Die juristische Presseschau vom 4. bis 6. Februar 2017: Justiz vs. Trump / EuG stärkt Bür­ger­in­i­tia­tiven / Über­las­tung beim GBA?

06.02.2017

Justiz

EuG zu Bürgerinitiative: Wenn die EU-Kommission eine europäische Bürgerinitiative für unzulässig hält, dann muss sie die Ablehnung ausreichend begründen. Das hat das Europäische Gericht entschieden. Geklagt hatte ein Dachverband europäischer Volksgruppen, dessen Bürgerinitiative mit dem Namen "Minority SafePack – one million signatures for diversity in Europe" mit der Begründung abgelehnt wurde, dass die Kommission nicht befugt sei, Rechtsakte zur Umsetzung der Initiative vorzuschlagen. tagesschau.de (Gigi Deppe) schildert den Fall und sonstige Probleme, die bei einer EU-Bürgerinitiative auftreten können.

BVerfG – Intersexualität: Weil sich die Regierung nicht einigen kann, verzichtet sie auf eine Stellungnahme zu einer Verfassungsbeschwerde, mit der für Intersexuelle die Einführung einer dritten Option im Personenstandsrecht gefordert wird. Während das Familienministerium von Manuela Schwesig (SPD) dafür offen sei, befürchte das Innenministerium von Thomas de Maizière (CDU) juristische Komplikationen. Das meldet der Spiegel (Melanie Amann/Wolf Wiedmann-Schmidt).

BVerfG – Suizidhilfe: Der Spiegel (Cornelia Schmergal, spiegel.de-Zusammenfassung) befasst sich ausführlich mit dem vor mehr als einem Jahr eingeführten § 217 StGB, der Suizidbeihilfe in bestimmten Fällen unter Strafe stellt. Zu Wort kommt auch ein Palliativmediziner, der eine von 13 einschlägigen Verfassungsbeschwerden eingereicht hat. Das Bundesverfassungsgericht hat inzwischen Bundestag, Bundesrat, Bundeskanzleramt und Bundesjustizministerium aufgefordert, bis Ende Februar Stellungnahmen abzugeben.

BVerwG zu Verpflichtungserklärung: Wer sich verpflichtet hat, für einen einreisenden Flüchtling die Lebenshaltungskosten zu übernehmen, haftet nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch dann noch, wenn dieser als Flüchtling anerkannt wurde. Die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels führe nicht zur Änderung des Aufenthaltszwecks. lto.de (Tanja Podolski) erläutert die Entscheidung.

BVerwG – Elbvertiefung: Am Donnerstag entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Zulässigkeit der geplanten Elbvertiefung, die von Umweltschutzverbänden heftig kritisiert wird. Die Samstags-taz (Sven-Michael Veit) beantwortet die wichtigsten Fragen, auch zur rechtlichen Argumentation der Parteien und zum bisherigen Verfahren.

VG Dresden zu Racial Profiling: Das Verwaltungsgericht Dresden hat die Rechtswidrigkeit einer Identitätsfeststellung durch die Bundespolizei festgestellt, die einen in Indien geborenen Regisseur wegen seiner Hautfarbe traf. Während der Gerichtsverhandlung kam heraus, dass die Polizeibeamten sich vermutlich abgesprochen hatten und zur Vorbereitung der Verhandlung in die Bundespolizeidirektion zitiert wurden. Die Montags-taz (Hanna Voß) berichtet.

BGH zu verspäteter Wohnungsrückgabe: Wer als Mieter trotz wirksamer Kündigung nicht auszieht, muss mit hohen Nachzahlungen rechnen. Nutzungsentschädigungen richten sich in diesem Fall nach der Miethöhe bei Neuvermietung, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat. Er erteilte damit der verbreiteten Ansicht, dass die "ortsübliche Miete" anhand der üblichen Mieten der letzten vier Jahre zu berechnen sei, eine Absage. Die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) und lto.de stellen das Urteil vor.

LG Berlin – Leistungsschutzrecht: Am Landgericht Berlin kommt es am Dienstag zur ersten Verhandlung zum neuen Leistungsschutzrecht. Die Verwertungsgesellschaft Media verklagt den Internetkonzern Google, weil dieser nicht für die Verwendung von sogenannten Snippets, Ausschnitten aus Artikeln, etwa bei Google News, zahlt. Markus Runde, Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft Media, befürchtet einen langjährigen Rechtsstreit, an dessen Ende Google einen vertraulichen Vergleich eingehen wird, schreibt das Montags-Hbl (Catrin Bialek).

LG Würzburg – Fake News auf Facebook: Ein Flüchtling verklagt Facebook, weil geteilte Inhalte, in denen behauptet wird, er habe in der Berliner U-Bahn einen Wohnungslosen angezündet, nicht gelöscht werden. Die Verhandlung am Landgericht Würzburg beginnt heute, so lto.de. Das Montags-Hbl (Milena Merten) stellt den Würzburger IT-Anwalt Chan-jo Jun vor, der den Flüchtling in dem Fall vertritt.

LG Braunschweig – VW-Abgasskandal: Mit dem mittelständischen Unternehmen "Deutsche See" hat erstmals ein VW-Großkunde Klage gegen den Konzern eingereicht. Das Unternehmen, das seinen Fuhrpark vor einigen Jahren auf VW-Wagen umgestellt hat, klagt auf Rückabwicklung des Vertrags und Schadensersatz in Höhe von 11,9 Millionen Euro, so die Montags-Welt (Michael Gassmann/Philipp Vetter) und focus.de.

OLG Celle zu Blitzer-App: Der Rechtsanwalt Uwe Lenhart kritisiert in einem Beitrag für die FAS die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle, nach der ein Smartphone mit einer installierten "Biltzer-App" unter das Verbot von Radarwarngeräten nach § 23 StVO falle. Die App sei weder geeignet, die Standorte von Messanlagen zu erfassen, noch würden diese gestört. Der Rechtsstaat müsse hinnehmen, dass legal beschaffte Informationen "nicht nur mit Radio, Druckwerken und persönlichen Aufzeichnungen gespeichert wiedergegeben werden, sondern auch zeitgemäß digital".

OLG München – NSU-Prozess: Die Samstags-taz (Konrad Litschko) widmet einen ausführlichen Beitrag dem Mitangeklagten im NSU-Prozess, Ralf Wohleben. Wohleben erfahre große Unterstützung aus der rechtsextremen Szene. Sein Verteidiger, der als Szene-Anwalt gilt, hatte zuletzt beantragt, einen Demografieexperten zu laden, der nachweisen solle, dass Deutschland der "Volkstod" drohe.

LG-Berlin – Pädophilen-Netzwerk: Am Landgericht Berlin hat der Prozess gegen zwei Männer begonnen, denen vorgeworfen wird, Teil eines Pädophilen-Netzwerks gewesen zu sein, dem mehr als 400 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch zur Last gelegt werden. Die Samstags-SZ (Christian Endt) und spiegel.de berichten.

Überlastung bei Bundesanwaltschaft: Der Generalbundesanwalt Peter Frank hat in einem Schreiben, das dem Spiegel (Barbara Schmid/Fidelius Schmid, spiegel.de-Meldung) vorliegt, die Justizminister der Länder eindringlich gebeten, Staatsanwälte und Richter zur Unterstützung an die Bundesanwaltschaft zu entsenden. Justizpolitiker deuteten das als Offenbarungseid der Bundespolitik. Die Montags-taz (Christian Rath) merkt an, dass es sich bei der Abordnung nach Karlsruhe um einen normalen Vorgang handele. Es gehe nicht um einen Mangel an Stellen bei der Bundesanwaltschaft, sondern um qualifizierte Juristen.

Im Interview mit der WamS (Thorsten Jungholt/Jacques Schuster, welt.de-Meldung) erklärt Generalbundesanwalt Peter Frank, dass er einige Staatsanwälte mehr "gut beschäftigen" könnte. Außerdem äußert er sich zur islamistischen Gefahr und zu den geplanten Gesetzänderungen zur inneren Sicherheit.

Bundesrichter Thomas Fischer: Der Spiegel (Thomas Darnstädt) hat sich mit Bundesrichter Thomas Fischer getroffen, um sich mit diesem über seine Kolumne, sein Verhältnis zur Juristerei, den Poeten Charles Bukowski und Karl Marx zu sprechen. Herausgekommen ist ein dreiseitiges Porträt des umstrittenen Strafrichters.

Michael Hausfeld: Im Gespräch mit dem Spiegel (Nils Klawitter) nimmt US-Anwalt Michael Hausfeld Stellung zu den von seiner Kanzlei angestrengten Klagen gegen den VW-Konzern sowie zum Vorwurf, dadurch würde die Klageindustrie Einzug erhalten. Außerdem äußert er sich zu seinem Werdegang und seinen bisherigen Fällen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 4. bis 6. Februar 2017: Justiz vs. Trump / EuG stärkt Bürgerinitiativen / Überlastung beim GBA? . In: Legal Tribune Online, 06.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21997/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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