Die juristische Presseschau vom 16. März 2012: Verwirrung um aufgelösten Landtag – Kongress über digitales Erbrecht - Prozess um inszenierte Liebe

16.03.2012

In Nordrhein-Westfalen wird es Neuwahlen geben, auch wenn sich manche Juristen fragen, wie es nur dazu kommen konnte. Außerdem in der heutigen Presseschau: der Zugang des Erben zu Passwörtern des Erblassers, eine Eifersuchtswallung unter Bürgermeistern und Desiree Nicks gerichtlicher Kampf um echte Gefühle.

NRW-Haushaltsdrama: Der nordrhein-westfälische Landtag hat sich am Mittwoch aufgelöst und Neuwahlen beschlossen. Anlass war ein Schreiben der Landtagsverwaltung, wonach der Haushalt schon gescheitert sei, wenn Einzelpläne in der zweiten Lesung abgelehnt werden. Der Vermerk verhinderte, dass Fraktionen wie die FDP dem Haushalt nach Zugeständnissen erst in der dritten Lesung hätten zustimmen können.

Inzwischen sind aber Zweifel an der Rechtsauffassung der Landtagsverwaltung aufgekommen, über die die SZ (Bernd Dörries/Wolfgang Janisch) berichtet. Die SZ zitiert Rechtsprofessoren wie Martin Morlok, die einen Sinneswandel in der dritten Lesung der Haushaltsberatung durchaus für zulässig halten. Auf lto.de beschäftigt sich der Habilitand Henning Tappe mit der Frage. Er hätte es für möglich gehalten, den Haushalt ohne den abgelehnten Einzelplan zunächst als Teilhaushalt zu verabschieden. Auch dann wäre eine Auflösung des Landtag überflüssig gewesen.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Digitales Erbrecht: Der deutsche Erbrechtstag beschäftigt sich heute unter anderem mit der Frage, ob der Erbe gegenüber einem Internet-Provider die Herausgabe des Passwortes zum Email-Konto des Erblassers verlangen kann. Die SZ (Wolfgang Janisch) führt in das Problem ein. Der Anwalt Peter Bräutigam rate, mit dem Testament auch eine "digitale Vollmacht" abzufassen, außerdem solle der Gesetzgeber klärend eingreifen.

Warnschussarrest: Henning Ernst Müller (beck.blog.de) kritisiert die Regierungspläne zur Einführung eines Warnschussarrests neben Bewährungsstrafen nach Jugendstrafrecht.

Islamischer Religionsunterricht:
Rechtsprofessor Stefan Muckel unterstützt in einem Beitrag für lto.de die Kritik des hessischen Kultusministers Jörg Uwe Hahn (FDP) am NRW-Modell für islamischen Religionsunterricht. Wenn dieser in Übereinstimmung mit vom Staat gebildeten Beiräten erteilt wird, werde ein staatsnaher Islam gelehrt und damit Art. 7 Grundgesetz verletzt.

Weitere Themen - Justiz

EuGH zu Vergaberecht: Dienstleistungsprojekte dürfen nicht künstlich aufgesplittet werden, um eine EU-weite Ausschreibung zu vermeiden. Das entschied der Europäische Gerichtshof in einem Fall aus einer hessischen Kommune, berichtet lto.de.

BGH zur Vertriebshaftung: Eine Vermögensberatung-Firma haftet zivilrechtlich für den Schaden, den einer ihrer Handelsvertreter bei Kunden in strafbarer Weise anrichtete. Das entschied laut lto.de jetzt der Bundesgerichtshof. Der Vertreter hatte die Unterschrift eines Kunden gefälscht, das Depot aufgelöst und das Geld für sich verwendet.

OVG Berlin-Brandenburg zu Jugendpolitverbänden:
Nun beschäftigen sich auch SZ (Anna Perkuhn) und taz (Anne Koark/Christian Rath) ausführlich mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, wonach staatliche Zuschüsse an parteinahe Jugendverbände derzeit wegen einer fehlenden gesetzlichen Grundlage rechtswidrig seien. Solid, der Jugendverband der Linkspartei, der aktuell keine Zuschüsse erhält, plane eine Eilklage, um die Zahlung von Zuschüssen an konkurrierende Verbände zu verhindern.

LG Lüneburg zu Schotter-Aufruf: Um den Castor-Transport 2010 zu verhindern, riefen linksradikale Umweltschützer dazu auf, Schotter aus dem Gleisbett zu entfernen (zu "schottern"). In einer Unterstützerliste wurde im Vorfeld auf diese Methode hingewiesen. Das Landgericht Lüneburg hat nach einem Bericht der taz (Martin Kaul) jetzt zum ersten Mal einen Unterzeichner der Liste verurteilt, wegen Aufrufs zu einer Straftat.

Bürgermeister klagen gegen Bürgermeister:
Die SZ (Roman Deininger) schildert einen kommunalrechtlichen Konflikt in Baden-Württemberg. Die Bürgermeister von sechs Gemeinden, die mit der Stadt Villingen-Schwenningen (VS) eine Verwaltungsgemeinschaft bilden, haben den dortigen Oberbürgermeister beim Verwaltungsgericht Freiburg verklagt, weil er seine Stadt bevorteile, zum Beispiel bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen.

Amtsgericht Reutlingen und Facebook: Udo Vetter (lawblog) wirft dem Jugendrichter am Amtsgericht Reutlingen, der versucht an Facebook-Daten eines Angeklagten heranzukommen, "Showeffekte" vor. Er solle endlich einsehen, dass er ohne ein Rechtshilfeersuchen an die irische Regierung keinen Erfolg haben werde.

V-Leute und NPD-Verbot: Christian Rath (taz.de) prognostiziert, dass das Abschalten von V-Leuten in der NPD-Spitze nicht zu einem Verbotsantrag führen werde. Vielmehr werde es neue Bedenken geben, zum Beispiel ob ein Verbot beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Erfolg haben werde.

Ermittlungen gegen Korruption: Die SZ (Alexander Hagelüken/Hannah Wilhelm) bringt im Wirtschaftsteil ein ausführliches Interview mit dem Kriminalhauptkommissar und Korruptionsermittler Uwe Dolata. "Wir haben zu wenig Personal, zu wenig harte Gesetze und zu wenig Sachverstand."

Das Letzte zum Schluss

Beziehung ohne Inszenierung: Die Schauspielerin Desiree Nick und Prinz Heinrich von Hannover hatten früher eine Beziehung und heute noch einen gemeinsamen Sohn (15). Inzwischen ist der Prinz anderweitig verheiratet, doch ab 2006 hatte er noch einmal eine Affäre mit Nick. Als die heutige Ehefrau des Prinzen behauptete, Nick habe die Affäre nur "inszeniert", zog die Schauspielerin vor Gericht. Für sie sei der Rückfall mit dem Prinz wie eine "Naturgewalt" gewesen. In einem "irren Prozess" bekam sie nun beim Landgericht Berlin Recht, so bild.de (Claudia von Dühren). Die Prinzessin muss die ehrverletztende Behauptung künftig unterlassen.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/chr

(Hinweis für Journalisten)  https://www.lto.de/recht/presseschau/p/presseschau-150312-internationaler-strafgerichtshof-npd-fluggastdaten-parteienfinanzierung-gaspreisk/

Die Presseschau vom 15. März 2012.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. März 2012: Verwirrung um aufgelösten Landtag – Kongress über digitales Erbrecht - Prozess um inszenierte Liebe . In: Legal Tribune Online, 16.03.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5795/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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