Die juristische Presseschau vom 18. Juni 2015: Handy-Befangenheit – kein Oradour-Prozess – Folterverbot USA

18.06.2015

BGH: SMS schreibende Richter erregen Besorgnis der Befangenheit. Außerdem in der Presseschau: ein Vorschlag zur Suizidhilfe-Regelung, keine Verfahrenseröffnung wegen des Oradour-Massakers und die Voraussetzungen des Doktortitelentzugs wegen späteren Fehlverhaltens.

Thema des Tages

BGH zu Befangenheit wegen Handy: Richter, die während der Hauptverhandlung SMS schreiben, können damit den Eindruck erwecken, an der Verhandlung nicht weiter interessiert zu sein, weil sie sich bereits ein Urteil gebildet haben. Daher begründet die Handynutzung die Besorgnis der Befangenheit, entschied der Bundesgerichtshof am gestrigen Mittwoch. Weil die Verhandlung seinerzeit länger gedauert hatte, hatte eine beisitzende Richterin einer Strafkammer ihre Kinderbetreuung über SMS organisiert. Dem daraufhin gestellten Befangenheitsantrag war jedoch nicht stattgegeben worden. Der BGH hob das Urteil auf. Die Handynutzung gerade zur Kontaktaufnahme nach außen erwecke den Eindruck "private Interessen über die Dienstpflicht zur Teilnahme an der Hauptverhandlung" zu stellen, was eine Kernpflicht des Richters verletze. Es berichten lto.de (Norbert Demuth), SZ (Wolfgang Janisch) und spiegel.de. lto.de (Norbert Demuth) berichtet auch über die Verhandlung vor dem zweiten Senat und die Argumentation von Verteidigung und Bundesanwaltschaft.

Rechtspolitik

Suizidhilfe: Der vierte Vorschlag einer Regelung zur Suizidhilfe liegt nun vor, am 2. Juli soll über die Vorschläge in erster Lesung beraten werden. Der neue Entwurf sieht eine zivilrechtliche Lösung vor, da es um eine Regelung zu Selbstbestimmung des Patienten gehe. Ärzten sei danach die Suizidhilfe für unheilbar Kranke zur Vermeidung von Leiden erlaubt, berichtet die FAZ (Heike Schmoll). Die taz (Heike Haarhoff) stellt dar, warum es zur rechtspolitischen Debatte kam und erinnert an Stellungnahmen von Rechtsprofessoren und Medizinern. Außerdem gibt die taz (Heike Haarhoff) einen Überblick über die Vorschläge.

Erbschaftssteuer: Roman Pletter (Zeit) meint, dass es einer Gesellschaft, in der sich Leitung lohnen soll, nicht gerecht werde, Unternehmenserben von der Steuer zu verschonen, wie es auch nach dem aktuellen Entwurf zur Erbschaftssteuerreform noch auf 99 Prozent aller Unternehmen zutreffe.

Kameras vor Gericht: Urteile von Bundesgerichten sollen künftig im Fernsehen und Radio übertragen werden können. Das schlägt eine Bund-Länder-Kommission vor, deren Bericht laut taz (Christian Rath) am heutigen Donnerstag von der Justizministerkonferenz angenommen werden soll. Außerdem soll bei Prozessen mit großem Medienandrang künftig eine Tonübertragung in separate Arbeitsräume von Journalisten möglich sein. Zudem sollen "Gerichtsverfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung" für die Nachwelt in voller Länge dokumentiert werden.

Geheimdienstkontrolle: BND-Chef Schindler hat zum zweiten Mal vor dem NSA-Untersuchungsausschuss ausgesagt und sich dabei für klarere gesetzliche Regelungen der Geheimdienstbefugnisse ausgesprochen, berichtet zeit.de (Kai Biermann). Karsten Polke-Majewski (zeit.de) meint, Geheimdienste bräuchten Ermessensspielräume, nicht zuletzt um Vorhersehbarkeit ihres Handelns zu vermeiden. Es bedürfe aber gleichzeitig der starken Kontrolle durch ein Organ mit umfassendem Akteneinsichtsrecht und dem Recht spontaner Kontrolle der Dienste.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. Juni 2015: Handy-Befangenheit – kein Oradour-Prozess – Folterverbot USA . In: Legal Tribune Online, 18.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15913/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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