Die juristische Presseschau vom 30. bis 31. Mai 2013: Ba-Wü wollte Wohlleben-Anwältin als V-Frau – Europa nicht grenzenlos – BVerfG muss Euro ohne Draghi retten

31.05.2013

 

Die Anwältin von Ralf Wohlleben als V-Frau für Baden-Württemberg - das wäre was gewesen für den NSU-Prozess. Außerdem in der Presseschau: Grenzen in Europa, Leutheusser-Schnarrenberger dealt für Thomas Fischer, BVerfG verhandelt ohne Draghi, Grüne gegen Dobrindt, Prozess um Jonny K. vor dem Aus? und: Alkohol macht Sex beim Autofahren gefährlich.

BaWü wollte Wohlleben-Verteidigerin als V-Frau: Wie die FR (Markus Decker) von Mitgliedern des Bundestags-Untersuchungsausschusses zum NSU erfuhr, hat das baden-württembergische Landesamt für Verfassungsschutz im Jahr 2003 erfolglos versucht, Nicole Schneiders, die heutige Anwältin und Verteidigerin von Ralf Wohlleben im NSU-Prozess, als V-Person zu gewinnen. Dies gehe aus geheimen Akten des Landesinnenministeriums hervor. Schneiders, die in Jena und Mannheim Jura studiert habe, sei eine "beliebte Szeneanwältin" und ein ehemaliges NPD-Parteimitglied. 

Weitere Themen – Rechtspolitik

EU-Datenschutzreform: Patrick Beuth (zeit.de) befasst sich unter dem Titel "Der Datenschutztiger wird zum Bettvorleger" mit der Debatte um die geplante Datenschutzreform im EU-Parlament und im EU-Ministerrat. Es sei zu befürchten, dass die geplante Datenschutzgrundverordnung am Ende nicht den Bürgern, sondern Unternehmen nutze, die mit den Bürger-Daten Geld verdienen.

Grenzkontrollen in Europa: Bis zu zwei Jahre dürfen Staaten in Europa ihre Grenzen bald wieder überwachen, wenn sie einen "massenhaften" Flüchtlingsansturm befürchten. Voraussetzung für von der EU-Kommission zu überwachende Maßnahmen sei, dass der Staat seine Außengrenzen trotz EU-Hilfe nicht mehr sichern könne und die innere Sicherheit anderer Staaten "stark bedroht" sei, so zeit.de. Darauf einigten sich die EU-Staaten, das Europaparlament sowie die Kommission. Die Einigung, so spiegel.de, müsse noch von EU-Parlament und den EU-Staaten angenommen werden, dies gelte aber "als Formalie". focus.de berichtet ebenfalls über die neue "Notfallklausel". Es berichten auch ausführlich die Freitags-Welt (Manuel Bewarder /Claudia Ehrenstein) sowie die FAZ (Nikolas Busse).

Friedrich will mehr Ausweisung von Extremisten: Über den Referentenentwurf des Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) zur Verschärfung des Aufenthaltsgesetzes informiert im Detail die Donnerstags-taz (Christian Rath) und meint: Vor allem sei er eine "Show für die konservative Klientel". Der Entwurf sehe vor, Ausländer zwingend auszuweisen, wenn sie sich bei der "Verfolgung religiöser Ziele" an Gewaltakten beteiligten, dazu aufriefen oder damit drohten. Weiter sollen "gewaltorientierte extremistische Ausländer" sowie Ausländer, die zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt werden, zwingend ausgewiesen werden. Dies hätte jedoch, so erläutert die taz, selbst wenn der Entwurf je Gesetzeskraft erlangen würde, nur geringe praktische Bedeutung: EU-Ausländer und Türken können nur bei Darstellen einer "akuten Gefahr" ausgewiesen werden. Ausländer, die mehr als 5 Jahre rechtmäßig in Deutschland lebten, könnten nur "nach einer Ermessensentscheidung" ausgewiesen werden. Separat erläutert die taz (Christian Rath) Gründe für Ausweisungen, deren Zahl aber abnehme - wohl aufgrund eines "Mentalitätswandels bei den Gerichten" würden heute die Interessen von in Deutschland geborenen oder länger lebenden Ausländern stärker gewichtet.

Keine neuen Gesetze für Prostitution/ Kontrollen für Bordelle: Der nicht erfolgten Umsetzung einer EU-Richtlinien zur besseren Bekämpfung von Menschenhandel aus dem Jahr 2011 widmet die Freitags-taz (Simone Schmollack) einen Schwerpunkt. Dazu stellt sie unterschiedliche Expertenmeinungen zu der Frage dar, ob restriktivere Gesetze oder gar ein Verbot der Prostitution, wie etwa in Schweden, dem Opferschutz dienen. 

Wie die Freitags-Welt (Martin Lutz/Marc Neller) berichtet, plant die Koalition, Bordelle "per Gewerbeordnung künftig strenger" zu reglementieren. Es solle eine befristet erteilte Erlaubnis erforderlich sein. Einen Gesetzentwurf wollten Union und FDP in der nächsten Woche "abschließen".

Straftatbestand weibliche Genitalverstümmelung: Laut lto.de gibt es eine Kabinettsvorlage für die Einführung eines eigenen Straftatbestandes für die weibliche Genitalverstümmelung, die eine Höchststrafe von 15 Jahre vorsieht. Bislang fielen Fälle der Verstümmelung bei Mädchen und Frauen unter die schwere Körperverletzung.

Verjährung bei sexueller Gewalt gegen Kinder: Vor dem am 6. Juni in Berlin stattfindenden "Hearing" des Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs Johannes-Wilhelm Rörig, bei welchem auch die Berliner Rechtsprofessorin Tatjana Hörnle dabei sein wird, berichtet die Donnerstags-taz (Simone Schmollack) über die Forderung nach längeren Verjährungsfristen bei sexueller Gewalt gegen Kinder. Bislang betrage die Frist 5 bis 20 Jahre. Laut Hörnle müsse hier der Konflikt zwischen Rechtsfrieden und Opferinteressen zugunsten letzterer aufgelöst werden. Eine Möglichkeit, so die taz weiter, sei eine Änderung der sogenannten Ruhensregelung, die bestimme, wann eine Verjährung einsetze. Der Zeitpunkt könne auf das 28. bis 35. Lebensjahr verschoben werden. 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 30. bis 31. Mai 2013: Ba-Wü wollte Wohlleben-Anwältin als V-Frau – Europa nicht grenzenlos – BVerfG muss Euro ohne Draghi retten . In: Legal Tribune Online, 31.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8833/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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