Die juristische Presseschau vom 5. - 7. Oktober 2013: Lottoglück oder Zugewinnausgleich? – Deutsche Staatsanwälte mit EU-Hut – Belauschte Anwälte

07.10.2013

Diese Woche verhandelt der BGH zum Zugewinnausgleich bei Lottogewinn. Außerdem in der Presseschau: Debatten zum Jugendarrest, zur Beschneidung und zur EU-Staatsanwaltschaft, abgehörte Anwälte und vom BND angezapfte Provider, verqueres Mietrecht und warum im NSA-Skandal erstmal Ruhe ist.

BGH – Lottoglück oder Zugewinnausgleich: Am Mittwoch nächster Woche* verhandelt der Bundesgerichtshof darüber, ob ein Lottogewinn bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs im Falle einer Scheidung zu berücksichtigen ist oder unter das privilegierte Vermögen fällt. Der Focus (Frank Lehmkuhl/Marco Wisniewski) berichtet vorab. Ein seit sieben Jahren getrennt lebender Ehemann hatte etwa eine Millionen Euro im Lotto gewonnen und den Scheidungsantrag zwei Monate später gestellt. Die Ehefrau forderte einen um eine knappe Viertel Millionen Euro erhöhten Zugewinnausgleich. Das Amtsgericht Mönchengladbach habe ihr Recht gegeben, das Oberlandesgericht Düsseldorf habe ihr lediglich knapp 8.000 Euro zugesprochen. Renommierte Familienrechtler rechneten der Frau gute Chancen aus, so der Focus weiter.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Debatte Jugendarrest: Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) fordert laut FAS (süss.) eine Ausweitung des Jugendarrestes von bislang maximal vier Wochen auf drei Monate.

In einem separaten Interview der FAS (Philip Eppelsheim) spricht sich Jugendrichter Andreas Müller ebenfalls dafür aus. Weiter plädiert er für die Schaffung von Erziehungsrichtern und ein Zentralregister für Jugendverfahren. Linke und konservative "Sozialromantik" nennt Müller "lächerlich", weder sei Freiheitsentzug immer kontraproduktiv, noch brauche es höhere Strafen. Kürzere Reaktionszeiten und Arrest seien der Schlüssel auch im Kampf gegen sogenannte Intensivtäter.

Europarat – Resolution zu Beschneidung: Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat eine Resolution zum Thema der Beschneidung weiblicher und männlicher Genitalien verabschiedet, so spiegel.de. Darin würde für ein Bewusstsein für die Risiken der Beschneidung und die Beachtung des Kindeswohles plädiert. Wie spiegel.de weiter meldet, gab es scharfe Kritik aus dem israelischen Außenministerium.

Gesetz gegen Genitalverstümmelung:Den unlängst in Kraft getretenen § 226a Strafgesetzbuch, der die Verstümmelung weiblicher Genitalien als Verbrechen qualifiziert, bewertet Henning Ernst Müller (BeckBlog.de) als verfassungsrechtlich angreifbar. Rechtsdogmatisch sei die Bezugnahme nur auf die Verstümmelung weiblicher Genitalien nicht zu legitimieren.

EU-Flüchtlingspolitik: Über die anhaltende Kritik an der europäischen Flüchtlingspolitik nach der Tragödie vor Lampedusa (Italien) schreibt u.a. die Samstags-taz (Christian Jakob). So würden "humanitäre Korridore" und die Ermöglichung einer legalen Einreise aus dem nordafrikanischen Transit gefordert.

Laut Welt am Sonntag (R. Alexander/K. Kammholz) sprach sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) für ein verstärktes Vorgehen gegen Schleuser und für einen Frühwarn-Krisenbewältigungsmechanismus in Europa aus. Dazu berichtet auch die Montags-FAZ (Heike Schmoll/Jörg Bremer) und erläutert das italienische Einwanderungsrecht. Die Beihilfe zur illegalen Einwanderung sei genauso ein Verbrechen wie ebendiese; einwandern dürfe man nur mit Arbeitsgenehmigung, die es in der Regel nur mit einer Aufenthaltsgenehmigung gebe. Seit 2009 gelte, dass Schiffe mit Migranten direkt zurückgeschickt werden könnten.

Auch die Montags-taz (Michael Braun) befasst sich mit der italienischen Rechtslage und liefert einen weiteren Beitrag (Christian Jakob) zur Arbeit und Rolle der EU-Grenzschutzagentur Frontex.

Der Tod der Flüchtlinge ist Teil der europäischen Flüchtlingspolitik, kommentiert Heribert Prantl (Montags-SZ), die im Grunde nur eine Abschreckungsstrategie sei: Hilfe gilt als Fluchtanreiz, deshalb ist sie verboten. Einen Grundirrtum der letzten Jahrzehnte nennt Prantl die Idee, Flüchtlinge in gute und böse einteilen zu können: "Die Flüchtlinge sind nicht illegal, sie werden illegalisiert."

EU-Staatsanwaltschaft: Die Skepsis gegen die Einrichtung einer europäischen Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Betrügereien mit EU-Mitteln war groß auf dem 6. EU-Strafrechtstag in Bonn, so die Montags-SZ (Wolfgang Janisch). Geplant sei eine dezentrale Behörde mit "nationalen Staatsanwälten, die dann einen EU-Hut aufhaben" der Rechtsschutz würde national gewährt. So sei es auch bei der geplanten Europäischen Ermittlungsanordnung, die ebenfalls unter der "Flagge der Effizienz" und nicht des Rechtsschutzes liefe, so die SZ. Die deutsche Justiz müsse danach Anordnung anderer EU-Länder ohne eigene Prüfung umsetzen. Eine zentrale Rolle beim Rechtsschutz könne aber künftig der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte spielen, wenn die EU der Menschenrechtskonvention erst einmal beigetreten sei, so die SZ weiter.

Auch die Montags-FAZ (Helene Bubrowski) nimmt das Treffen zum Anlass, die EU als "Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts", so wie es im Lissabon-Vertrag heiße, zu betrachten. EU-Haftbefehl, -Ermittlungsanordnung und -Staatsanwaltschaft setzten eigentlich ein gleichmäßig hohes Grundrechtsschutzniveau in eben diesem Raum voraus. Dafür gebe es indes "derzeit kein tragfähiges Fundament".

Lobbyismus bei der EU: Anlässlich der für Dienstag geplanten Abstimmung im EU-Parlament über die Tabak-Richtlinie, die unter anderem vorsehe, auf Zigarettenpackungen größere Gesundheitswarnungen und Schockbilder zu drucken, befasst sich die Montags-SZ (Christina Berndt) mit dem Auftreten großer Lobbyverbände im europäischen Rechtssetzungsprozess. So habe allein der Konzern Philip Morris 161 Lobbyisten für knapp 1,3 Millionen Euro Kosten abgestellt.

Anm. der Redaktion v. 07.10.2013: Die Worte "nächster Woche" haben wir zur Klarstellung nachträglich eingefügt.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 5. - 7. Oktober 2013: Lottoglück oder Zugewinnausgleich? – Deutsche Staatsanwälte mit EU-Hut – Belauschte Anwälte . In: Legal Tribune Online, 07.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9743/ (abgerufen am: 06.05.2024 )

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