Die juristische Presseschau vom 29. August 2017: Mehr Pati­enten-Morde / Harte Strafe für G-20-Gegner / Neue Klagen gegen VW

29.08.2017

Justiz

BGH zu Umgangsrecht für Großeltern: Jost Müller-Neuhoff (Tsp) kommentiert den Beschluss des Bundesgerichtshofs, nach dem die Eltern eines Kindes einen "Erziehungsvorrang" haben und daher den Großeltern den Umgang verweigern könnten, wenn sonst "Loyalitätskonflikte" drohten. Das Ergebnis sei dürftig, da Großeltern oft die besseren Eltern seien.

OLG Celle zu Schleichwerbung im Netz: Das Oberlandesgericht Celle hat die Drogeriekette Rossmann verurteilt, weil das Unternehmen Werbung durch sogenannte "Influencer" in sozialen Medien nicht hinreichend gekennzeichnet habe. Der Hashtag "#ad" in einem Instagram-Beitrag reiche nicht aus, wenn nicht auf den ersten Blick erkennbar sei, dass es sich um Werbung handele. Die fehlende Kennzeichnung durch einen Instagram-Star müsse sich Rossmann auch zurechnen lassen. Die Hintergründe des Falls erklären das Hbl (Heike Anger) und heise.de (Joerg Heidrich).

AG Hamburg zu Ausschreitung bei G-20-Gipfel: Das Amtsgericht Hamburg hat in einem ersten Verfahren einen G-20-Gegner zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 21-Jährige zwei leere Bierflaschen auf Polizeibeamte geworfen habe. Er habe sich des schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und eines besonders schweren Angriffs auf Vollstreckungsbeamte strafbar gemacht. Mit dem Strafmaß ist das Gericht über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinausgegangen. Dies wurde auch mit der Strafschärfung für Widerstandshandlungen begründet. Es berichten die taz (Katharina Schipkowski) und zeit.de.

Gisela Friedrichsen (welt.de) hält das Urteil nicht für überhart. Die Richterin werde sich schon ein Bild von den Umständen der Tat und der Person gemacht haben. Zu begrüßen sei zudem, "dass hier die Strafe auf dem Fuß folgte".

LG München I – Amoklauf: Vor dem Landgericht München I hat der Prozess gegen einen Mann begonnen, dem vorgeworfen wird, die Waffen für den Amoklauf vor etwa einem Jahr verschafft zu haben. Der Angeklagte räumte die Waffendeals ein und bat bei den Opfern des Amoklaufs um Entschuldigung, bestritt jedoch, von den Plänen gewusst zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm fahrlässige Tötung in neun Fällen vor. Den Prozessauftakt schildern die FAZ (Constantin van Lijnden), die Welt (Bernhard Hiergeist) und die taz (Konrad Litschko).

Tom Sundermann (zeit.de) sieht in den Äußerungen des Angeklagten ein "zweifelhaftes Geständnis". Von echter Reue sei wenig zu spüren. Für Reinhard Müller (FAZ) zeigt der Amoklauf, wie einfach illegale Waffen zu besorgen seien. Der Prozess müsse jetzt aufklären, ob der Angeklagte das Blutbad vorhersehen konnte.

LG Stuttgart – Schlecker: Am kommenden Montag wird das Verfahren gegen den früheren Drogerieunternehmer Anton Schlecker fortgesetzt. Ihm wird vorgeworfen, 25 Millionen Euro zur Seite geschafft zu haben, als dem Unternehmen bereits die Zahlungsunfähigkeit drohte. Den bisherigen Verlauf des Prozesses schildert die FAZ (ols).

FG Düsseldorf – Steuerdaten für Zoll: Das Finanzgericht Düsseldorf hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob die Zollbehörden private Steuerdaten von den Beschäftigten von Unternehmen abfragen dürfen. Dies hat eine Zollrechtsreform von vergangenem Jahr ermöglicht, die bestimmten Unternehmen, die als zuverlässig gelten, Privilegien einräumt. Die Datenabfrage umfasst auch die Steuer-ID, mit der weitere Daten abgefragt werden können. Laut Zollbehörden geschehe dies jedoch nur, wenn sie von schweren oder wiederholten Verstößen gegen steuerrechtliche Vorschriften erführen. Das Finanzgericht Düsseldorf hat dennoch Bedenken, weil auf Daten zugegriffen werde, die ursprünglich für andere Zwecke erhoben worden seien. Die FAZ (Hendrik Wieduwilt) berichtet.

BAW – Rechte Gewaltplanungen: Die Bundesanwaltschaft hat Räumlichkeiten von zwei Personen durchsucht, die geplant haben sollen, linke Politiker zu internieren und umzubringen. Es handelt sich um einen Polizeibeamten und einen Rechtsanwalt. Sie sollen sich laut SZ (Hans Leyendecker/Georg Mascolo), taz (Andreas Speit) und focus.de (Joseph Hausner) in Chats über die aus ihrer Sicht verfehlte Flüchtlingspolitik ausgetauscht und auf den Fall einer erwarteten Krise vorbereitet haben.

ArbG Heilbronn – Audi-Ingenieur: Nach Informationen der SZ (Max Hägler/Klaus Ott) hat Volkswagen einem entlassenen Ingenieur, mit dem der Konzern sich in einem arbeitsrechtlichen Rechtsstreit befindet, den Entwurf für eine "Ruhensvereinbarung" zukommen lassen. Nach dieser soll das Verfahren bis Ende 2017 ruhen. Damit, so wird kritisiert, versuche der Konzern, das Bekanntwerden brisanter Informationen zu verhindern, bis etwaige Schadensersatzansprüche verjährt sind.

Neue Klagen gegen VW: Der ehemalige Bundesinnenminister und FDP-Politiker Gerhard Baum hat angekündigt, mit seinem Anwaltsbüro und einer Partnerkanzlei bis Jahresende für 5.000 VW-Kunden Klage gegen den Autokonzern einzureichen. Er wirft VW vor, sich durch eine Hinhaltetaktik in die Verjährung retten zu wollen. Bisher sind nach Angaben von Volkswagen bereits 5.000 Klagen anhängig. Zudem hätten 25.000 Kunden Schadensersatzansprüche an die Kanzlei Hausfeld abgetreten, die vor dem Landgericht Braunschweig klage, schreibt die SZ (Max Hägler/Klaus Ott).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 29. August 2017: Mehr Patienten-Morde / Harte Strafe für G-20-Gegner / Neue Klagen gegen VW . In: Legal Tribune Online, 29.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24181/ (abgerufen am: 07.05.2024 )

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