Die juristische Presseschau vom 23. Mai 2014: 65 Jahre Grundgesetz – Privilegien für Anwälte – Verfassungsrechtler vor NSA-Ausschuss

23.05.2014

Das Grundgesetz wird 65 – zum Geburtstag spricht ein Verfassungsrichter mahnende Worte, der Justizminister versöhnt sich mit Karslruhe und alle wollen noch mehr Demokratie. Außerdem in der Presseschau: Rüge für die bayerische Regierung, Anwälte fordern Privilegien, Verfassungsrechtler kritisieren den BND. Und wie kommen eigentlich Nazisticker in einen Streifenwagen?

Thema des Tages

65 Jahre Grundgesetz: Das Grundgesetz wird am heutigen Freitag 65 Jahre alt und entsprechend gefeiert. Die SZ (Wolfgang Janisch/Heribert Prantl) führt ein Interview mit dem ehemaligen Verfassungsrichter Dieter Grimm. Es geht um den zunehmenden Einfluss der Europäischen Grundrechte-Charta und die Weiterentwicklung der Europäischen Union, NSA-Spionage, militärische Tätigkeiten der USA in Deutschland, Volksentscheide und die Rolle des Verfassungsgerichts. Grimm nennt drei wesentliche Probleme für das Grundgesetz: Eine Verschiebung der Gewaltenteilung, bei der die Parlamente verlieren, die zunehmende Privatisierung öffentlicher Aufgaben und "weiche" Steuerungsmittel der Staatsgewalt, so etwa Verhandlungen über Gesetzestexte oder Deals im Strafprozess.

Bundesjustizminister Heiko Maas lobt in der FAZ nicht nur das Grundgesetz, sondern vor allem das Verfassungsgericht. "Konflikte und Reibungen", wie zuletzt um die Rolle der Karlsruher Richter, seien "keine Krisensymptome, sondern Lebenszeichen einer funktionierenden Partnerschaft". Die Politik müsse aber "Mut haben zu entscheiden" und nicht abwarten, bis sie von Karlsruhe in die Pflicht genommen wird. Der ehemalige Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement macht im Handelsblatt Vorschläge, um das Grundgesetz zu erneuern. Er plädiert für mehr demokratische Beteiligung – in der EU und in der Bundesrepublik – und für "eine Föderalismusreform, die ihren Namen verdient". Auf zeit.de (Linda Dietze) gratulieren die vier Fraktionsvorsitzenden im Bundestag dem Grundgesetz: Gregor Gysi (Die Linke), Volker Kauder (CDU/CSU), Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Thomas Oppermann (SPD).

Rechtspolitik

Adoptionsrecht für Homo-Paare: Der Bundestag hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, wonach auch eingetragene Lebenspartner das Adoptivkind ihres Partners annehmen können. Damit sollen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption umgesetzt werden, ein volles Adoptionsrecht wie Ehepaare erhalten Lebenspartner jedoch nicht. Die Welt (Thomas Vitzthum) berichtet, mittlerweile würden auch einige Unionspolitiker ein solches Adoptionsrecht befürworten – bevor das Verfassungsgericht die Gleichstellung einfordert.

Aktionsplan grauer Finanzmarkt: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) wollen den sogenannten grauen Finanzmarkt stärker regulieren. Anleger sollen vor unseriösen Finanzprodukten geschützt werden, damit Fälle wie die Pleite des Windparkbetreibers Prokon vermieden werden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht soll mehr Kompetenzen bekommen. zeit.de (Olga Gala) erläutert den Aktionsplan.

Ärztliche Suizidhilfe: Die Westdeutsche Zeitung (Peter Kurz) berichtet über eine Veranstaltung des Deutschen Richterbundes zur ärztlichen Suizidhilfe. Der Präsident der Ärztekammer, Frank Ulrich Montogmery verteidigte dabei die Berufsordnung, die Ärzten untersagt, Suizidbeihilfe zu leisten. Der Medizinrechts-Anwalt Wolfgang Putz und der ehemalige MDR-Intendant Udo Reiter forderten dagegen Möglichkeiten ärztlicher Suizidhilfe. In einem gesonderten Kommentar warnt Kurz, solange es keine ärztliche Suizidhilfe gebe, könnten "dubiose Geschäftemacher" davon profitieren. Hier müsse der Bundestag gesetzliche Regeln schaffen und dabei alle Folgen abwägen.

Mordparagraf: Der Strafrechtler Philip von der Meden kritisiert in der SZ den Mordparagrafen scharf als Erbe des NS-Richters Roland Freisler. Deshalb sei es richtig, dass nun eine Expertenkommission eingesetzt wurde, um die Tötungsdelikte zu überarbeiten. Künftig müsse die individuelle Schuld bei der Strafzumessung berücksichtigt werden können.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 23. Mai 2014: 65 Jahre Grundgesetz – Privilegien für Anwälte – Verfassungsrechtler vor NSA-Ausschuss . In: Legal Tribune Online, 23.05.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12071/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

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