Die juristische Presseschau vom 14. - 16. Dezember 2013: Maas soll Justizminister werden – Kritik an bayerischer Justiz – Griesbaum im Interview

16.12.2013

Justiz

EuGH zu Lebenspartnerschaften: Auf dem Handelsblatt Rechtsboard erläutert die Rechtsanwältin Andrea Mehrer das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, der am 12. Dezember erneut bestätigt hat, dass eine rechtlich vorgesehene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft nicht gegenüber einer Ehe benachteiligt werden darf. In dem Fall ging es um ein französisches Unternehmen, das einem Angestellten Vergünstigungen verweigert hatte, die Eheleuten gewährt werden. Das Urteil wirke sich auch auf die rechtliche Situation in Deutschland aus, der französische "pacte civil de solidarité" sei insofern mit der deutschen eingetragenen Lebenspartnerschaft vergleichbar.

EuG zu Gentechnik-Kartoffel: Die gentechnisch veränderte Kartoffel Amflora darf in der EU nicht mehr angebaut werden. Das entschied das Gericht der Europäischen Union und gab damit einer Klage Ungarns statt. Grund sind formale Fehler der EU-Kommission im Rahmen des Zulassungsverfahrens. Die Entscheidung wird allerdings wenig praktische Auswirkungen haben, der Chemiekonzern BASF hat den Anbau der Kartoffel bereits eingestellt. Es berichten unter anderem die Samstags-FAZ (Corinna Budras/Hendrik Kafsack) und die Samstags-Welt (Claudia Ehrenstein – kürzere Fassung auf welt.de)

BGH zu Goldbären-Werbung: Was müsen Unternehmen beachten, deren Werbung sich auch an Kinder wendet? Nachdem das Oberlandesgericht Köln hier einen strengen Maßstab angelegt hat, hob der Bundesgerichtshof die Entscheidung nun auf und erklärte eine Werbung des Süßwarenherstellers Haribo für zulässig. Sie richte sich zwar an Kinder, zugleich aber auch an Erwachsene, so dass hier kein besonders strenger Sorgfaltsmaßstab einzuhalten sei. Der Rechtsanwalt Marc Zain erläutert auf lto.de die Entscheidung. Sie stehe für die werbefreundliche Tendenz des BGH.

LG Hannover – Christian Wulff: "Musste man Wulff anklagen"? Diese Frage diskutieren Frank Lüttig und Wolfgang Kubicki in zwei Beiträgen für den Focus. Lüttig, der die  Generalstaatsanwaltschaft Celle leitet und den Hannoveraner Ermittlern damit vorgesetzt ist, hält die Anklage für richtig und betont, Staatsanwälte seien "allein der Wahrheitsfindung und eben nicht der Effizienz verpflichtet". Kubicki, Rechtsanwalt und FDP-Politiker, hält das Verfahren dagegen für einen "rechtsstaatlichen Exzess".

LG Bielefeld – Herztransplantation: Die taz (Heike Haarhoff) berichtet über den Fall eines herzkranken Patienten, den das Herzzentrum Nordrhein-Westfalen nicht auf die Transplantationsliste aufnehmen wollte, weil er kein Deutsch spreche. Der in Peine lebende irakische Flüchtling klagt nun vor dem Landgericht Bielefeld auf Schmerzensgeld. Weil die Gerichte im zunächst keine Prozesskostenhilfe bewilligten, hatte sein Anwalt Cahit Tolan das Bundesverfassungsgericht eingeschaltet. Die Karlsruher Richter gaben dem Mann in einem Beschluss vom Februar dieses Jahres Recht.

Rechtsstreit um Erbe NS-Verfolgter: Der Spiegel (Steffen Winter) berichtet über einen Rechtsstreit um das Erbe der jüdischen Familie Sabersky. Der US-amerikanische Strafverfolger Peter Sonnenthal und seine Verwandten wollen 84 Hektar Land im brandenburgischen Teltow zurück erhalten, das die Familie 1933 offenbar unter dem Druck nationalsozialistischer Verfolgung verkaufen musste. Der Streit dauert bereits 22 Jahre und beschäftigte mehrmals das Verwaltungsgericht Potsdam und das Bundesverwaltungsgericht und liegt mittlerweile beim Bundesverfassungsgericht.

Abmahnungen wegen Porno-Streams: Die WamS (Benedikt Fuest/Lars-Martin Nagel) erläutert das Geschäftsmodell der Kanzlei Urmann und Collegen, die zur Zeit massenhaft Abmahnungen an Nutzer von Pornostreams verschickt. Der Rechtsanwalt Christian Solmecke erklärt in einem kurzen Bericht des Focus (Alexander Wendt), wer abgemahnt wurde und das geforderte Geld gezahlt habe, könne Schadensersatz vom Land Nordrhein-Westfalen verlangen. Das Landgericht Köln hätte die Adressen der Computernutzer so nicht herausgeben dürfen. Der Wirtschaftsinformatik-Professor Oliver S. Lazar erklärt auf lawblog.de was "progressive download" ist - nur in bestimmten Fällen werde bei einem Stream zugleich eine Kopie erstellt. Johannes Boie (Montags-SZ) kommentiert, Abmahnungen sollten eigentlich Gerichte entlasten – stattdessen werde die Justiz missbraucht, so dass sich die Abmahnindustrie bereichern könne.

Ermittlungen gegen Porsche und Piëch: Nach Informationen der Samstags-FAZ (Christoph Ruhkamp) hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart die Ermittlungen gegen den früheren Aufsichtsrat der Porsche-Dachgesellschaft Porsche SE abgeschlossen. Den Beschuldigten - darunter der Porsche-Aufsichtsratvorsitzende Wolfgang Porsche und der VW-Aufsichtsratvorsitzende Ferdinand Piëch - werde Beihilfe zur Marktmanipulation im Zuge des Übernahmekampfs von Porsche und VW vorgeworfen.

Bayerische Justiz: "Systemfehler" – unter diesem Titel kritisiert ein Bericht des Spiegel (Dietmar Hipp/Conny Neumann) die bayerische Justiz. Hier komme es besonders häufig zu spektakulären Wiederaufnahmeverfahren, Angeklagte hätten nach Ansicht von Strafverteidigern und Richtern einen schweren Stand. Das liege an der Nähe zwischen Staatsanwälten und Richtern, an politischem Druck und an mangelnder Kontrolle durch den Bundesgerichtshof. Der Bericht nennt als Beispiele unter anderem den Mordfall Peggy, der derzeit neu aufgerollt wird, den Fall des Bauern Rudolf Rupp, dessen Familie auf Grund falscher Geständnisse verurteilt wurde und den Fall Mollath.

Peter Müller im Interview: Die WamS (Jochen Gaugele/Thorsten Jungholt) spricht mit dem Verfassungsrichter Peter Müller über die große Koalition und die Rechte der Opposition, die Drei-Prozent-Klausel, den SPD-Mitgliederentscheid, direkte Demokratie und die Kritik aus Berlin an der Rolle des Bundesverfassungsgerichts.

Rainer Griesbaum im Interview: In der Wochenend-Beilage der Samstags-SZ (Annette Ramelsberger) findet sich ein ganzseitiges Interview mit Rainer Griesbaum, bis Ende des Jahres noch Stellvertreter des Generalbundesanwalts und Leiter der Abteilung Terrorismus. Er spricht über seine Erinnerungen an die RAF-Prozesse der 1970er Jahre, seinen Werdegang bei der Bundesanwaltschaft, aktuelle Terrorismus-Gefahren – und seine Liebe zu schnellen Autos.

30 Jahre Volkszählungsurteil: Dem 30. Jahrestag des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts widmet auch netzpolitik.org (Anna Biselli) einen Bericht. Jost Müller-Neuhof (tagesspiegel.de) kommentiert, angesichts der zahlreichen Überwachungsskandale sei das historische Urteil zwar von der Realität überholt, sein Grundsatz gelte jedoch weiterhin. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gelte es zu verteidigen.

50 Jahre Auschwitz-Prozess: Peter Reichel (Samstags-Welt) rezensiert Devin O. Pendas Buch "Der Auschwitz-Prozess. Völkermord vor Gericht". Vor fünfzig Jahre fand der erste Auschwitzprozess  vor dem Landgericht Frankfurt statt, angeklagt waren Mitglieder der Lagermannschaft des Vernichtungslagers Auschwitz.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 14. - 16. Dezember 2013: Maas soll Justizminister werden – Kritik an bayerischer Justiz – Griesbaum im Interview . In: Legal Tribune Online, 16.12.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10365/ (abgerufen am: 17.05.2024 )

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