Die juristische Presseschau vom 15. bis 17. Juni 2013: Rechtsbeugung im Fall Mollath – Haftungsbeschränkung für Anwaltskanzleien – Vorratsdatenspeicherung vor EuGH

17.06.2013

Weitere Themen – Justiz

EuGH – Vorratsdatenspeicherung: internet-law.de berichtet, dass der Europäische Gerichtshof am 9. Juli dieses Jahres über die Vereinbarkeit der Vorratsdatenspeicherung mit der EU-Grundrechtecharta verhandeln wird. Der EuGH habe die Vorlagen des irischen High Court und des österreichischen Verfassungsgerichtshofes verbunden.

BVerfG – EZB: Stoppen werde das Bundesverfassungsgericht die EZB-Rettungspolitik wohl nicht; dass es dem Staatsanleihenkaufprogramm Grenzen setzt, wäre indes denkbar. Die FAS (Lisa Nienhaus) wagt eine Entscheidungsprognose für das laufende Verfahren und beantwortet Verfassungsrichter für Verfassungsrichter die Fragen: "Wer ist das?", "Wodurch ist er/sie aufgefallen?" und "Wie wird er/sie wohl entscheiden?". Voßkuhle, Lübbe-Wolff, Landau und Huber tendierten zu "Grenzen für die EZB", bei den übrigen Richtern sei es unklar.

Auch Der Spiegel (Dietmar Hipp) meint, einfach billigen werde das BVerfG das Ankaufprogramm nicht, aber auch nicht als "per se rechtswidrig qualifizieren". Brisant sei daran, dass das Gericht bei dieser Entscheidung erstmals ein EU-Organ "in die Schranken" wiese. Dafür müsse es erst klären, wie streng es das EZB-Programm prüfen könne, für die Auslegung von Europarecht sei "in erster Linie" der Europäische Gerichtshof zuständig. Einer Prüfung könne außerdem die Unabhängigkeit der EZB im Wege stehen.

BFH – Doppelt besteuerte Erbschaft: Vor einer Mittwoch vor dem Bundesfinanzhof beginnenden Verhandlung zur Doppelbesteuerung einer Erbschaft berichtet der Spiegel (Dietmar Hipp). Sowohl Deutschland als auch  Frankreich hatten das von einem deutsch-französischen Ehepaar hinterlassene Vermögen in Höhe von 1,5 Millionen Euro mit insgesamt 71 Prozent besteuert. Geklagt habe nun eine Erbin. Ihr Anwalt sehe eine "Diskriminierung wegen eines grenzüberschreitenden Vorgangs", auch dürfe ein Erbe "nicht ausgehöhlt" werden. 2009 habe, so der Spiegel, der Europäische Gerichtshof eine doppelte Besteuerung (deutsch-spanisch) als grundsätzlich unionsrechtskonform beschieden.

OLG Frankfurt zu Dynamo Dresden: Erfolglos verlief der Versuch des Fußballbundesliga-Zeitligisten Dynamo Dresden, eine einstweilige Verfügung gegen den Ausschluss vom DFB-Pokal in der kommenden Saison zu erwirken. Wie spiegel.de meldet, hat das Oberlandesgericht Frankfurt den Antrag als unbegründet abgelehnt.

LG Hamburg zu Sharehoster-Haftung: Bleibt ein Sharehoster trotz Kenntnis von Urheberrechtsverletzungen seiner Nutzer über Wochen untätig, müsse er, so entschied das Landgericht Hamburg laut internet-law.de (Thomas Stadler), gegebenenfalls als "Gehilfe des Verletzers" haften.

VG Arnsberg zu Religionsgemeinschaft: Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat jüngst entschieden, die Hindu-Tempelgemeinschaft aus Hamm müsse offiziell vom Land Nordrhein-Westfalen als Religionsgemeinschaft anerkannt werden. Dazu informiert lto.de. Das VG halte den notwendigen "erheblichen religiösen Bedarf" für gegeben; das Land werde dagegen wohl vor das Oberverwaltungsgericht ziehen.

Aussage von Carsten S. im NSU-Prozess: Im Spiegel zieht Gisela Friedrichsen ihr Fazit zu den ersten zehn Prozesstagen vor dem Münchener Oberlandesgericht: Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl sei "inzwischen ein Meister im strategischen Vorantreiben". Die Verteidiger von Beate Zschäpe dagegen suchten noch den "Weg durch das schwere Fahrwasser", wobei Anja Sturm ihren Job souverän mache, Götzl höre ihr zu. Der Angeklagte Carsten S. habe unter größter Anspannung versucht, "reinen Tisch" zu machen, sich sogar selbst über die Anklage hinaus belastet. Den Mitangeklagten Ralf Wohlleben habe er in düsteres Licht gerückt. Eine Befragung durch dessen Verteidiger lehnten seien Verteidiger ab. S. dazu: Wohlleben solle sich auch erst mal "nackig" machen.

Die Wochenend-taz (M. Halser/W. Schmidt/A. Speit) berichtet über die Aussage von Carsten S. Danach sei die Annahme nicht mehr haltbar, der NSU habe keine Mitwisser gehabt.

Die Woche im NSU-Prozess kommentierte Holger Schmidt, ARD-Terrorismusexperte, für den Deutschlandfunk unter dem Titel "Ermittlungshilfe unter Eid".

Zschäpes "braune Brieffreundschaft": Über den Brief von Beate Zschäpe an einen Insassen der Justizvollzugsanstalt Bielefeld und vor der Haft Angehöriger der rechtsextremen Szene Dortmunds, informiert die Samstags-SZ (Annette Ramelsberger/Tanjev Schultz). Auch juristisch könne das 26-seitige Schriftstück hochrelevant sein: Vertreter der Nebenkläger planten nun, den Brief, der viel über die Haltung Zschäpes verrate, in das Verfahren einzuführen. Der Brief enthalte wohl in der Neonazi-Szene bekannte Codes. Über Zschäpes "braune Brieffreundschaft" berichtet auch die Montags-taz (Andrea Röpke/Andreas Speit). Welt.de (Per Hinrichs) druckt Zschäpes Zeichnungen im Brief ab.

Mappus vor U-Ausschuss: Von Stefan Mappus (CDU), ehemaliger baden-württembergischer Ministerpräsident, zweitem Auftritt vor dem EnBW-Untersuchungsausschuss im Stuttgarter Landtag berichtet die Samstags-FAZ (Rüdiger Soldt). Mappus behaupte, die beim Rückkauf der ENBW-Aktien beratende Kanzlei Gleiss Lutz habe ihn nicht über die Risiken aufgeklärt: Eine "Riesensauerei". Dabei gehe es um die Ungeeignetheit des sogenannten Notbewilligungsrechtes aus Art. 81 der Landesverfassung für den Rückkauf. Über die Anklageerhebung wegen des Vorwurfs der Untreue gegen Mappus werde, so die FAZ weiter, Anfang 2014 entschieden. Dann liege das Gutachten vor, ob die Aktien zu einem "angemessenen Preis" angekauft wurden.

Haftbefehl gegen Ex-Siemens-Chef Pierer: Laut Montags-SZ (Klaus Ott/ Tasos Telloglou) drohten dreizehn ehemaligen Siemens-Managern international gültige Haftbefehle aus Athen. Die dortige Staatsanwaltschaft habe Anklage wegen Schmiergeldzahlungen erhoben, darunter gegen den Ex-Siemens-Chef Heinrich von Pierer. Das Oberlandesgericht Athen habe eine Frist bis zum 8. Juli gesetzt. Haben die Angeklagten bis dahin nicht persönlich vor Ort Stellung genommen, folge der Haftbefehl. Die SZ spricht von einer "Posse": So fehle es in der Anklage etwa an jedem Beweis für "persönliche Verstrickungen" Pierers in die Schmiergeldzahlungen. Auch seien bei einige Betroffenen, darunter auch Pierer, die Papiere und die Frist nicht einmal angekommen. Die Staatsanwaltschaft München habe die Unterlagen "postwendend" zurückgesandt wegen Unvollständigkeit und zu kurzer Fristen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. bis 17. Juni 2013: Rechtsbeugung im Fall Mollath – Haftungsbeschränkung für Anwaltskanzleien – Vorratsdatenspeicherung vor EuGH . In: Legal Tribune Online, 17.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8941/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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