Die juristische Presseschau vom 19. Juni 2013: Häftlinge nicht mehr namenlos – erschwerte Revisionsrücknahme – Sicherheitsvorkehrungen beim Staatsbesuch

19.06.2013

Weitere Themen - Justiz

NSU-Verfahren – Aussage Carsten S.: Das NSU-Verfahren wurde gestern mit der Befragung des Angeklagten Carsten S. durch die Nebenkläger fortgesetzt. In seiner Aussage gab S. unter anderem an, dass er mit dem V-Mann des Verfassungsschutzes Tino Brandt über seine Kontakte zu den untergetauchten Mundlos, Böhnhardt und Beate Zschäpe gesprochen habe. Die wesentlichen Ereignisse des Verhandlungstags fassen spiegel.de (Gisela Friedrichsen), die taz (Marlene Halser, Andreas Speit) und die FAZ (Karin Truscheit) zusammen.

NSU-Verfahren - Rechtsanwaltsgebühren: Der SWR-Terrorismusblog (Holger Schmidt) befasst sich mit den Rechtsanwaltsgebühren für die Nebenklagevertretung beim NSU-Verfahren. Die Höhe der Sätze für Verhandlungstage und des Pauschalbetrags für die zeitweise Vertretung anderer Nebenkläger würden nach Ansicht des früheren OLG-Richters und Gebührenexperten Detlef Burhoff von den Oberlandesgerichten höchst unterschiedlich festgelegt und seien insgesamt zu niedrig. Er beobachte eine generelle Tendenz, dass Pflichtverteidiger in "Umfangsverfahren" nicht mehr angemessen honoriert werden, so Burhoff.

OLG Schleswig-Holstein zu Fahrradhelmen: spiegel.de (Frank Patalong) greift das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein auf, wonach einen Fahrradfahrer, der ohne Helm fährt, bei Verkehrsunfällen eine Mitschuld trifft. Das deutsche Recht kenne an vielerlei Stellen das Prinzip, im Schadensfall auch für eigentlich erlaubte Dinge haftbar gemacht zu werden, die erkennbar ein Gefahrenpotential enthalten. Dass dies im Fall des Fahrradhelms auf ersten Blick nicht so plausibel erscheine, liege vielleicht daran, dass das Fahrrad noch immer als "Halb-Verkehrsmittel" wahrgenommen werde, bei dem andere Maßstäbe gelten.

Mit Einführung einer solchen "De-Facto-Helmpflicht" setzt sich das Gericht über die Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine Helmpflicht hinweg, meint dagegen Christian Rath (Badische Zeitung). Eine Schadens-Selbstbeteiligung von Radfahrern sei nur in Ordnung, wenn sie selbst etwas falsch gemacht haben.

EuGH zu Kartellverstoß: Nach knapper Meldung der SZ und der FAZ hat der Europäische Gerichtshof gestern entschieden, dass ein Unternehmen die Verhängung einer Geldbuße wegen Kartellverstoßes nicht mit dem Verweis auf den Rat eines Anwalts oder den Irrtum eines nationalen Kartellgerichts abwenden kann. Im konkreten Fall ging es um ein österreichisches Kartell von Speditionen, das zuvor vom Kartellgericht in Österreich wie auch vom Oberlandesgericht Wien aus verschiedenen Gründen nicht beanstandet worden war.

BGH zur gesetzlichen Vertretung von Unternehmen: Die FAZ (Joachim Jahn) schildert eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach bei Klagen von Vorständen gegen ihr Unternehmen dieses stets vom gesamten Aufsichtsrat vertreten werde. Das Gremium müsse mit einem ausdrücklichen Beschluss entscheiden, ob es sich überhaupt gegen die Klage verteidigen oder Rechtsmittel einlegen wolle. Dadurch werde laut Gerichtshof auch nicht die Verteidigungsmöglichkeit des Unternehmens in Eilfällen eingeschränkt, da zunächst der Aufsichtsratsvorsitzende als Vertreter ohne Vertretungsmacht agieren könne, und das Gesamtorgan dies mit Mehrheit später genehmigen könne.

AG Dresden – Lothar König: Seit April läuft vor dem Amtsgericht Dresden der Prozess gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König wegen schweren Landfriedensbruchs, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und versuchter Strafvereitelung. Ihm wird vorgeworfen, im Februar 2011 bei einer Demonstration gegen einen Aufmarsch Rechtsextremer in Dresden zu Gewalt gegen Polizisten aufgerufen zu haben. Die taz (Sebastian Erb) schildert ausführlich den bisherigen Prozessverlauf und urteilt, Königs Verteidigung habe die Vorwürfe Stück für Stück wiederlegen können. Am 5. Juli will das Schöffengericht das Urteil sprechen.

AG Potsdam zu Selbstverstümmelung: Nach Meldung von spiegel.de ist ein Zahnarzt aus Brandenburg wegen Vortäuschens einer Straftat und versuchten Betruges vom Amtsgericht Potsdam zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann sich seinen linken Zeigefinger abgeschnitten hatte, um Geld von seiner Versicherung zu kassieren. Der Zahnarzt selbst hatte dargestellt, zwei Männer seien in seine Praxis eingedrungen seien und hätten ihm den Finger aus Verärgerung darüber abschnitten, dass sie bei ihm nichts erbeuten konnten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. Juni 2013: Häftlinge nicht mehr namenlos – erschwerte Revisionsrücknahme – Sicherheitsvorkehrungen beim Staatsbesuch . In: Legal Tribune Online, 19.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8958/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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