Die juristische Presseschau vom 6.-8. Juni 2015: Streikrecht der Wenigen – Mangelvermutung – G 10-Kommission streikt

08.06.2015

Justiz

EGMR zu Sterbehilfe: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am vergangenen Freitag entschieden, dass das französische Recht und seine Umsetzung nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Damit darf die künstliche Ernährung des Wachkomapatienten Vincent Lambert eingestellt werden. Dazu schreiben Samstags-SZ (Wolfgang Janisch), Samstags-FAZ (Michaela Wiegel), Samstags-taz (Christian Rath), spiegel.de (Stefan Simons), Tagesspiegel (Jost Müller Neuhof) und lto.de (Anne-Christin Herr).

Vor dem Hintergrund der Entscheidung propagiert Heribert Prantl (Samstags-SZ) die Patientenverfügung als Mittel gegen die Angst vor dem Kontrollverlust. Gerade in einem Fall wie dem von Vincent Lambert hätte die gerichtliche Entscheidung auch anders ausfallen können. Auch Alan Posener (Samstags-Welt) meint, wer keine Patientenverfügung habe gehe "offenen Auges das Risiko ein, dass andere die letzte Entscheidung treffen". Er lobt die Rechtsprechung des EGMR, die die verschiedenen nationalen Standpunkte zur Sterbehilfe respektiere. Auch Reinhard Müller (Samstags-FAZ) macht darauf aufmerksam, dass der EGMR nicht die passive Sterbehilfe in Europa erlaubt, sondern nur festgestellt hat, dass Frankreich mit der Erlaubnis im Fall Lambert die gemeinsamen äußeren Grenzen nicht überschritten hat.

EuGH zu Mangelvermutung beim Verbrauchsgüterkauf: Der Europäische Gerichtshof hat auf eine niederländische Vorlage hin entschieden, dass beim Verbrauchsgüterkauf nicht nur vermutet wird, dass ein vom Käufer zu beweisender Mangel, der sich innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe zeigt, bei Übergabe bereits bestand. So hatte schon bisher der Bundesgerichtshof zu § 476 Bürgerliches Gesetzbuch entschieden. Darüber hinaus werde vielmehr schon das Bestehen des Mangels bei Übergabe widerlegbar vermutet, wenn der Käufer nachweise, dass die Kaufsache innerhalb der ersten sechs Monate nicht einwandfrei funktioniert. Dazu schreibt Rechtswissenschaftler Christian Deckenbrock auf lto.de.

EuGH-GenA zu Sozialleistungen für EU-Ausländer: Rechtsprofessor Reimund Schmidt-De Caluwe  bespricht auf lto.de die Stellungnahme des EuGH-Generalanwalts zu Sozialleistungen für EU-Ausländer. Er legt dar, warum die Bewertung von "Hartz IV" als Sozialleistung im unionsrechtlichen Sinn keineswegs zwingend ist und welche Fragen sich bei einer abweichenden Einschätzung stellen.

BVerfG zu Altersbeschränkung: Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Altersbeschränkung bei Beamten vom 28. Mai bespricht nun die Samstags-FAZ (Joachim Jahn).

OLG München – NSU-Prozess: Der Spiegel (Gisela Friedrichsen) gibt einen Überblick zum Stand des Prozesses mit einem Fokus auf Zschäpes Schweigen. Es mache Zschäpe zu schaffen und ihre Verteidiger seien ausgelaugt. Von einer Aussage Zschäpes sei jedoch kein großer Einfluss auf das Ergebnis zu erwarten.

OVG Hamburg zu Flüchtlingsunterkunft: Das OVG Hamburg hat am vergangenen Montag entschieden, dass die Errichtung eines Flüchtlingsheims in Hamburg-Harvestehude dem Bebauungsplan widerspricht, der hier ein besonders schützenswertes Wohngebiet ausweist. Ein Heim sei als soziale Einrichtung nicht Wohnnutzung im engeren Sinn. Es berichtet die Samstags-taz (Katharina Schipkowski).

LG Darmstadt – Tuğçe -Prozess: Der Spiegel (Julia Jüttner) berichtet von den Zeugenaussagen im Prozess vor dem Landgericht Darmstadt gegen Sanel M. und fragt nach der möglichen (juristischen) Wahrheit in einem Prozess, in dem beide Seiten ihre eigene Wahrheit haben.  Auch die WAMS (Hannelore Crolly) bespricht den Zwischenstand im Prozess. Das Urteil soll am 12. Juni ergehen.

Schabowskis Zettel: Das Haus der Geschichte in Bonn hat den Zettel gekauft, auf dem Günter Schabowski am 9. November 1989 nach einer Antwort auf die Frage suchte "ab wann tritt das in Kraft?". Den Zettel hatte Schabowski hinterher einem Bekannten zur Ansicht gegeben und nie zurückerhalten. Schabowskis Familie bezweifelt, dass das Museum gutgläubig war, als es den Zettel für 25.000 Euro kaufte und will klagen, schreibt die Montags-Welt (Stefan Aust/Charlotte Krüger).

LG München I zu Werbeblockern: internet-law (Thomas Stadler) bespricht die nun im Volltext vorliegende Entscheidung des Landgerichts München I, nach der Werbeblocker wie Adblock plus nicht wettbewerbswidrig sind.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6.-8. Juni 2015: Streikrecht der Wenigen – Mangelvermutung – G 10-Kommission streikt . In: Legal Tribune Online, 08.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15768/ (abgerufen am: 14.05.2024 )

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