßen geregelte Arbeitszeiten und abseits des Sportplatzes bleibt durchaus auch Zeit für andere Aktivitäten.  Aktuell bemühe ich mich, ein bis zweimal die Woche nach dem Training oder an einem freien Tag ein paar Stunden meiner Promotionsarbeit zu widmen.  

Für mich waren Fußballspielen und Jura immer eine gute Mischung. Das habe ich schon während des Studiums an der Universität Regensburg festgestellt. Durch das Fußballspielen bekam ich manchmal erst richtig den Kopf frei fürs Lernen und umgekehrt. Ich hatte nicht die Zeit dafür, wie andere, komplette Tage in der Uni-Bib zu verbringen, und finde, dass produktives Arbeiten ohnehin nur in kürzeren Zeitspannen möglich ist.

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"Referendariat und Profifußball unvereinbar"

Sie gelten als Regensburger Urgestein, sind seit 2010 im Verein und vor wenigen Wochen wurde ihr Vertrag, der auch für die erste Liga gilt, um ein weiteres Jahr verlängert. Mit anderen Worten: Rechtsreferendariat und zweites Staatsexamen müssen wohl warten?

Ja, das ist so. Anders als das Studium, in dem die Präsenzpflicht überschaubar war, lassen sich Profifußball und Referendariat nicht oder nur sehr schwierig miteinander vereinbaren. In den unterschiedlichen Referendarstationen gibt es einfach zu viele Präsenztermine, auch den Arbeitsgemeinschaften darf man nicht allzu oft fernbleiben. Durch die Promotion verliere ich auch als Fußballer nicht den Bezug zur Juristerei und werde das Projekt hoffentlich auch bis zum Ende meiner aktiven Karriere abschließen können.

Zu welchem Thema und an welchem Lehrstuhl promovieren Sie?

Meine Arbeit beim Kölner Sportrechtler Prof. Dr. Martin Nolte dreht sich um das Thema Schiedsrichter und Sportverbände. Es geht um ihr Zusammenwirken, gegenseitige Rechte und Pflichten. Der Schwerpunkt der Promotion liegt zweifellos im Zivilrecht, Grundrechte und strafrechtliche Aspekte spielen aber auch eine Rolle.

Nach Kreuzbandriss mehr Zeit für Examensvorbereitung  

Sie haben in ihrer Fußballerkarriere auch immer wieder schwere Verletzungen erlitten, z.B. zwei Kreuzbandrisse. Haben die langen Verletzungsperioden ihnen mehr Zeit gelassen für die Vorbereitungen auf ihre juristischen Prüfungen?

Nein, so generell kann ich das nicht bestätigen. Manchmal nahm bei mir die Reha nach solchen Verletzungen sogar mehr Zeit in Anspruch als der normale Trainings- und Spielbetrieb.  

Wobei, vielleicht mit einer Ausnahme: Als ich vor dem ersten Staatsexamen 2015 noch an den Folgen eines Kreuzbandrisses litt, konnte ich mich im letzten Monat vor den Prüfungen nahezu ausschließlich auf Jura konzentrieren. Das war schon ein bisschen Glück im Unglück.

In Bayern schießen die Corona-Infektionszahlen durch die Decke. Wie macht Ihnen die Pandemie persönlich zu schaffen?  

Im vergangenen Jahr habe ich mich während der Lockdowns ehrlich gesagt kaum dazu motivieren können, nach dem Training noch etwas für die Doktorarbeit zu machen. Ich hoffe, dass sich diese mentale Krise bei mir nicht wiederholen wird.  

Jetzt genieße ich jedenfalls, dass wir auf den Rängen wieder Zuschauer haben. Ich kann nur dazu appellieren, dass sich unsere Fans impfen lassen, damit sie ggf. auch unter 2G-Bedingungen unsere Spiele im Stadion sehen können.

"Bei Jahn Regensburg ist jeder geimpft"

Apropos Impfen:  Bayerns Nationalspieler Joshua Kimmich hat mit seinen Aussagen, warum er bislang noch nicht gegen das Virus geimpft ist, viel Kritik auf sich gezogen. Wie beurteilen Sie sein Verhalten?

Ich kann nachvollziehen, wenn jemand Zweifel hat, wie der Impfstoff wirkt, und unsicher ist, ob es auch zu unerwünschten, mitunter schweren Nebenwirkungen kommen kann. Doch diesen Zweifeln sollte man damit begegnen, indem man sich informiert und auf die Wissenschaft hört.

Unser Mannschaftsarzt jedenfalls hat das Team über die Umstände der Corona-Impfung umfassend informiert. Bei uns ist jeder Spieler geimpft.

Sie werden in wenigen Tagen 33 Jahre alt. Sie spielen als Innenverteidiger und nicht als Torhüter, die es ja manchmal schaffen, über das 40. Lebensjahr hinaus professionell zu spielen. Vor diesem Hintergrund – bitte sehen Sie es mir nach – ist das Ende ihrer Laufbahn als aktiver Sportler einigermaßen absehbar. Können Sie sich später eine Arbeit im Fußballverband oder als Justitiar in einem Verein vorstellen? Heiko Petersen, ehemaliger Profi und ebenfalls Jurist, ist das ja bei Holstein Kiel gelungen.

Das kann ich mir sehr gut vorstellen, aber viele Gedanken verschwende ich derzeit daran nicht. Stand jetzt würde ich nach meiner Zeit als Fußballer erst einmal das Referendariat und dann das zweite Staatsexamen anpeilen und dann wird man sehen.

In die juristischen Fußstapfen des Vaters?

Dann treten sie womöglich in die Fußstapfen ihres Vaters Anton Nachreiner ein. Die Parallelen zwischen ihm und Ihnen liegen ja auf der Hand: Er kickte in der Bundesliga, war später Richter und ist heute noch Vorsitzender des DFB-Kontrollausschusses.   

Wohl wahr. Er spielte mit dem TSV 1860 München in der Bundesliga und war bis zu seiner Pensionierung im vergangenen Jahr auch Präsident des Landgerichts Deggendorf. Er hat die Liebe zum Fußball und die Juristerei bestens miteinander kombiniert, ähnliches schwebt mir auch vor.  

Apropos „Liebe": Ihr Lieblingsverein seit ihrer Kindheit ist der Verein ihres Vaters, der TSV 1860 München. Warum hat es nie mit einem Engagement bei den Münchner Löwen geklappt?

Tja, gute Frage, aber leider gab es nie einen Anruf aus Giesing. (lacht) Und in der Tat war es für mich sogar immer ein Kindheitstraum, irgendwann einmal für 1860 zu spielen.  

Als Löwen-Fan und Regensburger-Spieler war für es für mich Ende der Saison 2016/2017 ganz besonders unangenehm: Da kam es dann zu der unglücklichen Konstellation, dass wir mit dem SSV in den entscheidenden Relegationsspielen auf die Löwen trafen. Wir stiegen in die 2.Liga auf, die Löwen stürzten ab. Seither spielen wir höherklassiger.  

Aber sei´s drum: Wenn´s denn als aktiver Spieler mit einem Wechsel an die Grünwalder Straße wohl nicht mehr klappt, vielleicht dann eines Tages als Fan und Volljurist.  

Herr Nachreiner, haben Sie herzlichen Dank für das Gespräch.    

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